ten in Cassel war und seine gewöhnliche Pfingstreise mit ih- nen machte, bekam er einen Brief von dieser Dame mit einem Wechsel von dreihundert Gulden, wobei sie schrieb: Stilling möchte ja nie an eine Vergeltung oder dafür zu leistenden Dienst denken; sie fühle sich gedrungen, diese Kleinigkeit zu schicken, und bäte nun ferner, der Sache nicht mehr zu ge- denken. So wurde der Druck auf einmal gehoben, aber auch Elisens Glauben sehr gestärkt.
Zu den wichtigsten Stillings-Freunden und Freundinnen gesellt sich in diesem Jahre noch eine sehr verehrungswürdige Person: die Gräfin Christine von Waldeck, Wittwe des Grafen Josias zu Waldeck-Bergheim und geborne Gräfin von Isenburg-Büdingen; diese beschloß, ihre zwei jüngern Söhne nach Marburg zu schicken und sie dort studiren zu lassen. Endlich entschloß sie sich selbst, mit ihrer liebenswürdigen Toch- ter, der Comtesse Karoline, so lang nach Marburg zu ziehen, als ihr Sohn dort studiren würde. Was diese christ- liche Dame Stillingen und Elisen gewesen ist, wie man- nigfaltig ihr zur Menschenliebe geschaffenes Herz auf Rath und That bedacht war, das läßt sich nicht beschreiben. Sie schloß sich so ganz an den Prinzen Friedrich von Anhalt und die Gräfin Louise an; allen Dreien durften Stilling und Elise alle ihre Leiden klagen und über alle ihre Anlie- gen vertraulich mit ihnen ausreden.
Das Jahr 1798 ist in Stillings Geschichte deßwegen merkwürdig, weil er in demselben die Siegsgeschichte der christlichen Religion in einer gemeinnützigen Er- klärung der Offenbarung Johannis schrieb und dann mit seiner Elise die erste bedeutende Reise machte.
Mit der Siegsgeschichte hatte es folgende Bewandtniß: die wichtigen Folgen, welche die französische Revolution hatte, und die Ereignisse, welche hin und wieder zum Vorschein ka- men, machten allenthalben auf die wahren Verehrer des Herrn, die auf die Zeichen der Zeit merkten, einen tiefen Eindruck. Verschiedene fingen nun an, gewisse Stücke aus der Offen- barung Johannis auf diese Zeiten anzuwenden, ohne auf den ganzen Zusammenhang der Weissagung, und ihren Geist
ten in Caſſel war und ſeine gewoͤhnliche Pfingſtreiſe mit ih- nen machte, bekam er einen Brief von dieſer Dame mit einem Wechſel von dreihundert Gulden, wobei ſie ſchrieb: Stilling moͤchte ja nie an eine Vergeltung oder dafuͤr zu leiſtenden Dienſt denken; ſie fuͤhle ſich gedrungen, dieſe Kleinigkeit zu ſchicken, und baͤte nun ferner, der Sache nicht mehr zu ge- denken. So wurde der Druck auf einmal gehoben, aber auch Eliſens Glauben ſehr geſtaͤrkt.
Zu den wichtigſten Stillings-Freunden und Freundinnen geſellt ſich in dieſem Jahre noch eine ſehr verehrungswuͤrdige Perſon: die Graͤfin Chriſtine von Waldeck, Wittwe des Grafen Joſias zu Waldeck-Bergheim und geborne Graͤfin von Iſenburg-Buͤdingen; dieſe beſchloß, ihre zwei juͤngern Soͤhne nach Marburg zu ſchicken und ſie dort ſtudiren zu laſſen. Endlich entſchloß ſie ſich ſelbſt, mit ihrer liebenswuͤrdigen Toch- ter, der Comteſſe Karoline, ſo lang nach Marburg zu ziehen, als ihr Sohn dort ſtudiren wuͤrde. Was dieſe chriſt- liche Dame Stillingen und Eliſen geweſen iſt, wie man- nigfaltig ihr zur Menſchenliebe geſchaffenes Herz auf Rath und That bedacht war, das laͤßt ſich nicht beſchreiben. Sie ſchloß ſich ſo ganz an den Prinzen Friedrich von Anhalt und die Graͤfin Louiſe an; allen Dreien durften Stilling und Eliſe alle ihre Leiden klagen und uͤber alle ihre Anlie- gen vertraulich mit ihnen ausreden.
Das Jahr 1798 iſt in Stillings Geſchichte deßwegen merkwuͤrdig, weil er in demſelben die Siegsgeſchichte der chriſtlichen Religion in einer gemeinnuͤtzigen Er- klaͤrung der Offenbarung Johannis ſchrieb und dann mit ſeiner Eliſe die erſte bedeutende Reiſe machte.
Mit der Siegsgeſchichte hatte es folgende Bewandtniß: die wichtigen Folgen, welche die franzoͤſiſche Revolution hatte, und die Ereigniſſe, welche hin und wieder zum Vorſchein ka- men, machten allenthalben auf die wahren Verehrer des Herrn, die auf die Zeichen der Zeit merkten, einen tiefen Eindruck. Verſchiedene fingen nun an, gewiſſe Stuͤcke aus der Offen- barung Johannis auf dieſe Zeiten anzuwenden, ohne auf den ganzen Zuſammenhang der Weiſſagung, und ihren Geiſt
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ten in Caſſel war und ſeine gewoͤhnliche Pfingſtreiſe mit ih-
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moͤchte ja nie an eine Vergeltung oder dafuͤr zu leiſtenden
Dienſt denken; ſie fuͤhle ſich gedrungen, dieſe Kleinigkeit zu
ſchicken, und baͤte nun ferner, der Sache nicht mehr zu ge-
denken. So wurde der Druck auf einmal gehoben, aber auch
Eliſens Glauben ſehr geſtaͤrkt.
Zu den wichtigſten Stillings-Freunden und Freundinnen
geſellt ſich in dieſem Jahre noch eine ſehr verehrungswuͤrdige
Perſon: die Graͤfin Chriſtine von Waldeck, Wittwe des
Grafen Joſias zu Waldeck-Bergheim und geborne Graͤfin
von Iſenburg-Buͤdingen; dieſe beſchloß, ihre zwei juͤngern Soͤhne
nach Marburg zu ſchicken und ſie dort ſtudiren zu laſſen.
Endlich entſchloß ſie ſich ſelbſt, mit ihrer liebenswuͤrdigen Toch-
ter, der Comteſſe Karoline, ſo lang nach Marburg zu
ziehen, als ihr Sohn dort ſtudiren wuͤrde. Was dieſe chriſt-
liche Dame Stillingen und Eliſen geweſen iſt, wie man-
nigfaltig ihr zur Menſchenliebe geſchaffenes Herz auf Rath
und That bedacht war, das laͤßt ſich nicht beſchreiben. Sie
ſchloß ſich ſo ganz an den Prinzen Friedrich von Anhalt
und die Graͤfin Louiſe an; allen Dreien durften Stilling
und Eliſe alle ihre Leiden klagen und uͤber alle ihre Anlie-
gen vertraulich mit ihnen ausreden.
Das Jahr 1798 iſt in Stillings Geſchichte deßwegen
merkwuͤrdig, weil er in demſelben die Siegsgeſchichte der
chriſtlichen Religion in einer gemeinnuͤtzigen Er-
klaͤrung der Offenbarung Johannis ſchrieb und dann
mit ſeiner Eliſe die erſte bedeutende Reiſe machte.
Mit der Siegsgeſchichte hatte es folgende Bewandtniß:
die wichtigen Folgen, welche die franzoͤſiſche Revolution hatte,
und die Ereigniſſe, welche hin und wieder zum Vorſchein ka-
men, machten allenthalben auf die wahren Verehrer des Herrn,
die auf die Zeichen der Zeit merkten, einen tiefen Eindruck.
Verſchiedene fingen nun an, gewiſſe Stuͤcke aus der Offen-
barung Johannis auf dieſe Zeiten anzuwenden, ohne auf
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schrifte… [mehr]
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schriften erschienen. Für das DTA wurde aus Gründen der besseren Verfügbarkeit dieses Exemplar statt der Erstauflage (ersch. 1777-1804 bzw. 1817, in fünf bzw. sechs Einzelbänden) digitalisiert.
Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 505. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/513>, abgerufen am 22.11.2024.
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