Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die jurist. Technik. A. Im allgem. stößig erscheinen, und doch ist es nichts als eine einfache Schei-dung der Gesichtspunkte und eine Beschränkung auf denjenigen, unter dem der Kläger selbst die Beurtheilung des Falles ver- langt hat. Wie wenig das Wesen der zersetzenden Methode zur Zeit 499) Stahl in der als Anhang zum zweiten Bande seiner Rechtsphilo- sophie aufgenommenen Abh. über den Werth des röm. Privatrechts (Aufl. 2 S. 400) und Röder, Grundgedanken u. Bedeutung des röm. u. germ. Rechts, Leipz. 1855. 500) z. B. beim Pfandrecht das dingliche ins Sachenrecht, das obliga-
torische, der contractus pigneratitius ins Obligationenrecht. So muß man die einzelnen Elemente der Vormundschaft aus den verschiedensten Theilen des Systems zusammensuchen: die Handlungsfähigkeit der bevormundeten Perso- nen und den Begriff und die Arten der Stellvertretung im allgemeinen Theil, Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. A. Im allgem. ſtößig erſcheinen, und doch iſt es nichts als eine einfache Schei-dung der Geſichtspunkte und eine Beſchränkung auf denjenigen, unter dem der Kläger ſelbſt die Beurtheilung des Falles ver- langt hat. Wie wenig das Weſen der zerſetzenden Methode zur Zeit 499) Stahl in der als Anhang zum zweiten Bande ſeiner Rechtsphilo- ſophie aufgenommenen Abh. über den Werth des röm. Privatrechts (Aufl. 2 S. 400) und Röder, Grundgedanken u. Bedeutung des röm. u. germ. Rechts, Leipz. 1855. 500) z. B. beim Pfandrecht das dingliche ins Sachenrecht, das obliga-
toriſche, der contractus pigneratitius ins Obligationenrecht. So muß man die einzelnen Elemente der Vormundſchaft aus den verſchiedenſten Theilen des Syſtems zuſammenſuchen: die Handlungsfähigkeit der bevormundeten Perſo- nen und den Begriff und die Arten der Stellvertretung im allgemeinen Theil, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0084" n="378"/><fw place="top" type="header">Zweites Buch. Erſter Abſchn. <hi rendition="#aq">III.</hi> Die juriſt. Technik. <hi rendition="#aq">A.</hi> Im allgem.</fw><lb/> ſtößig erſcheinen, und doch iſt es nichts als eine einfache Schei-<lb/> dung der Geſichtspunkte und eine Beſchränkung auf denjenigen,<lb/> unter dem der Kläger ſelbſt die Beurtheilung des Falles ver-<lb/> langt hat.</p><lb/> <p>Wie wenig das Weſen der zerſetzenden Methode zur Zeit<lb/> noch von Seiten der Wiſſenſchaft begriffen iſt, hat ſich nament-<lb/> lich in dem Streit über den Gegenſatz des römiſchen und deut-<lb/> ſchen Rechts kundgegeben. Zwei heutige Rechtsphiloſophen <note place="foot" n="499)"><hi rendition="#g">Stahl</hi> in der als Anhang zum zweiten Bande ſeiner Rechtsphilo-<lb/> ſophie aufgenommenen Abh. über den Werth des röm. Privatrechts (Aufl. 2<lb/> S. 400) und <hi rendition="#g">Röder</hi>, Grundgedanken u. Bedeutung des röm. u. germ.<lb/> Rechts, Leipz. 1855.</note><lb/> haben den Mangel des römiſchen Rechts darin zu finden ge-<lb/> glaubt, daß es demſelben an „Organismen, organiſchen Geſtal-<lb/> tungen, einem poſitiven Prinzip organiſcher Geſtaltung“ u. ſ. w.<lb/> gefehlt habe. Worauf aber beruht dieſe Behauptung? Ich<lb/> glaube, nur auf Folgendem. So lange die juriſtiſch-zerſetzende<lb/> Kraft ſich an einem Rechtsinſtitut noch nicht bethätigt hat, macht<lb/> uns daſſelbe nothwendig den Eindruck eines „Organismus;“<lb/> alles greift in ſchönſter Weiſe in einander, rechtliche und ethiſche<lb/> Momente, Form und Inhalt, dingliches und obligatoriſches<lb/> Element u. ſ. w. So wie aber die Jurisprudenz ſich des Inſti-<lb/> tuts bemächtigt und ihre Pflicht und Schuldigkeit daran thut, iſt<lb/> es, ohne daß ſich an dem <hi rendition="#g">realen, praktiſchen</hi> Beſtande deſ-<lb/> ſelben das Geringſte änderte, um jenes poetiſche „Verwachſen-<lb/> ſein,“ „Sich-organiſch-Durchdringen“ u. ſ. w. geſchehen; die<lb/> ſchöne Blume iſt dahin, und wir haben ſtatt deſſen Stickſtoff,<lb/> Sauerſtoff u. ſ. w. Das Eine Element des Inſtituts gelangt im<lb/> Syſtem hierhin, das andere dorthin. <note xml:id="seg2pn_8_1" next="#seg2pn_8_2" place="foot" n="500)">z. B. beim Pfandrecht das dingliche ins Sachenrecht, das obliga-<lb/> toriſche, der <hi rendition="#aq">contractus pigneratitius</hi> ins Obligationenrecht. So muß man<lb/> die einzelnen Elemente der Vormundſchaft aus den verſchiedenſten Theilen des<lb/> Syſtems zuſammenſuchen: die Handlungsfähigkeit der bevormundeten Perſo-<lb/> nen und den Begriff und die Arten der Stellvertretung im allgemeinen Theil,</note> Wenn nun das deutſche<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [378/0084]
Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. A. Im allgem.
ſtößig erſcheinen, und doch iſt es nichts als eine einfache Schei-
dung der Geſichtspunkte und eine Beſchränkung auf denjenigen,
unter dem der Kläger ſelbſt die Beurtheilung des Falles ver-
langt hat.
Wie wenig das Weſen der zerſetzenden Methode zur Zeit
noch von Seiten der Wiſſenſchaft begriffen iſt, hat ſich nament-
lich in dem Streit über den Gegenſatz des römiſchen und deut-
ſchen Rechts kundgegeben. Zwei heutige Rechtsphiloſophen 499)
haben den Mangel des römiſchen Rechts darin zu finden ge-
glaubt, daß es demſelben an „Organismen, organiſchen Geſtal-
tungen, einem poſitiven Prinzip organiſcher Geſtaltung“ u. ſ. w.
gefehlt habe. Worauf aber beruht dieſe Behauptung? Ich
glaube, nur auf Folgendem. So lange die juriſtiſch-zerſetzende
Kraft ſich an einem Rechtsinſtitut noch nicht bethätigt hat, macht
uns daſſelbe nothwendig den Eindruck eines „Organismus;“
alles greift in ſchönſter Weiſe in einander, rechtliche und ethiſche
Momente, Form und Inhalt, dingliches und obligatoriſches
Element u. ſ. w. So wie aber die Jurisprudenz ſich des Inſti-
tuts bemächtigt und ihre Pflicht und Schuldigkeit daran thut, iſt
es, ohne daß ſich an dem realen, praktiſchen Beſtande deſ-
ſelben das Geringſte änderte, um jenes poetiſche „Verwachſen-
ſein,“ „Sich-organiſch-Durchdringen“ u. ſ. w. geſchehen; die
ſchöne Blume iſt dahin, und wir haben ſtatt deſſen Stickſtoff,
Sauerſtoff u. ſ. w. Das Eine Element des Inſtituts gelangt im
Syſtem hierhin, das andere dorthin. 500) Wenn nun das deutſche
499) Stahl in der als Anhang zum zweiten Bande ſeiner Rechtsphilo-
ſophie aufgenommenen Abh. über den Werth des röm. Privatrechts (Aufl. 2
S. 400) und Röder, Grundgedanken u. Bedeutung des röm. u. germ.
Rechts, Leipz. 1855.
500) z. B. beim Pfandrecht das dingliche ins Sachenrecht, das obliga-
toriſche, der contractus pigneratitius ins Obligationenrecht. So muß man
die einzelnen Elemente der Vormundſchaft aus den verſchiedenſten Theilen des
Syſtems zuſammenſuchen: die Handlungsfähigkeit der bevormundeten Perſo-
nen und den Begriff und die Arten der Stellvertretung im allgemeinen Theil,
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