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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Vollständige Abhandlung von denen Manufacuren und Fabriken. Bd. 1. Kopenhagen, 1758.

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IV. Absch. von denen Hindernissen
sprochenes Wort hat hier eine ungemeine Wirkung.
Als ein gewisser großer Monarch eine neu angelegte
Seidenmanufactur mit seiner ganzen Familie und Hof-
statt in Augenschein nahm: so sagte er in Gegenwart
vieler Damen: Nun, das ist gewiß ein vortreflicher
Anfang. Alles wird nunmehr darauf ankommen,
daß sich einige Damen den Kopf zu recht rücken und
daß sie nicht glauben, eine Blume sey besser, weil sie in
andern Ländern gewirket ist. Diese Rede schlug die
Liebe zu dem Ausländischen bey den meisten Damen
gar sehr darnieder.

Der hohe
Preiß aller
Dinge hin-
dert gleich-
falls das
Aufkommen
der Manu-
facturen.

Jch habe schon öfters erinnert, daß der hohe Preiß
der Lebensmittel dem guten Fortgange der Manufactu-
ren und Fabriken sehr nachtheilig ist. Eben dieses muß
man von dem hohen Preiße aller andern nöthigen
Dinge behaupten. Wenn der Manufacturier und Fa-
brikant alle Handwerksleute und Arbeiter, die er nöthig
hat, sehr theuer bezahlen muß; so muß er nothwendig
seine Waaren gleichfalls theuer geben, wenn er beste-
hen will. Diese Theurung aller Dinge ist öfters dem
Aufkommen der Manufacturen am meisten hinderlich.
Es fragt sich, woher dieselbe entstehet. Gemeiniglich
glaubt man, daß ein Land, wo alle Dinge theuer sind,
sehr viel Geld habe. Allein diese Ursache will sich in
vielen Staaten nicht durch die Erfahrung bestätigen.
Man wird öfters in solchen Staaten, wo alles theuer
ist, durch unläugbare Gründe und Erfahrungen überzeu-
get, daß dem ohngeachtet wenig Geld im Lande ist.

Es

IV. Abſch. von denen Hinderniſſen
ſprochenes Wort hat hier eine ungemeine Wirkung.
Als ein gewiſſer großer Monarch eine neu angelegte
Seidenmanufactur mit ſeiner ganzen Familie und Hof-
ſtatt in Augenſchein nahm: ſo ſagte er in Gegenwart
vieler Damen: Nun, das iſt gewiß ein vortreflicher
Anfang. Alles wird nunmehr darauf ankommen,
daß ſich einige Damen den Kopf zu recht ruͤcken und
daß ſie nicht glauben, eine Blume ſey beſſer, weil ſie in
andern Laͤndern gewirket iſt. Dieſe Rede ſchlug die
Liebe zu dem Auslaͤndiſchen bey den meiſten Damen
gar ſehr darnieder.

Der hohe
Preiß aller
Dinge hin-
dert gleich-
falls das
Aufkommen
der Manu-
facturen.

Jch habe ſchon oͤfters erinnert, daß der hohe Preiß
der Lebensmittel dem guten Fortgange der Manufactu-
ren und Fabriken ſehr nachtheilig iſt. Eben dieſes muß
man von dem hohen Preiße aller andern noͤthigen
Dinge behaupten. Wenn der Manufacturier und Fa-
brikant alle Handwerksleute und Arbeiter, die er noͤthig
hat, ſehr theuer bezahlen muß; ſo muß er nothwendig
ſeine Waaren gleichfalls theuer geben, wenn er beſte-
hen will. Dieſe Theurung aller Dinge iſt oͤfters dem
Aufkommen der Manufacturen am meiſten hinderlich.
Es fragt ſich, woher dieſelbe entſtehet. Gemeiniglich
glaubt man, daß ein Land, wo alle Dinge theuer ſind,
ſehr viel Geld habe. Allein dieſe Urſache will ſich in
vielen Staaten nicht durch die Erfahrung beſtaͤtigen.
Man wird oͤfters in ſolchen Staaten, wo alles theuer
iſt, durch unlaͤugbare Gruͤnde und Erfahrungen uͤberzeu-
get, daß dem ohngeachtet wenig Geld im Lande iſt.

Es
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[184/0212] IV. Abſch. von denen Hinderniſſen ſprochenes Wort hat hier eine ungemeine Wirkung. Als ein gewiſſer großer Monarch eine neu angelegte Seidenmanufactur mit ſeiner ganzen Familie und Hof- ſtatt in Augenſchein nahm: ſo ſagte er in Gegenwart vieler Damen: Nun, das iſt gewiß ein vortreflicher Anfang. Alles wird nunmehr darauf ankommen, daß ſich einige Damen den Kopf zu recht ruͤcken und daß ſie nicht glauben, eine Blume ſey beſſer, weil ſie in andern Laͤndern gewirket iſt. Dieſe Rede ſchlug die Liebe zu dem Auslaͤndiſchen bey den meiſten Damen gar ſehr darnieder. Jch habe ſchon oͤfters erinnert, daß der hohe Preiß der Lebensmittel dem guten Fortgange der Manufactu- ren und Fabriken ſehr nachtheilig iſt. Eben dieſes muß man von dem hohen Preiße aller andern noͤthigen Dinge behaupten. Wenn der Manufacturier und Fa- brikant alle Handwerksleute und Arbeiter, die er noͤthig hat, ſehr theuer bezahlen muß; ſo muß er nothwendig ſeine Waaren gleichfalls theuer geben, wenn er beſte- hen will. Dieſe Theurung aller Dinge iſt oͤfters dem Aufkommen der Manufacturen am meiſten hinderlich. Es fragt ſich, woher dieſelbe entſtehet. Gemeiniglich glaubt man, daß ein Land, wo alle Dinge theuer ſind, ſehr viel Geld habe. Allein dieſe Urſache will ſich in vielen Staaten nicht durch die Erfahrung beſtaͤtigen. Man wird oͤfters in ſolchen Staaten, wo alles theuer iſt, durch unlaͤugbare Gruͤnde und Erfahrungen uͤberzeu- get, daß dem ohngeachtet wenig Geld im Lande iſt. Es

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Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Vollständige Abhandlung von denen Manufacuren und Fabriken. Bd. 1. Kopenhagen, 1758, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_abhandlung01_1758/212>, abgerufen am 23.11.2024.