Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.Vorrede. bekanntlich unter den Gesichtspunkt der Veräußerung fällt. Oderwar letztere vielleicht möglich unter Zustimmung der nächsten Anwärter? Dann hätte auch jene es sein, und es hätte folglich auch zu diesem Zweck eine Veräußerungsform geben müssen. War aber für den einen wie den anderen Fall die Einwilligung der Agnaten wirkungslos, nun dann haben, seitdem angeblich Romulus die heredia vertheilt, Jahrhunderte lang keine andern Servituten existiren können, als die bei dieser Gelegenheit aufer- legt worden waren. Oder hätten sie durch Usucapion entstehen können? Dann hätte letztere auch beim Eigenthum Platz greifen müssen. Mit dem Erbrecht kömmt diese Hypothese ebenfalls etwas ins Gedränge. Wo bleibt die "Stammgutseigenschaft dieser Güter", wenn man sie durch Legat oder Erbeseinsetzung einem andern, als dem nächsten Blutsverwandten zuwenden konnte? Oder gab es, bevor die XII Tafeln die Veräußer- lichkeit des Grundeigenthums zum Gesetz erhoben, noch keine Testamente?! Wenn der Verfasser in derselben Abhandlung (S. 428 da- Wollte ich gar der rechtshistorischen Phantasie Huschkes Vorrede. bekanntlich unter den Geſichtspunkt der Veräußerung fällt. Oderwar letztere vielleicht möglich unter Zuſtimmung der nächſten Anwärter? Dann hätte auch jene es ſein, und es hätte folglich auch zu dieſem Zweck eine Veräußerungsform geben müſſen. War aber für den einen wie den anderen Fall die Einwilligung der Agnaten wirkungslos, nun dann haben, ſeitdem angeblich Romulus die heredia vertheilt, Jahrhunderte lang keine andern Servituten exiſtiren können, als die bei dieſer Gelegenheit aufer- legt worden waren. Oder hätten ſie durch Uſucapion entſtehen können? Dann hätte letztere auch beim Eigenthum Platz greifen müſſen. Mit dem Erbrecht kömmt dieſe Hypotheſe ebenfalls etwas ins Gedränge. Wo bleibt die „Stammgutseigenſchaft dieſer Güter“, wenn man ſie durch Legat oder Erbeseinſetzung einem andern, als dem nächſten Blutsverwandten zuwenden konnte? Oder gab es, bevor die XII Tafeln die Veräußer- lichkeit des Grundeigenthums zum Geſetz erhoben, noch keine Teſtamente?! Wenn der Verfaſſer in derſelben Abhandlung (S. 428 da- Wollte ich gar der rechtshiſtoriſchen Phantaſie Huſchkes <TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0021" n="XV"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Vorrede</hi>.</fw><lb/> bekanntlich unter den Geſichtspunkt der Veräußerung fällt. Oder<lb/> war letztere vielleicht möglich unter Zuſtimmung der nächſten<lb/> Anwärter? Dann hätte auch jene es ſein, und es hätte folglich<lb/> auch zu dieſem Zweck eine Veräußerungsform geben müſſen.<lb/> War aber für den einen wie den anderen Fall die Einwilligung<lb/> der Agnaten wirkungslos, nun dann haben, ſeitdem angeblich<lb/> Romulus die <hi rendition="#aq">heredia</hi> vertheilt, Jahrhunderte lang keine andern<lb/> Servituten exiſtiren können, als die bei dieſer Gelegenheit aufer-<lb/> legt worden waren. Oder hätten ſie durch Uſucapion entſtehen<lb/> können? Dann hätte letztere auch beim Eigenthum Platz greifen<lb/> müſſen. Mit dem Erbrecht kömmt dieſe Hypotheſe ebenfalls<lb/> etwas ins Gedränge. Wo bleibt die „Stammgutseigenſchaft<lb/> dieſer Güter“, wenn man ſie durch Legat oder Erbeseinſetzung<lb/> einem andern, als dem nächſten Blutsverwandten zuwenden<lb/> konnte? Oder gab es, bevor die <hi rendition="#aq">XII</hi> Tafeln die Veräußer-<lb/> lichkeit des Grundeigenthums zum Geſetz erhoben, noch keine<lb/> Teſtamente?!</p><lb/> <p>Wenn der Verfaſſer in derſelben Abhandlung (S. 428 da-<lb/> ſelbſt) den uns bisher wohl bekannten römiſchen <hi rendition="#aq">arbiter</hi> in<lb/> einen deutſchen „Gangrichter“ verwandelt, ſo kann ſich mein<lb/><hi rendition="#aq">testis</hi> (B. 1 S. 136) (deſſen etymologiſche Ableitung ich übri-<lb/> gens gern zurücknehme, um die von Lange vorgeſchlagene von<lb/><hi rendition="#aq">stare</hi> anzunehmen) deſſelben nur freuen; er braucht ſich vor<lb/> dieſem <hi rendition="#aq">arbiter</hi> wahrlich nicht zu ſchämen!</p><lb/> <p>Wollte ich gar der rechtshiſtoriſchen Phantaſie <hi rendition="#g">Huſchkes</hi><lb/> folgen, welche reiche Ausbeute würde ſie mir gewähren, ſelbſt<lb/> bevor ſie ſich zur Schöpfung eines eignen, ſpäter untergegan-<lb/> genen Thieres, des Bovigus, ſteigert! Ich denke, es wird<lb/> genügen, wenn ich ſeinen vom Staat angeſtellten Getreidemeſſer<lb/> (Nexum S. 100) herausgreife, unter deſſen Beiſtand in grauer<lb/> Vorzeit die Getreidegeſchäfte (<hi rendition="#aq">stipulationes</hi>!) abgeſchloſſen<lb/> wurden.</p><lb/> </div> </front> </text> </TEI> [XV/0021]
Vorrede.
bekanntlich unter den Geſichtspunkt der Veräußerung fällt. Oder
war letztere vielleicht möglich unter Zuſtimmung der nächſten
Anwärter? Dann hätte auch jene es ſein, und es hätte folglich
auch zu dieſem Zweck eine Veräußerungsform geben müſſen.
War aber für den einen wie den anderen Fall die Einwilligung
der Agnaten wirkungslos, nun dann haben, ſeitdem angeblich
Romulus die heredia vertheilt, Jahrhunderte lang keine andern
Servituten exiſtiren können, als die bei dieſer Gelegenheit aufer-
legt worden waren. Oder hätten ſie durch Uſucapion entſtehen
können? Dann hätte letztere auch beim Eigenthum Platz greifen
müſſen. Mit dem Erbrecht kömmt dieſe Hypotheſe ebenfalls
etwas ins Gedränge. Wo bleibt die „Stammgutseigenſchaft
dieſer Güter“, wenn man ſie durch Legat oder Erbeseinſetzung
einem andern, als dem nächſten Blutsverwandten zuwenden
konnte? Oder gab es, bevor die XII Tafeln die Veräußer-
lichkeit des Grundeigenthums zum Geſetz erhoben, noch keine
Teſtamente?!
Wenn der Verfaſſer in derſelben Abhandlung (S. 428 da-
ſelbſt) den uns bisher wohl bekannten römiſchen arbiter in
einen deutſchen „Gangrichter“ verwandelt, ſo kann ſich mein
testis (B. 1 S. 136) (deſſen etymologiſche Ableitung ich übri-
gens gern zurücknehme, um die von Lange vorgeſchlagene von
stare anzunehmen) deſſelben nur freuen; er braucht ſich vor
dieſem arbiter wahrlich nicht zu ſchämen!
Wollte ich gar der rechtshiſtoriſchen Phantaſie Huſchkes
folgen, welche reiche Ausbeute würde ſie mir gewähren, ſelbſt
bevor ſie ſich zur Schöpfung eines eignen, ſpäter untergegan-
genen Thieres, des Bovigus, ſteigert! Ich denke, es wird
genügen, wenn ich ſeinen vom Staat angeſtellten Getreidemeſſer
(Nexum S. 100) herausgreife, unter deſſen Beiſtand in grauer
Vorzeit die Getreidegeſchäfte (stipulationes!) abgeſchloſſen
wurden.
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