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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779.

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Allgemeine
den: daß ihr Verstand alle Wahrheiten,
die zu ihrer zeitlichen und ewigen Glück-
seligkeit nüzlich und nöthig sind, wissen
und begreifen möge, und daß ihr Wil-
len und Herz geleitet werde, die Schön-
heit und Güte dieser Wahrheiten zu em-
pfinden, und ihnen mit Lust zu folgen.

§. 402. Ein jeder Mensch, wenigstens der
gesittete, hat einen Begrif von der Schul-
digkeit, Gott zu dienen, um zeitlich und ewig
glückselig zu werden. Das ist: er hat eine
Religion. Da aber nun die Religion einen
wesentlichen Einfluß in die Handlungen der
Menschen hat, und der Begrif von dersel-
ben einen grosen Theil der Wirksamkeit des
Menschen leitet, so kann der Religionsbe-
grif, je nachdem er beschaffen ist, einen
Menschen zeitlich und ewig glücklich, oder
unglücklich machen. Es gibt wahre und
falsche Religionsbegriffe.

§. 403. Wenn ein Mensch einen fal-
schen Religionsbegrif hat, so kann ihn
die gesezgebende Gewalt nicht zwingen,
einen wahren zu haben, indem er einen

fal-

Allgemeine
den: daß ihr Verſtand alle Wahrheiten,
die zu ihrer zeitlichen und ewigen Gluͤck-
ſeligkeit nuͤzlich und noͤthig ſind, wiſſen
und begreifen moͤge, und daß ihr Wil-
len und Herz geleitet werde, die Schoͤn-
heit und Guͤte dieſer Wahrheiten zu em-
pfinden, und ihnen mit Luſt zu folgen.

§. 402. Ein jeder Menſch, wenigſtens der
geſittete, hat einen Begrif von der Schul-
digkeit, Gott zu dienen, um zeitlich und ewig
gluͤckſelig zu werden. Das iſt: er hat eine
Religion. Da aber nun die Religion einen
weſentlichen Einfluß in die Handlungen der
Menſchen hat, und der Begrif von derſel-
ben einen groſen Theil der Wirkſamkeit des
Menſchen leitet, ſo kann der Religionsbe-
grif, je nachdem er beſchaffen iſt, einen
Menſchen zeitlich und ewig gluͤcklich, oder
ungluͤcklich machen. Es gibt wahre und
falſche Religionsbegriffe.

§. 403. Wenn ein Menſch einen fal-
ſchen Religionsbegrif hat, ſo kann ihn
die geſezgebende Gewalt nicht zwingen,
einen wahren zu haben, indem er einen

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[200/0220] Allgemeine den: daß ihr Verſtand alle Wahrheiten, die zu ihrer zeitlichen und ewigen Gluͤck- ſeligkeit nuͤzlich und noͤthig ſind, wiſſen und begreifen moͤge, und daß ihr Wil- len und Herz geleitet werde, die Schoͤn- heit und Guͤte dieſer Wahrheiten zu em- pfinden, und ihnen mit Luſt zu folgen. §. 402. Ein jeder Menſch, wenigſtens der geſittete, hat einen Begrif von der Schul- digkeit, Gott zu dienen, um zeitlich und ewig gluͤckſelig zu werden. Das iſt: er hat eine Religion. Da aber nun die Religion einen weſentlichen Einfluß in die Handlungen der Menſchen hat, und der Begrif von derſel- ben einen groſen Theil der Wirkſamkeit des Menſchen leitet, ſo kann der Religionsbe- grif, je nachdem er beſchaffen iſt, einen Menſchen zeitlich und ewig gluͤcklich, oder ungluͤcklich machen. Es gibt wahre und falſche Religionsbegriffe. §. 403. Wenn ein Menſch einen fal- ſchen Religionsbegrif hat, ſo kann ihn die geſezgebende Gewalt nicht zwingen, einen wahren zu haben, indem er einen fal-

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Zitationshilfe: Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jungstilling_versuch_1779/220>, abgerufen am 21.11.2024.