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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

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Einleitung.
darf derselbe doch nur aufmerksame Betrachtungen auf
diesen Gegenstand richten, um gar bald zu entdecken, daß
nicht allein die Unermeßlichkeit, sondern sogar die Un-
endlichkeit, zu den wesentlichen Eigenschaften des Welt-
gebäudes gehöret; weil sich ein endliches und durch ge-
wisse Schranken eingeschlossenes Weltgebäude gar nicht
gedenken läßt. So bald man sich dergleichen Schran-
ken vorstellen will; so bald erkennet man auch ihre Ohn-
möglichkeit. Ein endlicher und eingeschränkter Geist
ist weder durch sich selbst, noch durch seine Macht, im
geringsten fähig, das Weltgebäude einzuschränken;
es müßte also der selbstständige, unendliche und ewige
Geist selbst seyn, welcher das Weltgebäude auf irgend
oinige Art einschränke. Allein, durch sich selbst und
durch sein Wesen kann diese Einschränkung nicht statt
finden. Er ist selbst unendlich; er müßte also Mate-
rien erschaffen, welche das Weltgebäude einschränkten;
allein zu diesen Materien müßte ein Raum vorhanden
seyn. Materien ohne Raum und Orth lassen sich gar
nicht gedenken. Folglich würde bey einer solchen Ein-
schränkung der Raum dennoch immer fortgehen; und
womit sollte die Materie begränzet werden, womit der
unendliche Geist die Endlichkeit des Weltgebäudes be-
stimmet hätte? Man würde neue Materien zu den
Gränzen der ersten, und hierzu abermals Raum an-
nehmen müssen; und das würde so ohne Ende fortge-
hen, so, daß der unendliche Geist durch Bestimmung
der Gränzen des Weltgebäudes nichts gethan haben
würde, als immer neue unendliche Weltgebäude zu
den ersten hinzuzufügen. Hieraus folget also unwider-
sprechlich, daß wenigstens der Raum des Weltgebäudes
unendlich seyn müsse.

Die

Einleitung.
darf derſelbe doch nur aufmerkſame Betrachtungen auf
dieſen Gegenſtand richten, um gar bald zu entdecken, daß
nicht allein die Unermeßlichkeit, ſondern ſogar die Un-
endlichkeit, zu den weſentlichen Eigenſchaften des Welt-
gebaͤudes gehoͤret; weil ſich ein endliches und durch ge-
wiſſe Schranken eingeſchloſſenes Weltgebaͤude gar nicht
gedenken laͤßt. So bald man ſich dergleichen Schran-
ken vorſtellen will; ſo bald erkennet man auch ihre Ohn-
moͤglichkeit. Ein endlicher und eingeſchraͤnkter Geiſt
iſt weder durch ſich ſelbſt, noch durch ſeine Macht, im
geringſten faͤhig, das Weltgebaͤude einzuſchraͤnken;
es muͤßte alſo der ſelbſtſtaͤndige, unendliche und ewige
Geiſt ſelbſt ſeyn, welcher das Weltgebaͤude auf irgend
oinige Art einſchraͤnke. Allein, durch ſich ſelbſt und
durch ſein Weſen kann dieſe Einſchraͤnkung nicht ſtatt
finden. Er iſt ſelbſt unendlich; er muͤßte alſo Mate-
rien erſchaffen, welche das Weltgebaͤude einſchraͤnkten;
allein zu dieſen Materien muͤßte ein Raum vorhanden
ſeyn. Materien ohne Raum und Orth laſſen ſich gar
nicht gedenken. Folglich wuͤrde bey einer ſolchen Ein-
ſchraͤnkung der Raum dennoch immer fortgehen; und
womit ſollte die Materie begraͤnzet werden, womit der
unendliche Geiſt die Endlichkeit des Weltgebaͤudes be-
ſtimmet haͤtte? Man wuͤrde neue Materien zu den
Graͤnzen der erſten, und hierzu abermals Raum an-
nehmen muͤſſen; und das wuͤrde ſo ohne Ende fortge-
hen, ſo, daß der unendliche Geiſt durch Beſtimmung
der Graͤnzen des Weltgebaͤudes nichts gethan haben
wuͤrde, als immer neue unendliche Weltgebaͤude zu
den erſten hinzuzufuͤgen. Hieraus folget alſo unwider-
ſprechlich, daß wenigſtens der Raum des Weltgebaͤudes
unendlich ſeyn muͤſſe.

Die
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[6/0034] Einleitung. darf derſelbe doch nur aufmerkſame Betrachtungen auf dieſen Gegenſtand richten, um gar bald zu entdecken, daß nicht allein die Unermeßlichkeit, ſondern ſogar die Un- endlichkeit, zu den weſentlichen Eigenſchaften des Welt- gebaͤudes gehoͤret; weil ſich ein endliches und durch ge- wiſſe Schranken eingeſchloſſenes Weltgebaͤude gar nicht gedenken laͤßt. So bald man ſich dergleichen Schran- ken vorſtellen will; ſo bald erkennet man auch ihre Ohn- moͤglichkeit. Ein endlicher und eingeſchraͤnkter Geiſt iſt weder durch ſich ſelbſt, noch durch ſeine Macht, im geringſten faͤhig, das Weltgebaͤude einzuſchraͤnken; es muͤßte alſo der ſelbſtſtaͤndige, unendliche und ewige Geiſt ſelbſt ſeyn, welcher das Weltgebaͤude auf irgend oinige Art einſchraͤnke. Allein, durch ſich ſelbſt und durch ſein Weſen kann dieſe Einſchraͤnkung nicht ſtatt finden. Er iſt ſelbſt unendlich; er muͤßte alſo Mate- rien erſchaffen, welche das Weltgebaͤude einſchraͤnkten; allein zu dieſen Materien muͤßte ein Raum vorhanden ſeyn. Materien ohne Raum und Orth laſſen ſich gar nicht gedenken. Folglich wuͤrde bey einer ſolchen Ein- ſchraͤnkung der Raum dennoch immer fortgehen; und womit ſollte die Materie begraͤnzet werden, womit der unendliche Geiſt die Endlichkeit des Weltgebaͤudes be- ſtimmet haͤtte? Man wuͤrde neue Materien zu den Graͤnzen der erſten, und hierzu abermals Raum an- nehmen muͤſſen; und das wuͤrde ſo ohne Ende fortge- hen, ſo, daß der unendliche Geiſt durch Beſtimmung der Graͤnzen des Weltgebaͤudes nichts gethan haben wuͤrde, als immer neue unendliche Weltgebaͤude zu den erſten hinzuzufuͤgen. Hieraus folget alſo unwider- ſprechlich, daß wenigſtens der Raum des Weltgebaͤudes unendlich ſeyn muͤſſe. Die

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Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/34>, abgerufen am 21.11.2024.