Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die jurist. Technik. B. Des ält. Rechts. auf Römer beschränkte sponsio -- diese: die dem jus gen-tium angehörige, lediglich an das abstracte Requisit der münd- lichen Frage- und Antwortform geknüpfte und folglich mit be- liebigen Worten (z. B. dabis, facies, promittis?) und in jeder Sprache mögliche stipulatio schlechthin. 740) Daß letztere, we- nigstens in ihrer Anwendung auf Römer unter sich, jüngeren Ursprunges ist, dafür sprechen, wenn auch keine äußeren, so doch gewichtige innere Gründe (§. 47). 3. Die sofortige Antwort. Ein Zwischenraum hebt die 4. Die entsprechende Antwort. Eben weil beide ein 740) Gaj. III, 92, 93. L. 1 §. 6 de V. O. (45. 1). 741) L. 1 §. 1 de V. O. (45. 1). 742) Gaj. III, 102. Die L. 1 §. 2--5 de V. O. (45. 1) veranschau-
licht zugleich die freiere Entwicklung, die schon in der verhältnißmäßig kurzen Zeit von Gajus an bis auf Ulpian Statt gefunden; sollte das, was Gajus lehrt, noch ganz das ursprüngliche gewesen sein? Die alte Gestalt der Sache schimmert unter den Milderungen der neuern Zeit noch deutlich genug durch. Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts. auf Römer beſchränkte sponsio — dieſe: die dem jus gen-tium angehörige, lediglich an das abſtracte Requiſit der münd- lichen Frage- und Antwortform geknüpfte und folglich mit be- liebigen Worten (z. B. dabis, facies, promittis?) und in jeder Sprache mögliche stipulatio ſchlechthin. 740) Daß letztere, we- nigſtens in ihrer Anwendung auf Römer unter ſich, jüngeren Urſprunges iſt, dafür ſprechen, wenn auch keine äußeren, ſo doch gewichtige innere Gründe (§. 47). 3. Die ſofortige Antwort. Ein Zwiſchenraum hebt die 4. Die entſprechende Antwort. Eben weil beide ein 740) Gaj. III, 92, 93. L. 1 §. 6 de V. O. (45. 1). 741) L. 1 §. 1 de V. O. (45. 1). 742) Gaj. III, 102. Die L. 1 §. 2—5 de V. O. (45. 1) veranſchau-
licht zugleich die freiere Entwicklung, die ſchon in der verhältnißmäßig kurzen Zeit von Gajus an bis auf Ulpian Statt gefunden; ſollte das, was Gajus lehrt, noch ganz das urſprüngliche geweſen ſein? Die alte Geſtalt der Sache ſchimmert unter den Milderungen der neuern Zeit noch deutlich genug durch. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0288" n="582"/><fw place="top" type="header">Zweites Buch. Erſter Abſchn. <hi rendition="#aq">III.</hi> Die juriſt. Technik. <hi rendition="#aq">B.</hi> Des ält. Rechts.</fw><lb/> auf Römer beſchränkte <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">sponsio</hi></hi> — dieſe: die dem <hi rendition="#aq">jus gen-<lb/> tium</hi> angehörige, lediglich an das abſtracte Requiſit der münd-<lb/> lichen Frage- und Antwortform geknüpfte und folglich mit be-<lb/> liebigen Worten (z. B. <hi rendition="#aq">dabis, facies, promittis?</hi>) und in <hi rendition="#g">jeder</hi><lb/> Sprache mögliche <hi rendition="#aq">stipulatio</hi> ſchlechthin. <note place="foot" n="740)"><hi rendition="#aq">Gaj. III, 92, 93. L. 1 §. 6 de V. O. (45. 1).</hi></note> Daß letztere, we-<lb/> nigſtens in ihrer Anwendung auf Römer unter ſich, jüngeren<lb/> Urſprunges iſt, dafür ſprechen, wenn auch keine äußeren, ſo<lb/> doch gewichtige <hi rendition="#g">innere</hi> Gründe (§. 47).</p><lb/> <p>3. Die <hi rendition="#g">ſofortige</hi> Antwort. Ein Zwiſchenraum hebt die<lb/> Verbindung zwiſchen Frage und Antwort auf, beide ſollen <hi rendition="#g">ein</hi><lb/> Ganzes bilden, es muß folglich auch der Act ſelbſt ein einiger<lb/> ſein (<hi rendition="#aq">unitas actus</hi>). <note place="foot" n="741)"><hi rendition="#aq">L. 1 §. 1 de V. O. (45. 1).</hi></note></p><lb/> <p>4. Die <hi rendition="#g">entſprechende</hi> Antwort. Eben weil beide ein<lb/> Ganzes darſtellen ſollen, müſſen ſie ſich decken. Lautet die<lb/> Antwort anders, als gefragt, ſei es auf mehr oder auf weniger,<lb/> und bei der <hi rendition="#aq">Sponsio</hi> nicht auf den Ausdruck: <hi rendition="#aq">spondeo,</hi> ſo iſt<lb/> die Stipulation verfehlt. <note place="foot" n="742)"><hi rendition="#aq">Gaj. III,</hi> 102. Die <hi rendition="#aq">L. 1 §. 2—5 de V. O.</hi> (45. 1) veranſchau-<lb/> licht zugleich die freiere Entwicklung, die ſchon in der verhältnißmäßig kurzen<lb/> Zeit von Gajus an bis auf Ulpian Statt gefunden; ſollte das, was Gajus<lb/> lehrt, noch ganz das urſprüngliche geweſen ſein? Die alte Geſtalt der Sache<lb/> ſchimmert unter den Milderungen der neuern Zeit noch deutlich genug durch.</note> In ſpäterer Zeit ward man darin<lb/> laxer, aber in der alten Zeit hielt man daran mit äußerſter<lb/> Pedanterie feſt und erließ auch nicht einen Buchſtaben. Und<lb/> in der That es war jedenfalls das Sicherſte, denn wenn man<lb/> einmal nachließ, wo war die Gränze? Jene Strenge hatte einen<lb/> ganz vernünftigen Sinn, und was Gellius (<hi rendition="#aq">XVI,</hi> 2) von dem<lb/> gleichen Grundſatz der Dialektik ſagt, paßt wörtlich auf die<lb/> Stipulation. „Es iſt ein Geſetz dieſer Kunſt, bemerkt er, daß<lb/> wenn man ſich über irgend ein Thema ſtreitet, man nicht mehr<lb/> und nicht weniger antworte, als man gefragt wird, entweder<lb/> mit Ja oder Nein; wer mehr oder anders antwortet, gilt als<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [582/0288]
Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts.
auf Römer beſchränkte sponsio — dieſe: die dem jus gen-
tium angehörige, lediglich an das abſtracte Requiſit der münd-
lichen Frage- und Antwortform geknüpfte und folglich mit be-
liebigen Worten (z. B. dabis, facies, promittis?) und in jeder
Sprache mögliche stipulatio ſchlechthin. 740) Daß letztere, we-
nigſtens in ihrer Anwendung auf Römer unter ſich, jüngeren
Urſprunges iſt, dafür ſprechen, wenn auch keine äußeren, ſo
doch gewichtige innere Gründe (§. 47).
3. Die ſofortige Antwort. Ein Zwiſchenraum hebt die
Verbindung zwiſchen Frage und Antwort auf, beide ſollen ein
Ganzes bilden, es muß folglich auch der Act ſelbſt ein einiger
ſein (unitas actus). 741)
4. Die entſprechende Antwort. Eben weil beide ein
Ganzes darſtellen ſollen, müſſen ſie ſich decken. Lautet die
Antwort anders, als gefragt, ſei es auf mehr oder auf weniger,
und bei der Sponsio nicht auf den Ausdruck: spondeo, ſo iſt
die Stipulation verfehlt. 742) In ſpäterer Zeit ward man darin
laxer, aber in der alten Zeit hielt man daran mit äußerſter
Pedanterie feſt und erließ auch nicht einen Buchſtaben. Und
in der That es war jedenfalls das Sicherſte, denn wenn man
einmal nachließ, wo war die Gränze? Jene Strenge hatte einen
ganz vernünftigen Sinn, und was Gellius (XVI, 2) von dem
gleichen Grundſatz der Dialektik ſagt, paßt wörtlich auf die
Stipulation. „Es iſt ein Geſetz dieſer Kunſt, bemerkt er, daß
wenn man ſich über irgend ein Thema ſtreitet, man nicht mehr
und nicht weniger antworte, als man gefragt wird, entweder
mit Ja oder Nein; wer mehr oder anders antwortet, gilt als
740) Gaj. III, 92, 93. L. 1 §. 6 de V. O. (45. 1).
741) L. 1 §. 1 de V. O. (45. 1).
742) Gaj. III, 102. Die L. 1 §. 2—5 de V. O. (45. 1) veranſchau-
licht zugleich die freiere Entwicklung, die ſchon in der verhältnißmäßig kurzen
Zeit von Gajus an bis auf Ulpian Statt gefunden; ſollte das, was Gajus
lehrt, noch ganz das urſprüngliche geweſen ſein? Die alte Geſtalt der Sache
ſchimmert unter den Milderungen der neuern Zeit noch deutlich genug durch.
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