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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835.

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leitet und mit Segen begleitet wurden, und was vollends
eine nähere Vereinigung bewirkte, das war ein Briefwechsel
mit einem würdigen und lieben Prediger aus der Brüderge-
meine, dem Bruder Erxleben, der damals in Bremen,
und hernach zu Norden in Ostfriesland das Lehramt
verwaltete, gegenwärtig aber Ehechorhelfer in Herrnhut ist.
Die Korrespondenz mit diesem lieben Mann dauert noch fort,
und wird wohl nicht eher aufhören, bis Einer von Beiden
zur oberen Gemeine abgerufen wird.

Stilling entdeckte also in dieser Gemeine eine wichtige
Anstalt zur vorbereitenden Gründung des Reichs Gottes; sie
schien ihm ein Seminarium desselben zu seyn, und diese Idee
gab ihm einen wichtigen Aufschluß über eine Haupt-Hiero-
glyphe der Apocalypse.

Der zweite Umstand, der Stilling zu einer so wichtigen
und kühnen Arbeit vorbereitete, war die große und ganz un-
erwartete Entdeckung in England, welche die merkwürdige
neue und große Missions-Anstalt zur Folge hatte. Diese Sache
war so auffallend und der Zeitpunkt ihres Entstehens so merk-
würdig, daß kein wahrer Christus-Verehrer gleichgiltig bleiben
konnte. In Stillings Gemüth aber bestärkt sie die Idee,
daß auch diese Anstalt ein Beweis von der schleunigen Annähe-
rung des Reichs Gottes sey; und allenthalben blickte der
wahre Christ nach dem großen goldnen Uhrzeiger an des Tem-
pels Zinnen, und wer blöde Augen hatte, der fragte den
Schärfersehenden: wie viel Uhr es sey? --

Ungeachtet aber, daß dieß Alles in Stillings Seele
vorging, so kam ihm doch kein Gedanke in den Sinn, sich
an die heilige Hieroglyphe der Apocalypse zu wagen, sondern
vielmehr im grauen Mann jeden für dieses Wagestück zu
warnen, weil so viele darüber zu Schanden geworden waren.
Allein so wie das Unerwartete in Stillings Führung al-
lenthalben Thema und Maxime der Vorsehung ist, so ging
es auch in diesem Fall:

An einem Sonntag Morgen, im März des 1798sten Jahrs,
beschloß Stilling, nicht in die Kirche zu gehen, sondern am
grauen Mann zu arbeiten, und besonders darinnen etwas Nütz-

leitet und mit Segen begleitet wurden, und was vollends
eine naͤhere Vereinigung bewirkte, das war ein Briefwechſel
mit einem wuͤrdigen und lieben Prediger aus der Bruͤderge-
meine, dem Bruder Erxleben, der damals in Bremen,
und hernach zu Norden in Oſtfriesland das Lehramt
verwaltete, gegenwaͤrtig aber Ehechorhelfer in Herrnhut iſt.
Die Korreſpondenz mit dieſem lieben Mann dauert noch fort,
und wird wohl nicht eher aufhoͤren, bis Einer von Beiden
zur oberen Gemeine abgerufen wird.

Stilling entdeckte alſo in dieſer Gemeine eine wichtige
Anſtalt zur vorbereitenden Gruͤndung des Reichs Gottes; ſie
ſchien ihm ein Seminarium deſſelben zu ſeyn, und dieſe Idee
gab ihm einen wichtigen Aufſchluß uͤber eine Haupt-Hiero-
glyphe der Apocalypſe.

Der zweite Umſtand, der Stilling zu einer ſo wichtigen
und kuͤhnen Arbeit vorbereitete, war die große und ganz un-
erwartete Entdeckung in England, welche die merkwuͤrdige
neue und große Miſſions-Anſtalt zur Folge hatte. Dieſe Sache
war ſo auffallend und der Zeitpunkt ihres Entſtehens ſo merk-
wuͤrdig, daß kein wahrer Chriſtus-Verehrer gleichgiltig bleiben
konnte. In Stillings Gemuͤth aber beſtaͤrkt ſie die Idee,
daß auch dieſe Anſtalt ein Beweis von der ſchleunigen Annaͤhe-
rung des Reichs Gottes ſey; und allenthalben blickte der
wahre Chriſt nach dem großen goldnen Uhrzeiger an des Tem-
pels Zinnen, und wer bloͤde Augen hatte, der fragte den
Schaͤrferſehenden: wie viel Uhr es ſey? —

Ungeachtet aber, daß dieß Alles in Stillings Seele
vorging, ſo kam ihm doch kein Gedanke in den Sinn, ſich
an die heilige Hieroglyphe der Apocalypſe zu wagen, ſondern
vielmehr im grauen Mann jeden fuͤr dieſes Wageſtuͤck zu
warnen, weil ſo viele daruͤber zu Schanden geworden waren.
Allein ſo wie das Unerwartete in Stillings Fuͤhrung al-
lenthalben Thema und Maxime der Vorſehung iſt, ſo ging
es auch in dieſem Fall:

An einem Sonntag Morgen, im Maͤrz des 1798ſten Jahrs,
beſchloß Stilling, nicht in die Kirche zu gehen, ſondern am
grauen Mann zu arbeiten, und beſonders darinnen etwas Nuͤtz-

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[507/0515] leitet und mit Segen begleitet wurden, und was vollends eine naͤhere Vereinigung bewirkte, das war ein Briefwechſel mit einem wuͤrdigen und lieben Prediger aus der Bruͤderge- meine, dem Bruder Erxleben, der damals in Bremen, und hernach zu Norden in Oſtfriesland das Lehramt verwaltete, gegenwaͤrtig aber Ehechorhelfer in Herrnhut iſt. Die Korreſpondenz mit dieſem lieben Mann dauert noch fort, und wird wohl nicht eher aufhoͤren, bis Einer von Beiden zur oberen Gemeine abgerufen wird. Stilling entdeckte alſo in dieſer Gemeine eine wichtige Anſtalt zur vorbereitenden Gruͤndung des Reichs Gottes; ſie ſchien ihm ein Seminarium deſſelben zu ſeyn, und dieſe Idee gab ihm einen wichtigen Aufſchluß uͤber eine Haupt-Hiero- glyphe der Apocalypſe. Der zweite Umſtand, der Stilling zu einer ſo wichtigen und kuͤhnen Arbeit vorbereitete, war die große und ganz un- erwartete Entdeckung in England, welche die merkwuͤrdige neue und große Miſſions-Anſtalt zur Folge hatte. Dieſe Sache war ſo auffallend und der Zeitpunkt ihres Entſtehens ſo merk- wuͤrdig, daß kein wahrer Chriſtus-Verehrer gleichgiltig bleiben konnte. In Stillings Gemuͤth aber beſtaͤrkt ſie die Idee, daß auch dieſe Anſtalt ein Beweis von der ſchleunigen Annaͤhe- rung des Reichs Gottes ſey; und allenthalben blickte der wahre Chriſt nach dem großen goldnen Uhrzeiger an des Tem- pels Zinnen, und wer bloͤde Augen hatte, der fragte den Schaͤrferſehenden: wie viel Uhr es ſey? — Ungeachtet aber, daß dieß Alles in Stillings Seele vorging, ſo kam ihm doch kein Gedanke in den Sinn, ſich an die heilige Hieroglyphe der Apocalypſe zu wagen, ſondern vielmehr im grauen Mann jeden fuͤr dieſes Wageſtuͤck zu warnen, weil ſo viele daruͤber zu Schanden geworden waren. Allein ſo wie das Unerwartete in Stillings Fuͤhrung al- lenthalben Thema und Maxime der Vorſehung iſt, ſo ging es auch in dieſem Fall: An einem Sonntag Morgen, im Maͤrz des 1798ſten Jahrs, beſchloß Stilling, nicht in die Kirche zu gehen, ſondern am grauen Mann zu arbeiten, und beſonders darinnen etwas Nuͤtz-

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Zitationshilfe: Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/515>, abgerufen am 22.11.2024.