Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.Zweites Buch. Zweiter Abschnitt. Die Rechte. Allgem. Theorie. Zugeständniß, daß auch die Annehmlichkeit und Behaglichkeitdes Wohnens ein des Rechtsschutzes würdiges Interesse sei, daß der Maßstab des unmittelbar Nützlichen, mit dem die alte Zeit die Servituten gemessen ("servitus fundo utilis esse debet") für die neuere Zeit sich als zu eng erwiesen habe. 455) Nachdem wir jetzt die Bedeutung des Interesses für das Die Thatsache, daß das Recht dem Berechtigten die ihm zu- Der Genuß nimmt nach Verschiedenheit der Sache ver- 455) Auch für die Rusticalservituten erweiterte er sich in derselben Rich-
tung, s. z. B. L. 3 pr. de aqua (43. 20) .. amoenitatis causa aqua duci potest. L. 3 pr. de S. P. R. (8. 3). Zweites Buch. Zweiter Abſchnitt. Die Rechte. Allgem. Theorie. Zugeſtändniß, daß auch die Annehmlichkeit und Behaglichkeitdes Wohnens ein des Rechtsſchutzes würdiges Intereſſe ſei, daß der Maßſtab des unmittelbar Nützlichen, mit dem die alte Zeit die Servituten gemeſſen („servitus fundo utilis esse debet“) für die neuere Zeit ſich als zu eng erwieſen habe. 455) Nachdem wir jetzt die Bedeutung des Intereſſes für das Die Thatſache, daß das Recht dem Berechtigten die ihm zu- Der Genuß nimmt nach Verſchiedenheit der Sache ver- 455) Auch für die Ruſticalſervituten erweiterte er ſich in derſelben Rich-
tung, ſ. z. B. L. 3 pr. de aqua (43. 20) .. amoenitatis causa aqua duci potest. L. 3 pr. de S. P. R. (8. 3). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0338" n="322"/><fw place="top" type="header">Zweites Buch. Zweiter Abſchnitt. Die Rechte. Allgem. Theorie.</fw><lb/> Zugeſtändniß, daß auch die Annehmlichkeit und Behaglichkeit<lb/> des Wohnens ein des Rechtsſchutzes würdiges Intereſſe ſei, daß<lb/> der Maßſtab des unmittelbar Nützlichen, mit dem die alte Zeit<lb/> die Servituten gemeſſen (<hi rendition="#aq">„servitus fundo <hi rendition="#g">utilis</hi> esse debet“</hi>)<lb/> für die neuere Zeit ſich als zu eng erwieſen habe. <note place="foot" n="455)">Auch für die Ruſticalſervituten erweiterte er ſich in derſelben Rich-<lb/> tung, ſ. z. B. <hi rendition="#aq">L. 3 pr. de aqua (43. 20) .. <hi rendition="#g">amoenitatis</hi> causa aqua<lb/> duci potest. L. 3 pr. de S. P. R.</hi> (8. 3).</note></p><lb/> <p>Nachdem wir jetzt die Bedeutung des Intereſſes für das<lb/> Recht in Theſi entwickelt haben, würde ſich daran die Frage<lb/> reihen müſſen: ob daſſelbe Verhältniß, welches zwiſchen beiden<lb/> Begriffen in abſtracto gilt, nämlich daß das Intereſſe der Zweck<lb/> und die Vorausſetzung des Rechts bildet, ſich auch in Hypo-<lb/> theſi wiederholen müſſe, z. B. die beſtellte Weggerechtigkeit nur<lb/> dann zu Recht beſtehe, wenn ſie für den Berechtigten von nach-<lb/> weisbarem Intereſſe ſei. Es ſcheint mir jedoch paſſender, dieſe<lb/> Frage zunächſt auszuſetzen, um vorläufig in der Entwicklung<lb/> des Rechtsbegriffs weiter fortzufahren.</p><lb/> <p>Die Thatſache, daß das Recht dem Berechtigten die ihm zu-<lb/> gedachten Dienſte wirklich erweiſt, bezeichnen wir als <hi rendition="#g">Genuß</hi><lb/> des Rechts. Der Begriff der <hi rendition="#g">Ausübung</hi> des Rechts iſt ein<lb/> weiterer, er umfaßt nämlich alles das, was der Berechtigte ver-<lb/> möge des Rechts vornehmen darf, dazu gehört aber außer dem<lb/> Genuß auch die Behauptung und Verfolgung des Rechts im<lb/> Fall ſeiner Verletzung.</p><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">Genuß</hi> nimmt nach Verſchiedenheit der Sache ver-<lb/> ſchiedene Formen an, bald iſt er mit dem Rechte ſelber, ſo lange<lb/> es nicht verletzt iſt, von ſelbſt gegeben (z. B. Freiheit, Ehre,<lb/> negative Servituten), bald ſetzt er ein Handeln des Berechtigten<lb/> voraus, bald iſt die Art deſſelben ganz genau vorgeſchrieben und<lb/> eng begränzt, bald iſt dem Ermeſſen des Berechtigten in dieſer<lb/> Beziehung der weiteſte Spielraum geöffnet. Dieſer letztere Ge-<lb/> genſatz bedarf der näheren Ausführung; ein praktiſches Intereſſe<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [322/0338]
Zweites Buch. Zweiter Abſchnitt. Die Rechte. Allgem. Theorie.
Zugeſtändniß, daß auch die Annehmlichkeit und Behaglichkeit
des Wohnens ein des Rechtsſchutzes würdiges Intereſſe ſei, daß
der Maßſtab des unmittelbar Nützlichen, mit dem die alte Zeit
die Servituten gemeſſen („servitus fundo utilis esse debet“)
für die neuere Zeit ſich als zu eng erwieſen habe. 455)
Nachdem wir jetzt die Bedeutung des Intereſſes für das
Recht in Theſi entwickelt haben, würde ſich daran die Frage
reihen müſſen: ob daſſelbe Verhältniß, welches zwiſchen beiden
Begriffen in abſtracto gilt, nämlich daß das Intereſſe der Zweck
und die Vorausſetzung des Rechts bildet, ſich auch in Hypo-
theſi wiederholen müſſe, z. B. die beſtellte Weggerechtigkeit nur
dann zu Recht beſtehe, wenn ſie für den Berechtigten von nach-
weisbarem Intereſſe ſei. Es ſcheint mir jedoch paſſender, dieſe
Frage zunächſt auszuſetzen, um vorläufig in der Entwicklung
des Rechtsbegriffs weiter fortzufahren.
Die Thatſache, daß das Recht dem Berechtigten die ihm zu-
gedachten Dienſte wirklich erweiſt, bezeichnen wir als Genuß
des Rechts. Der Begriff der Ausübung des Rechts iſt ein
weiterer, er umfaßt nämlich alles das, was der Berechtigte ver-
möge des Rechts vornehmen darf, dazu gehört aber außer dem
Genuß auch die Behauptung und Verfolgung des Rechts im
Fall ſeiner Verletzung.
Der Genuß nimmt nach Verſchiedenheit der Sache ver-
ſchiedene Formen an, bald iſt er mit dem Rechte ſelber, ſo lange
es nicht verletzt iſt, von ſelbſt gegeben (z. B. Freiheit, Ehre,
negative Servituten), bald ſetzt er ein Handeln des Berechtigten
voraus, bald iſt die Art deſſelben ganz genau vorgeſchrieben und
eng begränzt, bald iſt dem Ermeſſen des Berechtigten in dieſer
Beziehung der weiteſte Spielraum geöffnet. Dieſer letztere Ge-
genſatz bedarf der näheren Ausführung; ein praktiſches Intereſſe
455) Auch für die Ruſticalſervituten erweiterte er ſich in derſelben Rich-
tung, ſ. z. B. L. 3 pr. de aqua (43. 20) .. amoenitatis causa aqua
duci potest. L. 3 pr. de S. P. R. (8. 3).
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