§. 464. Die Staatsbedürfnisse sind theils äusere und innere, die äuseren sind zweier- lei: sie beziehen sich entweder auf Krieg oder auf Frieden. Wenn ein Staat sein Eigen- thum gegen gewaltsame Eingriffe fremder Staaten beschüzen muß, so wird dazu ein Kriegsheer erfodert: da nun ein Staat vor gewaltthätigen Eingriffen nie sicher ist, so muß ein fortdauerndes Kriegsheer unterhal- ten werden.
§. 465. Die Unterhaltung des Kriegshee- res kommt nicht dem Fürsten, sondern dem Staate zu, und soll aus den Steuern be- stritten werden. Hier hat nun der Staats- wirth dahin zu sehen, daß niemal die Zahl der Soldaten die Nothdurft übersteige, sondern daß vielmehr das Heer, so viel möglich, aus lauter wackern und aus- gesuchten Leuten bestehe, und alle sollen auf die nüzlichste Weise besoldet und un- terhalten werden.
§. 466. Auch die innere Verfassung des Staates, der Schuz des Fürsten und der Staatsbürger, erfodern eine Anzahl Solda-
ten,
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Staatswiſſenſchaft
§. 464. Die Staatsbeduͤrfniſſe ſind theils aͤuſere und innere, die aͤuſeren ſind zweier- lei: ſie beziehen ſich entweder auf Krieg oder auf Frieden. Wenn ein Staat ſein Eigen- thum gegen gewaltſame Eingriffe fremder Staaten beſchuͤzen muß, ſo wird dazu ein Kriegsheer erfodert: da nun ein Staat vor gewaltthaͤtigen Eingriffen nie ſicher iſt, ſo muß ein fortdauerndes Kriegsheer unterhal- ten werden.
§. 465. Die Unterhaltung des Kriegshee- res kommt nicht dem Fuͤrſten, ſondern dem Staate zu, und ſoll aus den Steuern be- ſtritten werden. Hier hat nun der Staats- wirth dahin zu ſehen, daß niemal die Zahl der Soldaten die Nothdurft uͤberſteige, ſondern daß vielmehr das Heer, ſo viel moͤglich, aus lauter wackern und aus- geſuchten Leuten beſtehe, und alle ſollen auf die nuͤzlichſte Weiſe beſoldet und un- terhalten werden.
§. 466. Auch die innere Verfaſſung des Staates, der Schuz des Fuͤrſten und der Staatsbuͤrger, erfodern eine Anzahl Solda-
ten,
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Staatswiſſenſchaft
§. 464. Die Staatsbeduͤrfniſſe ſind theils
aͤuſere und innere, die aͤuſeren ſind zweier-
lei: ſie beziehen ſich entweder auf Krieg oder
auf Frieden. Wenn ein Staat ſein Eigen-
thum gegen gewaltſame Eingriffe fremder
Staaten beſchuͤzen muß, ſo wird dazu ein
Kriegsheer erfodert: da nun ein Staat vor
gewaltthaͤtigen Eingriffen nie ſicher iſt, ſo
muß ein fortdauerndes Kriegsheer unterhal-
ten werden.
§. 465. Die Unterhaltung des Kriegshee-
res kommt nicht dem Fuͤrſten, ſondern dem
Staate zu, und ſoll aus den Steuern be-
ſtritten werden. Hier hat nun der Staats-
wirth dahin zu ſehen, daß niemal die Zahl
der Soldaten die Nothdurft uͤberſteige,
ſondern daß vielmehr das Heer, ſo viel
moͤglich, aus lauter wackern und aus-
geſuchten Leuten beſtehe, und alle ſollen
auf die nuͤzlichſte Weiſe beſoldet und un-
terhalten werden.
§. 466. Auch die innere Verfaſſung des
Staates, der Schuz des Fuͤrſten und der
Staatsbuͤrger, erfodern eine Anzahl Solda-
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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jungstilling_versuch_1779/251>, abgerufen am 16.07.2024.
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