Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

V. Abschn. Von der ehemahligen Veränderung
vorhergegangene Vorfälle, die hierzu Gelegenheit ge-
geben haben, aber nur unrecht angewendet und aus-
gedeutet seyn mochten, angenommen haben sollten.
Vermuthlich hatten sie von Vorfällen gehöret, wo-
durch ihres Erachtens noch in dem Laufe der Sonne
und in dem Stande der Firsterne Veränderungen vor-
gegangen waren, die sie denn auf keine andere Art,
als durch einen besondern Umlauf des Himmels zu er-
klähren wußten.

Man findet eine Nachricht bey dem Herodot, die
in unserer gegenwärtigen Betrachtung viele Aufmerk-
samkeit verdienet. Als Herodot sich in Egypten zu
Theben befand; so wurde er von denen Priestern des
dasigen berühmten Tempels mit der egyptischen Ge-
schichte unterhalten. Die Priester theilten die egypti-
sche Geschichte in zwey große Zeiträume ein, nämlich
in die ungewisse oder fabelhafte Geschichte, und in
die zuverläßige und gewisse, die auf sichern, unge-
zweifelten und in dem Tempel befindlichen Uhrkun-
den und Denkmählern beruhete, welche sie dem Hero-
dot
alle vorzeigten. Die ungewisse Geschichte von
Egypten war diejenige, da die Götter und Halbgötter
in Egypten regieret haben sollten, und welche nach der
Meynung der Priester einen Zeitraum von etlichen
hunderttausend Jahren ausmachte. Die gewisse Ge-
schichte von Egypten erstreckte sich in einem Zeitlauf
von etwas mehr als eilftausend Jahren. Sie versi-
cherten den Herodot, daß binnen dieser Zeit Egy-
pten allezeit von Königen aus menschlicher Abkunft,
die keinesweges von denen Göttern herstammeten, re-
gieret worden sey. Sie zeigeten ihm alle Bildnisse

und

V. Abſchn. Von der ehemahligen Veraͤnderung
vorhergegangene Vorfaͤlle, die hierzu Gelegenheit ge-
geben haben, aber nur unrecht angewendet und aus-
gedeutet ſeyn mochten, angenommen haben ſollten.
Vermuthlich hatten ſie von Vorfaͤllen gehoͤret, wo-
durch ihres Erachtens noch in dem Laufe der Sonne
und in dem Stande der Firſterne Veraͤnderungen vor-
gegangen waren, die ſie denn auf keine andere Art,
als durch einen beſondern Umlauf des Himmels zu er-
klaͤhren wußten.

Man findet eine Nachricht bey dem Herodot, die
in unſerer gegenwaͤrtigen Betrachtung viele Aufmerk-
ſamkeit verdienet. Als Herodot ſich in Egypten zu
Theben befand; ſo wurde er von denen Prieſtern des
daſigen beruͤhmten Tempels mit der egyptiſchen Ge-
ſchichte unterhalten. Die Prieſter theilten die egypti-
ſche Geſchichte in zwey große Zeitraͤume ein, naͤmlich
in die ungewiſſe oder fabelhafte Geſchichte, und in
die zuverlaͤßige und gewiſſe, die auf ſichern, unge-
zweifelten und in dem Tempel befindlichen Uhrkun-
den und Denkmaͤhlern beruhete, welche ſie dem Hero-
dot
alle vorzeigten. Die ungewiſſe Geſchichte von
Egypten war diejenige, da die Goͤtter und Halbgoͤtter
in Egypten regieret haben ſollten, und welche nach der
Meynung der Prieſter einen Zeitraum von etlichen
hunderttauſend Jahren ausmachte. Die gewiſſe Ge-
ſchichte von Egypten erſtreckte ſich in einem Zeitlauf
von etwas mehr als eilftauſend Jahren. Sie verſi-
cherten den Herodot, daß binnen dieſer Zeit Egy-
pten allezeit von Koͤnigen aus menſchlicher Abkunft,
die keinesweges von denen Goͤttern herſtammeten, re-
gieret worden ſey. Sie zeigeten ihm alle Bildniſſe

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0204" n="176"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">V.</hi> Ab&#x017F;chn. Von der ehemahligen Vera&#x0364;nderung</hi></fw><lb/>
vorhergegangene Vorfa&#x0364;lle, die hierzu Gelegenheit ge-<lb/>
geben haben, aber nur unrecht angewendet und aus-<lb/>
gedeutet &#x017F;eyn mochten, angenommen haben &#x017F;ollten.<lb/>
Vermuthlich hatten &#x017F;ie von Vorfa&#x0364;llen geho&#x0364;ret, wo-<lb/>
durch ihres Erachtens noch in dem Laufe der Sonne<lb/>
und in dem Stande der Fir&#x017F;terne Vera&#x0364;nderungen vor-<lb/>
gegangen waren, die &#x017F;ie denn auf keine andere Art,<lb/>
als durch einen be&#x017F;ondern Umlauf des Himmels zu er-<lb/>
kla&#x0364;hren wußten.</p><lb/>
          <p>Man findet eine Nachricht bey dem <hi rendition="#fr">Herodot,</hi> die<lb/>
in un&#x017F;erer gegenwa&#x0364;rtigen Betrachtung viele Aufmerk-<lb/>
&#x017F;amkeit verdienet. Als <hi rendition="#fr">Herodot</hi> &#x017F;ich in Egypten zu<lb/>
Theben befand; &#x017F;o wurde er von denen Prie&#x017F;tern des<lb/>
da&#x017F;igen beru&#x0364;hmten Tempels mit der egypti&#x017F;chen Ge-<lb/>
&#x017F;chichte unterhalten. Die Prie&#x017F;ter theilten die egypti-<lb/>
&#x017F;che Ge&#x017F;chichte in zwey große Zeitra&#x0364;ume ein, na&#x0364;mlich<lb/>
in die ungewi&#x017F;&#x017F;e oder fabelhafte Ge&#x017F;chichte, und in<lb/>
die zuverla&#x0364;ßige und gewi&#x017F;&#x017F;e, die auf &#x017F;ichern, unge-<lb/>
zweifelten und in dem Tempel befindlichen Uhrkun-<lb/>
den und Denkma&#x0364;hlern beruhete, welche &#x017F;ie dem <hi rendition="#fr">Hero-<lb/>
dot</hi> alle vorzeigten. Die ungewi&#x017F;&#x017F;e Ge&#x017F;chichte von<lb/>
Egypten war diejenige, da die Go&#x0364;tter und Halbgo&#x0364;tter<lb/>
in Egypten regieret haben &#x017F;ollten, und welche nach der<lb/>
Meynung der Prie&#x017F;ter einen Zeitraum von etlichen<lb/>
hunderttau&#x017F;end Jahren ausmachte. Die gewi&#x017F;&#x017F;e Ge-<lb/>
&#x017F;chichte von Egypten er&#x017F;treckte &#x017F;ich in einem Zeitlauf<lb/>
von etwas mehr als eilftau&#x017F;end Jahren. Sie ver&#x017F;i-<lb/>
cherten den <hi rendition="#fr">Herodot,</hi> daß binnen die&#x017F;er Zeit Egy-<lb/>
pten allezeit von Ko&#x0364;nigen aus men&#x017F;chlicher Abkunft,<lb/>
die keinesweges von denen Go&#x0364;ttern her&#x017F;tammeten, re-<lb/>
gieret worden &#x017F;ey. Sie zeigeten ihm alle Bildni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[176/0204] V. Abſchn. Von der ehemahligen Veraͤnderung vorhergegangene Vorfaͤlle, die hierzu Gelegenheit ge- geben haben, aber nur unrecht angewendet und aus- gedeutet ſeyn mochten, angenommen haben ſollten. Vermuthlich hatten ſie von Vorfaͤllen gehoͤret, wo- durch ihres Erachtens noch in dem Laufe der Sonne und in dem Stande der Firſterne Veraͤnderungen vor- gegangen waren, die ſie denn auf keine andere Art, als durch einen beſondern Umlauf des Himmels zu er- klaͤhren wußten. Man findet eine Nachricht bey dem Herodot, die in unſerer gegenwaͤrtigen Betrachtung viele Aufmerk- ſamkeit verdienet. Als Herodot ſich in Egypten zu Theben befand; ſo wurde er von denen Prieſtern des daſigen beruͤhmten Tempels mit der egyptiſchen Ge- ſchichte unterhalten. Die Prieſter theilten die egypti- ſche Geſchichte in zwey große Zeitraͤume ein, naͤmlich in die ungewiſſe oder fabelhafte Geſchichte, und in die zuverlaͤßige und gewiſſe, die auf ſichern, unge- zweifelten und in dem Tempel befindlichen Uhrkun- den und Denkmaͤhlern beruhete, welche ſie dem Hero- dot alle vorzeigten. Die ungewiſſe Geſchichte von Egypten war diejenige, da die Goͤtter und Halbgoͤtter in Egypten regieret haben ſollten, und welche nach der Meynung der Prieſter einen Zeitraum von etlichen hunderttauſend Jahren ausmachte. Die gewiſſe Ge- ſchichte von Egypten erſtreckte ſich in einem Zeitlauf von etwas mehr als eilftauſend Jahren. Sie verſi- cherten den Herodot, daß binnen dieſer Zeit Egy- pten allezeit von Koͤnigen aus menſchlicher Abkunft, die keinesweges von denen Goͤttern herſtammeten, re- gieret worden ſey. Sie zeigeten ihm alle Bildniſſe und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/204
Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/204>, abgerufen am 21.11.2024.