Auge bis an ihren Tod; sie wenden allen ihren Verstand und alle ihre Kräfte an, den Zweck, wozu sie ihr Grundtrieb antreibt, zu erreichen. Z. B. der Eine hat eine unüberwindliche Neigung, einen Grundtrieb zu mechanischen Arbeiten; er ringt, strebt, arbeitet und erfindet so lang, bis er Kunstwerke hervorbringt, die den, der sie sieht, in Erstaunen setzen. Dieß ist nun der Fall mit allen Berufsarten, Künsten und Wissenschaften, in je- dem Fach findet man solche emporringende Menschen, man nennt sie große Männer, große Geister, Genie's, u. s. w. Vielen gelingt aber auch, bei aller ihrer Kraft und Stärke des Grundtriebs, alle ihre Mühe und Bestreben nicht, weil es nicht in den Plan der großen Weltregierung paßt; -- Vielen, auch solchen großen Geistern, die entsetzlich viel Böses in der Welt stiften, gelingts, und zwar darum, weil ihre Wirksamkeit mit ihren Folgen zu guten Zwecken gebraucht werden kann. Es ist also ausgemacht, und ganz gewiß, daß solche Menschen, wenig- stens größtentheils, selbst ihren Lebensplan gemacht und ausge- führt haben, und ihr Grundtrieb war ihnen natürlich. Man durchdenke den Lebensgang vieler großer und berühmter, guter und böser Männer, und dann wird man an dieser meiner Be- hauptung nicht mehr zweifeln können.
Jetzt ist nun das die eigentliche große -- die Hauptfrage: Bin ich ein solcher Mensch? -- ge- höre ich unter die eben bemerkte Klasse merkwür- diger Männer, die ihre Schicksale großentheils selbst bewirkt haben?
Wir wollen diese Frage auf's strengste und unparteiisch un- tersuchen und beantworten; es kommt also erstlich darauf an, ob ich wirklich einen solchen mächtigen Grundtrieb hatte? -- Allerdings -- Ja! ich hatte ihn, und habe ihn noch: er ist, weit ausgebreitet ins Große und Ganze gehende Wirksamkeit für Jesum Christum, seine Religion und sein Reich, -- aber man muß wohl bemerken, daß dieser Trieb ganz und gar nicht in meinem na- türlichen Charakter lag -- denn dieser ist vielmehr, ins Große und Ganze gehender höchst leichtsinniger Genuß physischer und geistiger sinnlicher Vergnü-
Auge bis an ihren Tod; ſie wenden allen ihren Verſtand und alle ihre Kraͤfte an, den Zweck, wozu ſie ihr Grundtrieb antreibt, zu erreichen. Z. B. der Eine hat eine unuͤberwindliche Neigung, einen Grundtrieb zu mechaniſchen Arbeiten; er ringt, ſtrebt, arbeitet und erfindet ſo lang, bis er Kunſtwerke hervorbringt, die den, der ſie ſieht, in Erſtaunen ſetzen. Dieß iſt nun der Fall mit allen Berufsarten, Kuͤnſten und Wiſſenſchaften, in je- dem Fach findet man ſolche emporringende Menſchen, man nennt ſie große Maͤnner, große Geiſter, Genie’s, u. ſ. w. Vielen gelingt aber auch, bei aller ihrer Kraft und Staͤrke des Grundtriebs, alle ihre Muͤhe und Beſtreben nicht, weil es nicht in den Plan der großen Weltregierung paßt; — Vielen, auch ſolchen großen Geiſtern, die entſetzlich viel Boͤſes in der Welt ſtiften, gelingts, und zwar darum, weil ihre Wirkſamkeit mit ihren Folgen zu guten Zwecken gebraucht werden kann. Es iſt alſo ausgemacht, und ganz gewiß, daß ſolche Menſchen, wenig- ſtens groͤßtentheils, ſelbſt ihren Lebensplan gemacht und ausge- fuͤhrt haben, und ihr Grundtrieb war ihnen natuͤrlich. Man durchdenke den Lebensgang vieler großer und beruͤhmter, guter und boͤſer Maͤnner, und dann wird man an dieſer meiner Be- hauptung nicht mehr zweifeln koͤnnen.
Jetzt iſt nun das die eigentliche große — die Hauptfrage: Bin ich ein ſolcher Menſch? — ge- hoͤre ich unter die eben bemerkte Klaſſe merkwuͤr- diger Maͤnner, die ihre Schickſale großentheils ſelbſt bewirkt haben?
Wir wollen dieſe Frage auf’s ſtrengſte und unparteiiſch un- terſuchen und beantworten; es kommt alſo erſtlich darauf an, ob ich wirklich einen ſolchen maͤchtigen Grundtrieb hatte? — Allerdings — Ja! ich hatte ihn, und habe ihn noch: er iſt, weit ausgebreitet ins Große und Ganze gehende Wirkſamkeit fuͤr Jeſum Chriſtum, ſeine Religion und ſein Reich, — aber man muß wohl bemerken, daß dieſer Trieb ganz und gar nicht in meinem na- tuͤrlichen Charakter lag — denn dieſer iſt vielmehr, ins Große und Ganze gehender hoͤchſt leichtſinniger Genuß phyſiſcher und geiſtiger ſinnlicher Vergnuͤ-
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Auge bis an ihren Tod; ſie wenden allen ihren Verſtand und
alle ihre Kraͤfte an, den Zweck, wozu ſie ihr Grundtrieb antreibt,
zu erreichen. Z. B. der Eine hat eine unuͤberwindliche Neigung,
einen Grundtrieb zu mechaniſchen Arbeiten; er ringt, ſtrebt,
arbeitet und erfindet ſo lang, bis er Kunſtwerke hervorbringt,
die den, der ſie ſieht, in Erſtaunen ſetzen. Dieß iſt nun der
Fall mit allen Berufsarten, Kuͤnſten und Wiſſenſchaften, in je-
dem Fach findet man ſolche emporringende Menſchen, man nennt
ſie große Maͤnner, große Geiſter, Genie’s, u. ſ. w.
Vielen gelingt aber auch, bei aller ihrer Kraft und Staͤrke des
Grundtriebs, alle ihre Muͤhe und Beſtreben nicht, weil es nicht
in den Plan der großen Weltregierung paßt; — Vielen, auch
ſolchen großen Geiſtern, die entſetzlich viel Boͤſes in der Welt
ſtiften, gelingts, und zwar darum, weil ihre Wirkſamkeit mit
ihren Folgen zu guten Zwecken gebraucht werden kann. Es iſt
alſo ausgemacht, und ganz gewiß, daß ſolche Menſchen, wenig-
ſtens groͤßtentheils, ſelbſt ihren Lebensplan gemacht und ausge-
fuͤhrt haben, und ihr Grundtrieb war ihnen natuͤrlich. Man
durchdenke den Lebensgang vieler großer und beruͤhmter, guter
und boͤſer Maͤnner, und dann wird man an dieſer meiner Be-
hauptung nicht mehr zweifeln koͤnnen.
Jetzt iſt nun das die eigentliche große — die
Hauptfrage: Bin ich ein ſolcher Menſch? — ge-
hoͤre ich unter die eben bemerkte Klaſſe merkwuͤr-
diger Maͤnner, die ihre Schickſale großentheils
ſelbſt bewirkt haben?
Wir wollen dieſe Frage auf’s ſtrengſte und unparteiiſch un-
terſuchen und beantworten; es kommt alſo erſtlich darauf an,
ob ich wirklich einen ſolchen maͤchtigen Grundtrieb
hatte? — Allerdings — Ja! ich hatte ihn, und habe ihn noch:
er iſt, weit ausgebreitet ins Große und Ganze
gehende Wirkſamkeit fuͤr Jeſum Chriſtum, ſeine
Religion und ſein Reich, — aber man muß wohl bemerken,
daß dieſer Trieb ganz und gar nicht in meinem na-
tuͤrlichen Charakter lag — denn dieſer iſt vielmehr, ins
Große und Ganze gehender hoͤchſt leichtſinniger
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schrifte… [mehr]
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schriften erschienen. Für das DTA wurde aus Gründen der besseren Verfügbarkeit dieses Exemplar statt der Erstauflage (ersch. 1777-1804 bzw. 1817, in fünf bzw. sechs Einzelbänden) digitalisiert.
Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 586. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/594>, abgerufen am 22.11.2024.
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