Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die jurist. Technik. B. Des ält. Rechts. Seiten, so streng sie andererseits unterschieden werden müssen,doch im engen Verbande mit einander stehen, ist dort bereits be- merkt, und wir wollen uns davon jetzt überzeugen an einer Er- scheinung, die gewissermaßen die Brücke zwischen beiden bildet. Es ist dies der im ältern römischen Leben so ungemein häu- Der Gebrauch der Formulare für Rechtsgeschäfte empfiehlt Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts. Seiten, ſo ſtreng ſie andererſeits unterſchieden werden müſſen,doch im engen Verbande mit einander ſtehen, iſt dort bereits be- merkt, und wir wollen uns davon jetzt überzeugen an einer Er- ſcheinung, die gewiſſermaßen die Brücke zwiſchen beiden bildet. Es iſt dies der im ältern römiſchen Leben ſo ungemein häu- Der Gebrauch der Formulare für Rechtsgeſchäfte empfiehlt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <p><pb facs="#f0310" n="604"/><fw place="top" type="header">Zweites Buch. Erſter Abſchn. <hi rendition="#aq">III.</hi> Die juriſt. Technik. <hi rendition="#aq">B.</hi> Des ält. Rechts.</fw><lb/> Seiten, ſo ſtreng ſie andererſeits unterſchieden werden müſſen,<lb/> doch im engen Verbande mit einander ſtehen, iſt dort bereits be-<lb/> merkt, und wir wollen uns davon jetzt überzeugen an einer Er-<lb/> ſcheinung, die gewiſſermaßen die Brücke zwiſchen beiden bildet.</p><lb/> <p>Es iſt dies der im ältern römiſchen Leben ſo ungemein häu-<lb/> fige Gebrauch der <hi rendition="#g">Formulare</hi>. Das Formular iſt nicht zu<lb/> verwechſeln mit der <hi rendition="#g">Formel</hi>. Die Benutzung der letzteren be-<lb/> ruht auf rechtlicher <hi rendition="#g">Nothwendigkeit</hi>, die der erſtern auf<lb/><hi rendition="#g">freier Wahl</hi>, jene iſt die ausſchließliche Form, in der ein<lb/> beſtimmtes Geſchäft bei Strafe der Nichtigkeit abgeſchloſſen wer-<lb/> den <hi rendition="#g">muß</hi>, dieſe ein Entwurf zur geſchickten und umſichtigen<lb/> Abſchließung deſſelben, deſſen Werth theils in der genauen Be-<lb/> rückſichtigung aller bei demſelben zu beachtenden <hi rendition="#g">materiellen</hi><lb/> Punkte und Umſtände, theils in der vorſichtigen und als ange-<lb/> meſſen erprobten formellen Redaction deſſelben gelegen iſt. Das<lb/> Formular gewährt uns daher ein treues Bild des Geſchäfts<lb/> ſelbſt nach ſeinem ganzen Umfang und Inhalt, während die<lb/> Formel regelmäßig abſtracterer Art iſt, eine Einleitungs- oder<lb/> Schlußwendung oder eine concentrirte Angabe der weſentlichen<lb/> Punkte, zu der dann die concretere Ausfüllung erſt hinzukom-<lb/> men muß.</p><lb/> <p>Der Gebrauch der Formulare für Rechtsgeſchäfte empfiehlt<lb/> ſich in dem Maße durch Rückſichten der Bequemlichkeit und<lb/> Zweckmäßigkeit, daß wir ihn wenn auch in ſehr verſchiedenem<lb/> Grade zu allen Zeiten und in allen Rechten antreffen. Ueber-<lb/> hebt das Formular einerſeits die Contrahenten der Mühe der<lb/> eignen Abfaſſung und bietet es ihnen dafür eine Faſſung, die,<lb/> in der Regel von kundiger Hand entworfen, im Leben bereits<lb/> ihre Probe beſtanden hat, ſo ſichert es ihnen andererſeits den<lb/> Vortheil, ſie auf alle bei dem Geſchäft in Obacht zu nehmen-<lb/> den Punkte aufmerkſam zu machen, es leiſtet ihnen in der<lb/> That den Dienſt, dem manche Sammlungen derſelben ihren<lb/> Namen entlehnt haben, den „eines getreuen und fürſichtigen<lb/> Rathgebers.“</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [604/0310]
Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts.
Seiten, ſo ſtreng ſie andererſeits unterſchieden werden müſſen,
doch im engen Verbande mit einander ſtehen, iſt dort bereits be-
merkt, und wir wollen uns davon jetzt überzeugen an einer Er-
ſcheinung, die gewiſſermaßen die Brücke zwiſchen beiden bildet.
Es iſt dies der im ältern römiſchen Leben ſo ungemein häu-
fige Gebrauch der Formulare. Das Formular iſt nicht zu
verwechſeln mit der Formel. Die Benutzung der letzteren be-
ruht auf rechtlicher Nothwendigkeit, die der erſtern auf
freier Wahl, jene iſt die ausſchließliche Form, in der ein
beſtimmtes Geſchäft bei Strafe der Nichtigkeit abgeſchloſſen wer-
den muß, dieſe ein Entwurf zur geſchickten und umſichtigen
Abſchließung deſſelben, deſſen Werth theils in der genauen Be-
rückſichtigung aller bei demſelben zu beachtenden materiellen
Punkte und Umſtände, theils in der vorſichtigen und als ange-
meſſen erprobten formellen Redaction deſſelben gelegen iſt. Das
Formular gewährt uns daher ein treues Bild des Geſchäfts
ſelbſt nach ſeinem ganzen Umfang und Inhalt, während die
Formel regelmäßig abſtracterer Art iſt, eine Einleitungs- oder
Schlußwendung oder eine concentrirte Angabe der weſentlichen
Punkte, zu der dann die concretere Ausfüllung erſt hinzukom-
men muß.
Der Gebrauch der Formulare für Rechtsgeſchäfte empfiehlt
ſich in dem Maße durch Rückſichten der Bequemlichkeit und
Zweckmäßigkeit, daß wir ihn wenn auch in ſehr verſchiedenem
Grade zu allen Zeiten und in allen Rechten antreffen. Ueber-
hebt das Formular einerſeits die Contrahenten der Mühe der
eignen Abfaſſung und bietet es ihnen dafür eine Faſſung, die,
in der Regel von kundiger Hand entworfen, im Leben bereits
ihre Probe beſtanden hat, ſo ſichert es ihnen andererſeits den
Vortheil, ſie auf alle bei dem Geſchäft in Obacht zu nehmen-
den Punkte aufmerkſam zu machen, es leiſtet ihnen in der
That den Dienſt, dem manche Sammlungen derſelben ihren
Namen entlehnt haben, den „eines getreuen und fürſichtigen
Rathgebers.“
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