Bäume wieder auf; das war Heesfelds Freude, dann sagte er wohl: schön sind unsere Betten, wenn wir aufstehen, so fah- ren sie gen Himmel. -- Zuweilen gab er auch wohl Jemand ein Räthsel auf, und fragte: was sind das vor Betten, die in die Luft fliegen, wenn man aufsteht?
Stilling lebte aus der Maßen vergnügt zu Dornfeld. Herr Spanier schickte ihm Geld genug, und er studirte recht fleißig, denn in neun Wochen war er fertig; es ist unglaublich aber doch gewiß wahr; er verstand diese Sprache nach zwei Mona- ten hinlänglich, er las die französische Zeitung teutsch weg, als wenn sie in letzterer Sprache gedruckt wäre, auch schrieb er schon damalen einen französischen Brief ohne Grammaticalfeh- ler, und las richtig, nur fehlte ihm noch die Uebung im Sprechen. Den ganzen Syntax hatte er zur Genüge inne; so daß er nun selbst getrost anfangen konnte, in dieser Sprache zu unterrichten.
Stilling beschloß also, nunmehr von Herrn Heesfeld Abschied zu nehmen, und zu seinem neuen Patron zu ziehen. Beide weinten, als sie von einander gingen. Heesfeld gab ihm eine Stunde weit das Geleit. Als sie sich nun herzten und küßten, schloß ihn Herr Heesfeld in die Arme, und sagte: "Mein Freund! wenn Ihnen je Etwas mangelt, so schreiben Sie mir, ich werde Ihnen thun, was ein Bruder dem andern thun soll; mein Wandel ist verborgen, aber ich wünsche zu wirken, wie die Mutter Natur, man sieht ihre ersten Quellen nicht, aber man trinkt sich satt an ihren klaren Bächen." Es fiel Stilling hart, von ihm weg zu kommen; endlich rissen sie sich von einander, gingen ihres Weges, und sahen nicht wieder hinter sich.
Stilling wanderte also zurück zu Herrn Spanier, und kam zwei Tage vor Michaelis 1763 des Abends in Herrn Spaniers Hause an. Dieser Mann freute sich über die Maßen, als er Stilling so geschwind bei sich sahe. Er behan- delte ihn alsofort als einen Freund, und Stilling fühlte wohl, daß er nunmehro bei Leuten wäre, die ihm Freude und Wonne machen würden.
Des andern Tages fing er seine Information an. Die Ein- richtung derselben ward folgendergestalt von Herrn Spanier
Baͤume wieder auf; das war Heesfelds Freude, dann ſagte er wohl: ſchoͤn ſind unſere Betten, wenn wir aufſtehen, ſo fah- ren ſie gen Himmel. — Zuweilen gab er auch wohl Jemand ein Raͤthſel auf, und fragte: was ſind das vor Betten, die in die Luft fliegen, wenn man aufſteht?
Stilling lebte aus der Maßen vergnuͤgt zu Dornfeld. Herr Spanier ſchickte ihm Geld genug, und er ſtudirte recht fleißig, denn in neun Wochen war er fertig; es iſt unglaublich aber doch gewiß wahr; er verſtand dieſe Sprache nach zwei Mona- ten hinlaͤnglich, er las die franzoͤſiſche Zeitung teutſch weg, als wenn ſie in letzterer Sprache gedruckt waͤre, auch ſchrieb er ſchon damalen einen franzoͤſiſchen Brief ohne Grammaticalfeh- ler, und las richtig, nur fehlte ihm noch die Uebung im Sprechen. Den ganzen Syntax hatte er zur Genuͤge inne; ſo daß er nun ſelbſt getroſt anfangen konnte, in dieſer Sprache zu unterrichten.
Stilling beſchloß alſo, nunmehr von Herrn Heesfeld Abſchied zu nehmen, und zu ſeinem neuen Patron zu ziehen. Beide weinten, als ſie von einander gingen. Heesfeld gab ihm eine Stunde weit das Geleit. Als ſie ſich nun herzten und kuͤßten, ſchloß ihn Herr Heesfeld in die Arme, und ſagte: „Mein Freund! wenn Ihnen je Etwas mangelt, ſo ſchreiben Sie mir, ich werde Ihnen thun, was ein Bruder dem andern thun ſoll; mein Wandel iſt verborgen, aber ich wuͤnſche zu wirken, wie die Mutter Natur, man ſieht ihre erſten Quellen nicht, aber man trinkt ſich ſatt an ihren klaren Baͤchen.“ Es fiel Stilling hart, von ihm weg zu kommen; endlich riſſen ſie ſich von einander, gingen ihres Weges, und ſahen nicht wieder hinter ſich.
Stilling wanderte alſo zuruͤck zu Herrn Spanier, und kam zwei Tage vor Michaelis 1763 des Abends in Herrn Spaniers Hauſe an. Dieſer Mann freute ſich uͤber die Maßen, als er Stilling ſo geſchwind bei ſich ſahe. Er behan- delte ihn alſofort als einen Freund, und Stilling fuͤhlte wohl, daß er nunmehro bei Leuten waͤre, die ihm Freude und Wonne machen wuͤrden.
Des andern Tages fing er ſeine Information an. Die Ein- richtung derſelben ward folgendergeſtalt von Herrn Spanier
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Baͤume wieder auf; das war Heesfelds Freude, dann ſagte
er wohl: ſchoͤn ſind unſere Betten, wenn wir aufſtehen, ſo fah-
ren ſie gen Himmel. — Zuweilen gab er auch wohl Jemand
ein Raͤthſel auf, und fragte: was ſind das vor Betten, die in
die Luft fliegen, wenn man aufſteht?
Stilling lebte aus der Maßen vergnuͤgt zu Dornfeld. Herr
Spanier ſchickte ihm Geld genug, und er ſtudirte recht fleißig,
denn in neun Wochen war er fertig; es iſt unglaublich aber
doch gewiß wahr; er verſtand dieſe Sprache nach zwei Mona-
ten hinlaͤnglich, er las die franzoͤſiſche Zeitung teutſch weg, als
wenn ſie in letzterer Sprache gedruckt waͤre, auch ſchrieb er
ſchon damalen einen franzoͤſiſchen Brief ohne Grammaticalfeh-
ler, und las richtig, nur fehlte ihm noch die Uebung im Sprechen.
Den ganzen Syntax hatte er zur Genuͤge inne; ſo daß er nun
ſelbſt getroſt anfangen konnte, in dieſer Sprache zu unterrichten.
Stilling beſchloß alſo, nunmehr von Herrn Heesfeld
Abſchied zu nehmen, und zu ſeinem neuen Patron zu ziehen.
Beide weinten, als ſie von einander gingen. Heesfeld gab
ihm eine Stunde weit das Geleit. Als ſie ſich nun herzten und
kuͤßten, ſchloß ihn Herr Heesfeld in die Arme, und ſagte:
„Mein Freund! wenn Ihnen je Etwas mangelt, ſo ſchreiben
Sie mir, ich werde Ihnen thun, was ein Bruder dem andern
thun ſoll; mein Wandel iſt verborgen, aber ich wuͤnſche zu
wirken, wie die Mutter Natur, man ſieht ihre erſten Quellen
nicht, aber man trinkt ſich ſatt an ihren klaren Baͤchen.“ Es
fiel Stilling hart, von ihm weg zu kommen; endlich riſſen ſie
ſich von einander, gingen ihres Weges, und ſahen nicht wieder
hinter ſich.
Stilling wanderte alſo zuruͤck zu Herrn Spanier, und
kam zwei Tage vor Michaelis 1763 des Abends in Herrn
Spaniers Hauſe an. Dieſer Mann freute ſich uͤber die
Maßen, als er Stilling ſo geſchwind bei ſich ſahe. Er behan-
delte ihn alſofort als einen Freund, und Stilling fuͤhlte wohl,
daß er nunmehro bei Leuten waͤre, die ihm Freude und Wonne
machen wuͤrden.
Des andern Tages fing er ſeine Information an. Die Ein-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schrifte… [mehr]
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schriften erschienen. Für das DTA wurde aus Gründen der besseren Verfügbarkeit dieses Exemplar statt der Erstauflage (ersch. 1777-1804 bzw. 1817, in fünf bzw. sechs Einzelbänden) digitalisiert.
Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/247>, abgerufen am 24.11.2024.
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