Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die jurist. Technik. B. Des ält. Rechts. sowie ein Dritter sich denselben angeeignet hat. Dabei hat esdas ältere Recht gelassen, während das neuere den Besitz eines Abwesenden bei Grundstücken trotz der Invasion fortdauern läßt. 590) In ungleich höherem Grade aber hat sich der obige Gegen- 590) Ueber jenes s. die Ansicht von Labeo in L. 6 §. 1 L. 7 de poss. (41. 2), über das neuere L. 3 §. 7, 8 L. 25 §. 2 L. 46 ibid. 591) Zu einer ähnlichen ist gelangt Stintzing über das Wesen von bona
fides und titulus. Heidelberg 1852. Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts. ſowie ein Dritter ſich denſelben angeeignet hat. Dabei hat esdas ältere Recht gelaſſen, während das neuere den Beſitz eines Abweſenden bei Grundſtücken trotz der Invaſion fortdauern läßt. 590) In ungleich höherem Grade aber hat ſich der obige Gegen- 590) Ueber jenes ſ. die Anſicht von Labeo in L. 6 §. 1 L. 7 de poss. (41. 2), über das neuere L. 3 §. 7, 8 L. 25 §. 2 L. 46 ibid. 591) Zu einer ähnlichen iſt gelangt Stintzing über das Weſen von bona
fides und titulus. Heidelberg 1852. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0160" n="454"/><fw place="top" type="header">Zweites Buch. Erſter Abſchn. <hi rendition="#aq">III.</hi> Die juriſt. Technik. <hi rendition="#aq">B.</hi> Des ält. Rechts.</fw><lb/> ſowie ein Dritter ſich denſelben angeeignet hat. Dabei hat es<lb/> das ältere Recht gelaſſen, während das neuere den Beſitz eines<lb/> Abweſenden bei Grundſtücken trotz der Invaſion fortdauern<lb/> läßt. <note place="foot" n="590)">Ueber jenes ſ. die Anſicht von Labeo in <hi rendition="#aq">L. 6 §. 1 L. 7 de poss.<lb/> (41. 2),</hi> über das neuere <hi rendition="#aq">L. 3 §. 7, 8 L. 25 §. 2 L. 46 ibid.</hi></note></p><lb/> <p>In ungleich höherem Grade aber hat ſich der obige Gegen-<lb/> ſatz im Lauf der Zeit in der Uſucapion bewährt. Die ur-<lb/> ſprünglichen Requiſite derſelben beſtanden meiner Meinung<lb/> nach <note place="foot" n="591)">Zu einer ähnlichen iſt gelangt Stintzing über das Weſen von <hi rendition="#aq">bona<lb/> fides</hi> und <hi rendition="#aq">titulus.</hi> Heidelberg 1852.</note> in der Uſucapionsfähigkeit der Sache (<hi rendition="#aq">res furtiva</hi>)<lb/> und dem rein äußerlichen Moment des fehlerfrei (<hi rendition="#aq">nec vi, clam,<lb/> precario</hi>) erworbenen Beſitzes. Die ſpätere Entwicklung des<lb/> Inſtituts bis ins heutige Recht hinein beſteht nun darin,<lb/> einmal, daß ſich zu dieſem äußern Element des Beſitzes noch<lb/> ein inneres hinzugeſellt, welches im Lauf der Zeit immer<lb/> mehr an Bedeutung gewinnt, und ſodann darin, daß das<lb/> äußere Moment umgekehrt an Strenge verliert. Jenes innere<lb/> Moment iſt theils das <hi rendition="#g">objective</hi> Requiſit des Titels, theils<lb/> das <hi rendition="#g">ſubjective</hi> der <hi rendition="#aq">bona fides,</hi> und zwar iſt letzteres,<lb/> wenn nicht rückſichtlich ſeines erſten Auftretens, ſo doch jeden-<lb/> falls rückſichtlich ſeiner weiteren Ausdehnung und ſteigenden<lb/> Zunahme das ſpäteſte; ihm gehört die letzte Periode unſers<lb/> Inſtituts an. Dieſelbe charakteriſirt ſich durch die Tendenz, den<lb/> Schwerpunkt des Inſtituts mehr und mehr in die ſubjective<lb/> Innerlichkeit des Uſucapienten zu verlegen — eine Tendenz, die<lb/> ſchon in der ſpätern römiſchen Jurisprudenz in der Zulaſſung<lb/> eines <hi rendition="#aq">titulus putativus</hi> unverkennbar zu Tage tritt und in der<lb/> bekannten Beſtimmung des Canoniſchen Rechts über die <hi rendition="#aq">mala<lb/> fides superveniens</hi> ihren definitiven Abſchluß erlangt. Die Ab-<lb/> ſchwächung des äußeren Moments äußert ſich theils darin, daß<lb/> dem Uſucapienten der Beſitz einer andern Perſon (ſeines Vor-<lb/> gängers oder des Pfandgläubigers) angerechnet wird, theils<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [454/0160]
Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts.
ſowie ein Dritter ſich denſelben angeeignet hat. Dabei hat es
das ältere Recht gelaſſen, während das neuere den Beſitz eines
Abweſenden bei Grundſtücken trotz der Invaſion fortdauern
läßt. 590)
In ungleich höherem Grade aber hat ſich der obige Gegen-
ſatz im Lauf der Zeit in der Uſucapion bewährt. Die ur-
ſprünglichen Requiſite derſelben beſtanden meiner Meinung
nach 591) in der Uſucapionsfähigkeit der Sache (res furtiva)
und dem rein äußerlichen Moment des fehlerfrei (nec vi, clam,
precario) erworbenen Beſitzes. Die ſpätere Entwicklung des
Inſtituts bis ins heutige Recht hinein beſteht nun darin,
einmal, daß ſich zu dieſem äußern Element des Beſitzes noch
ein inneres hinzugeſellt, welches im Lauf der Zeit immer
mehr an Bedeutung gewinnt, und ſodann darin, daß das
äußere Moment umgekehrt an Strenge verliert. Jenes innere
Moment iſt theils das objective Requiſit des Titels, theils
das ſubjective der bona fides, und zwar iſt letzteres,
wenn nicht rückſichtlich ſeines erſten Auftretens, ſo doch jeden-
falls rückſichtlich ſeiner weiteren Ausdehnung und ſteigenden
Zunahme das ſpäteſte; ihm gehört die letzte Periode unſers
Inſtituts an. Dieſelbe charakteriſirt ſich durch die Tendenz, den
Schwerpunkt des Inſtituts mehr und mehr in die ſubjective
Innerlichkeit des Uſucapienten zu verlegen — eine Tendenz, die
ſchon in der ſpätern römiſchen Jurisprudenz in der Zulaſſung
eines titulus putativus unverkennbar zu Tage tritt und in der
bekannten Beſtimmung des Canoniſchen Rechts über die mala
fides superveniens ihren definitiven Abſchluß erlangt. Die Ab-
ſchwächung des äußeren Moments äußert ſich theils darin, daß
dem Uſucapienten der Beſitz einer andern Perſon (ſeines Vor-
gängers oder des Pfandgläubigers) angerechnet wird, theils
590) Ueber jenes ſ. die Anſicht von Labeo in L. 6 §. 1 L. 7 de poss.
(41. 2), über das neuere L. 3 §. 7, 8 L. 25 §. 2 L. 46 ibid.
591) Zu einer ähnlichen iſt gelangt Stintzing über das Weſen von bona
fides und titulus. Heidelberg 1852.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |