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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835.

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gnügt zusammen, sie erbauten sich so gut sie konnten, und
gingen spät schlafen.

Unsere beiden Freunde blieben nun noch ein paar Tage zu
Rothenbeck, besuchten und wurden besucht, auch gehörte der
Schulmeister daselbst, der sich auch Stilling schrieb, und
aus dem Salen'schen Land zu Haus war, mit unter die Ge-
sellschaft der Frommen zu Rothenbeck; diesen besuchten sie
auch. Er gewann besonders Stillingen lieb, besonders da
er hörte, daß er auch lange Schulmeister gewesen war. Die
beiden Stillinge machten einen Bund zusammen, daß einer
dem andern so lange schreiben sollte, als sie lebten, um die
Freundschaft zu unterhalten.

Endlich reisten sie wieder von Rothenbeck nach Wald-
stätt
zurück, und begaben sich an ihr Handwerk, wobei sie sich
die Zeit mit allerhand angenehmen Gesprächen vertrieben.

Es wohnte aber eine Stunde von Waldstätt ein weidli-
cher Kaufmann, der sich Spanier schrieb. Dieser Mann
hatte sieben Kinder, wovon das älteste eine Tochter von etwa
sechzehn Jahren, das jüngste aber ein Mädchen von einem
Jahr war. Unter diesen Kindern waren drei Söhne und vier
Töchter. Er hatte eine sehr starke Eisen-Fabrik, die aus sie-
ben Eisenhammern bestand, wovon vier bei seinem Hause, drei
aber anderthalb Stunden von seinem Hause ab, nicht weit von
Herrn Hochbergs Haus lagen, wo Stilling gewesen war.
Dabei besaß er ungemein viele liegende Güter, Häuser, Höfe,
und was dazu gehörte, nebst vielem Gesinde, Knechte, Mägde
und Fuhrknechte, denn er hatte verschiedene Pferde zu seinem
eigenen Gebrauch.

Wenn nun Herr Spanier verschiedene Schneiderarbeit für
sich und seine Leute zusammen verspart hatte, so ließ er Mei-
ster Isaac mit seinen Gesellen kommen, um einige Tage bei
ihm zu Nähen, und für ihn und seine Leute alle Kleider wie-
der in Ordnung zu bringen.

Nachdem nun Stilling zwölf Wochen bei Meister Isaac
gewesen war, so traf es sich, daß sie auch bei Herrn Spanier
arbeiten mußten. Sie gingen also des Morgens früh hin.
Als sie zur Stubenthür hereintraten, so saß Herr Spanier

gnuͤgt zuſammen, ſie erbauten ſich ſo gut ſie konnten, und
gingen ſpaͤt ſchlafen.

Unſere beiden Freunde blieben nun noch ein paar Tage zu
Rothenbeck, beſuchten und wurden beſucht, auch gehoͤrte der
Schulmeiſter daſelbſt, der ſich auch Stilling ſchrieb, und
aus dem Salen’ſchen Land zu Haus war, mit unter die Ge-
ſellſchaft der Frommen zu Rothenbeck; dieſen beſuchten ſie
auch. Er gewann beſonders Stillingen lieb, beſonders da
er hoͤrte, daß er auch lange Schulmeiſter geweſen war. Die
beiden Stillinge machten einen Bund zuſammen, daß einer
dem andern ſo lange ſchreiben ſollte, als ſie lebten, um die
Freundſchaft zu unterhalten.

Endlich reisten ſie wieder von Rothenbeck nach Wald-
ſtaͤtt
zuruͤck, und begaben ſich an ihr Handwerk, wobei ſie ſich
die Zeit mit allerhand angenehmen Geſpraͤchen vertrieben.

Es wohnte aber eine Stunde von Waldſtaͤtt ein weidli-
cher Kaufmann, der ſich Spanier ſchrieb. Dieſer Mann
hatte ſieben Kinder, wovon das aͤlteſte eine Tochter von etwa
ſechzehn Jahren, das juͤngſte aber ein Maͤdchen von einem
Jahr war. Unter dieſen Kindern waren drei Soͤhne und vier
Toͤchter. Er hatte eine ſehr ſtarke Eiſen-Fabrik, die aus ſie-
ben Eiſenhammern beſtand, wovon vier bei ſeinem Hauſe, drei
aber anderthalb Stunden von ſeinem Hauſe ab, nicht weit von
Herrn Hochbergs Haus lagen, wo Stilling geweſen war.
Dabei beſaß er ungemein viele liegende Guͤter, Haͤuſer, Hoͤfe,
und was dazu gehoͤrte, nebſt vielem Geſinde, Knechte, Maͤgde
und Fuhrknechte, denn er hatte verſchiedene Pferde zu ſeinem
eigenen Gebrauch.

Wenn nun Herr Spanier verſchiedene Schneiderarbeit fuͤr
ſich und ſeine Leute zuſammen verſpart hatte, ſo ließ er Mei-
ſter Iſaac mit ſeinen Geſellen kommen, um einige Tage bei
ihm zu Naͤhen, und fuͤr ihn und ſeine Leute alle Kleider wie-
der in Ordnung zu bringen.

Nachdem nun Stilling zwoͤlf Wochen bei Meiſter Iſaac
geweſen war, ſo traf es ſich, daß ſie auch bei Herrn Spanier
arbeiten mußten. Sie gingen alſo des Morgens fruͤh hin.
Als ſie zur Stubenthuͤr hereintraten, ſo ſaß Herr Spanier

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[230/0238] gnuͤgt zuſammen, ſie erbauten ſich ſo gut ſie konnten, und gingen ſpaͤt ſchlafen. Unſere beiden Freunde blieben nun noch ein paar Tage zu Rothenbeck, beſuchten und wurden beſucht, auch gehoͤrte der Schulmeiſter daſelbſt, der ſich auch Stilling ſchrieb, und aus dem Salen’ſchen Land zu Haus war, mit unter die Ge- ſellſchaft der Frommen zu Rothenbeck; dieſen beſuchten ſie auch. Er gewann beſonders Stillingen lieb, beſonders da er hoͤrte, daß er auch lange Schulmeiſter geweſen war. Die beiden Stillinge machten einen Bund zuſammen, daß einer dem andern ſo lange ſchreiben ſollte, als ſie lebten, um die Freundſchaft zu unterhalten. Endlich reisten ſie wieder von Rothenbeck nach Wald- ſtaͤtt zuruͤck, und begaben ſich an ihr Handwerk, wobei ſie ſich die Zeit mit allerhand angenehmen Geſpraͤchen vertrieben. Es wohnte aber eine Stunde von Waldſtaͤtt ein weidli- cher Kaufmann, der ſich Spanier ſchrieb. Dieſer Mann hatte ſieben Kinder, wovon das aͤlteſte eine Tochter von etwa ſechzehn Jahren, das juͤngſte aber ein Maͤdchen von einem Jahr war. Unter dieſen Kindern waren drei Soͤhne und vier Toͤchter. Er hatte eine ſehr ſtarke Eiſen-Fabrik, die aus ſie- ben Eiſenhammern beſtand, wovon vier bei ſeinem Hauſe, drei aber anderthalb Stunden von ſeinem Hauſe ab, nicht weit von Herrn Hochbergs Haus lagen, wo Stilling geweſen war. Dabei beſaß er ungemein viele liegende Guͤter, Haͤuſer, Hoͤfe, und was dazu gehoͤrte, nebſt vielem Geſinde, Knechte, Maͤgde und Fuhrknechte, denn er hatte verſchiedene Pferde zu ſeinem eigenen Gebrauch. Wenn nun Herr Spanier verſchiedene Schneiderarbeit fuͤr ſich und ſeine Leute zuſammen verſpart hatte, ſo ließ er Mei- ſter Iſaac mit ſeinen Geſellen kommen, um einige Tage bei ihm zu Naͤhen, und fuͤr ihn und ſeine Leute alle Kleider wie- der in Ordnung zu bringen. Nachdem nun Stilling zwoͤlf Wochen bei Meiſter Iſaac geweſen war, ſo traf es ſich, daß ſie auch bei Herrn Spanier arbeiten mußten. Sie gingen alſo des Morgens fruͤh hin. Als ſie zur Stubenthuͤr hereintraten, ſo ſaß Herr Spanier

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Zitationshilfe: Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/238>, abgerufen am 25.11.2024.