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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.

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Die Jurisprudenz. §. 42.
in rem oder in personam, je nachdem das Verhältniß, der Ge-
genstand, den man ihnen zum Sitz bestimmt hatte, eine Sache
oder eine Person betraf.

Es ist oben aus innern Gründen angenommen, daß die Ponti-
fices sich im geistlichen Recht durch dieselben Anschauungen und
Tendenzen haben leiten lassen, wie im weltlichen; dazu jetzt
einige Belege. Ein Grundzug des ältern Civilrechts war die Ab-
neigung gegen alles Ungewisse und Unbestimmte, die Richtung
auf das certum. Man vergleiche damit die Controverse der
Pontifices bei Livius XXXI, 9. Nach früherem Recht waren
die öffentlichen Spiele nur von bestimmtem, real dafür ausge-
worfenem Gelde (pecunia certa) gelobt, 548) und als im Jahre
der Stadt 552 ein Consul im öffentlichen Auftrage Spiele und
ein Geschenk schlechthin gelobte, erklärte der Pontifex maximus
dies für ungültig, indem er es bestritt: ex incerta pecunia
vovere debere; si ea pecunia non posset in bellum usui esse,
reponi statim debere nec cum alia pecunia misceri,
quod nisi factum esset, votum rite solvi non posse,
während
das Collegium sich für die freiere Ansicht entschied, die auch im
Civilrecht späterhin in manchen Anwendungen sich Eingang
verschaffte.

Um der Verwirrung vorzubeugen oder sagen wir, im Geiste
der zersetzenden Methode, durften nicht zwei Klagen cumulirt
werden, ebenso auch nicht zwei Götter zu einem Tempel. 549)

Ein wahrer Knotenpunkt juristischer Grundsätze und gewiß
der Ausgangspunkt mancher Lehren, die wir heutzutage nur noch

548) Toties ante ludi magni de pecunia certa voti erant, ii primi
de incerta.
549) Liv. XXVII, 25: .. cum aedem Honori et Virtuti vovisset,
dedicatio ejus a pontificibus impediebatur, quod negabant unam cellam
duobus recte dedicari, quia si de coelo tacta aut prodigii in ea ali-
quid factum esset, difficilis procuratio foret, quod, utri Deo res divina
fieret, sciri non posset; neque enim duobus nisi certis Deis rite una
hostia fieri.

Die Jurisprudenz. §. 42.
in rem oder in personam, je nachdem das Verhältniß, der Ge-
genſtand, den man ihnen zum Sitz beſtimmt hatte, eine Sache
oder eine Perſon betraf.

Es iſt oben aus innern Gründen angenommen, daß die Ponti-
fices ſich im geiſtlichen Recht durch dieſelben Anſchauungen und
Tendenzen haben leiten laſſen, wie im weltlichen; dazu jetzt
einige Belege. Ein Grundzug des ältern Civilrechts war die Ab-
neigung gegen alles Ungewiſſe und Unbeſtimmte, die Richtung
auf das certum. Man vergleiche damit die Controverſe der
Pontifices bei Livius XXXI, 9. Nach früherem Recht waren
die öffentlichen Spiele nur von beſtimmtem, real dafür ausge-
worfenem Gelde (pecunia certa) gelobt, 548) und als im Jahre
der Stadt 552 ein Conſul im öffentlichen Auftrage Spiele und
ein Geſchenk ſchlechthin gelobte, erklärte der Pontifex maximus
dies für ungültig, indem er es beſtritt: ex incerta pecunia
vovere debere; si ea pecunia non posset in bellum usui esse,
reponi statim debere nec cum alia pecunia misceri,
quod nisi factum esset, votum rite solvi non posse,
während
das Collegium ſich für die freiere Anſicht entſchied, die auch im
Civilrecht ſpäterhin in manchen Anwendungen ſich Eingang
verſchaffte.

Um der Verwirrung vorzubeugen oder ſagen wir, im Geiſte
der zerſetzenden Methode, durften nicht zwei Klagen cumulirt
werden, ebenſo auch nicht zwei Götter zu einem Tempel. 549)

Ein wahrer Knotenpunkt juriſtiſcher Grundſätze und gewiß
der Ausgangspunkt mancher Lehren, die wir heutzutage nur noch

548) Toties ante ludi magni de pecunia certa voti erant, ii primi
de incerta.
549) Liv. XXVII, 25: .. cum aedem Honori et Virtuti vovisset,
dedicatio ejus a pontificibus impediebatur, quod negabant unam cellam
duobus recte dedicari, quia si de coelo tacta aut prodigii in ea ali-
quid factum esset, difficilis procuratio foret, quod, utri Deo res divina
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hostia fieri.
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[427/0133] Die Jurisprudenz. §. 42. in rem oder in personam, je nachdem das Verhältniß, der Ge- genſtand, den man ihnen zum Sitz beſtimmt hatte, eine Sache oder eine Perſon betraf. Es iſt oben aus innern Gründen angenommen, daß die Ponti- fices ſich im geiſtlichen Recht durch dieſelben Anſchauungen und Tendenzen haben leiten laſſen, wie im weltlichen; dazu jetzt einige Belege. Ein Grundzug des ältern Civilrechts war die Ab- neigung gegen alles Ungewiſſe und Unbeſtimmte, die Richtung auf das certum. Man vergleiche damit die Controverſe der Pontifices bei Livius XXXI, 9. Nach früherem Recht waren die öffentlichen Spiele nur von beſtimmtem, real dafür ausge- worfenem Gelde (pecunia certa) gelobt, 548) und als im Jahre der Stadt 552 ein Conſul im öffentlichen Auftrage Spiele und ein Geſchenk ſchlechthin gelobte, erklärte der Pontifex maximus dies für ungültig, indem er es beſtritt: ex incerta pecunia vovere debere; si ea pecunia non posset in bellum usui esse, reponi statim debere nec cum alia pecunia misceri, quod nisi factum esset, votum rite solvi non posse, während das Collegium ſich für die freiere Anſicht entſchied, die auch im Civilrecht ſpäterhin in manchen Anwendungen ſich Eingang verſchaffte. Um der Verwirrung vorzubeugen oder ſagen wir, im Geiſte der zerſetzenden Methode, durften nicht zwei Klagen cumulirt werden, ebenſo auch nicht zwei Götter zu einem Tempel. 549) Ein wahrer Knotenpunkt juriſtiſcher Grundſätze und gewiß der Ausgangspunkt mancher Lehren, die wir heutzutage nur noch 548) Toties ante ludi magni de pecunia certa voti erant, ii primi de incerta. 549) Liv. XXVII, 25: .. cum aedem Honori et Virtuti vovisset, dedicatio ejus a pontificibus impediebatur, quod negabant unam cellam duobus recte dedicari, quia si de coelo tacta aut prodigii in ea ali- quid factum esset, difficilis procuratio foret, quod, utri Deo res divina fieret, sciri non posset; neque enim duobus nisi certis Deis rite una hostia fieri.

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht0202_1858/133>, abgerufen am 21.11.2024.