Die Bedingungen der Uebergabe waren die ehrenvollsten die je Belagerten zugestanden worden sind, sie waren sehr gegen das Gefühl des Heers, und Spinola war durch einen aufgefan- genen Brief von der äussersten Noth der Besatzung unterrichtet. Er glaubte ihre Tapferkeit und Ausdauer verdiene diese Aner- kennung; die Erwägung der Wechsel des Kriegsglücks, die Er- innerung an die frühere Mässigung des Oraniers gab den Aus- schlag. Der greise Gouverneur Justin von Nassau, ein natür- licher Bruder Morizens, mit allen Offizieren und Soldaten "sollen, wie tapfern Kriegsleuten gebührt, ausziehen mit ihrem vollen Gewehr und in guter Ordnung; das Fussvolk mit fliegenden Fahnen und Trommelschlag, Kugel im Munde, mit brennenden Lunten; die Reiterei mit fliegenden Cornetten, Trompetenschall, gewaffnet und beritten, wie im Feldzug." Auch wurden vier Kanonen und zwei Mörser bewilligt; alles Mobiliar der Oranier; Amnestie für die Bürger u. s. w.
Diese Kapitulation wurde am 2. Juni 1625 unterzeichnet, der Auszug und die Uebergabe der Schlüssel fand am 5. statt. Die Besatzung, der Gouverneur zu Pferde, verliess die Stadt durch das Thor von Herzogenbusch; den Marsch eröffnete und schloss die Reiterei, die aber fast alle Pferde verloren hatte. Sonst be- fanden sich die Leute in sehr gutem Stand, ja sie machten eine bessere Figur als die Belagerer 1). Der Zug ging nach dem Quartier des Barons von Balancon, dessen Befestigungslinie man für den Zweck durchbrochen hatte. Hier erwartete Spinola den Kommandanten, umgeben von Fürsten, Edelleuten und Offizieren zu Pferd. Die Ceremonie erfolgte wie sie auf unserm Bilde dargestellt ist. --
Einem solchen Ereignisse musste ein langnachhallendes Echo folgen. Schon bei der Eröffnung der Belagerung war man be- dacht gewesen, die schnellem Vorgehen gewidmeten Schöpfungen der Angriffs- und Vertheidigungstechnik durch die zeichnenden Künste der Nachwelt zu erhalten. Auf den Wunsch der Statt- halterin Isabella war Jacques Callot von Nancy ins Lager be- rufen worden. Hier sammelte er die jetzt in der Albertina zu Wien aufbewahrten Skizzen zu seinem grössten Kriegsbild, das jedoch wesentlich eine topographische, sicher unter Anleitung der dor- tigen Ingenieure gefertigte Darstellung ist 2).
1) Egregia sane manus, seu corpora spectares, seu arma; maiorque quam in nostris splendor. Hugo 119.
2) Le Siege de Breda . . lesquelles (planches) ont ete heureusement retrou-
Die Uebergabe von Breda.
Die Bedingungen der Uebergabe waren die ehrenvollsten die je Belagerten zugestanden worden sind, sie waren sehr gegen das Gefühl des Heers, und Spinola war durch einen aufgefan- genen Brief von der äussersten Noth der Besatzung unterrichtet. Er glaubte ihre Tapferkeit und Ausdauer verdiene diese Aner- kennung; die Erwägung der Wechsel des Kriegsglücks, die Er- innerung an die frühere Mässigung des Oraniers gab den Aus- schlag. Der greise Gouverneur Justin von Nassau, ein natür- licher Bruder Morizens, mit allen Offizieren und Soldaten „sollen, wie tapfern Kriegsleuten gebührt, ausziehen mit ihrem vollen Gewehr und in guter Ordnung; das Fussvolk mit fliegenden Fahnen und Trommelschlag, Kugel im Munde, mit brennenden Lunten; die Reiterei mit fliegenden Cornetten, Trompetenschall, gewaffnet und beritten, wie im Feldzug.“ Auch wurden vier Kanonen und zwei Mörser bewilligt; alles Mobiliar der Oranier; Amnestie für die Bürger u. s. w.
Diese Kapitulation wurde am 2. Juni 1625 unterzeichnet, der Auszug und die Uebergabe der Schlüssel fand am 5. statt. Die Besatzung, der Gouverneur zu Pferde, verliess die Stadt durch das Thor von Herzogenbusch; den Marsch eröffnete und schloss die Reiterei, die aber fast alle Pferde verloren hatte. Sonst be- fanden sich die Leute in sehr gutem Stand, ja sie machten eine bessere Figur als die Belagerer 1). Der Zug ging nach dem Quartier des Barons von Balançon, dessen Befestigungslinie man für den Zweck durchbrochen hatte. Hier erwartete Spinola den Kommandanten, umgeben von Fürsten, Edelleuten und Offizieren zu Pferd. Die Ceremonie erfolgte wie sie auf unserm Bilde dargestellt ist. —
Einem solchen Ereignisse musste ein langnachhallendes Echo folgen. Schon bei der Eröffnung der Belagerung war man be- dacht gewesen, die schnellem Vorgehen gewidmeten Schöpfungen der Angriffs- und Vertheidigungstechnik durch die zeichnenden Künste der Nachwelt zu erhalten. Auf den Wunsch der Statt- halterin Isabella war Jacques Callot von Nancy ins Lager be- rufen worden. Hier sammelte er die jetzt in der Albertina zu Wien aufbewahrten Skizzen zu seinem grössten Kriegsbild, das jedoch wesentlich eine topographische, sicher unter Anleitung der dor- tigen Ingenieure gefertigte Darstellung ist 2).
1) Egregia sane manus, seu corpora spectares, seu arma; maiorque quam in nostris splendor. Hugo 119.
2) Le Siège de Breda . . lesquelles (planches) ont été heureusement retrou-
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Die Uebergabe von Breda.
Die Bedingungen der Uebergabe waren die ehrenvollsten
die je Belagerten zugestanden worden sind, sie waren sehr gegen
das Gefühl des Heers, und Spinola war durch einen aufgefan-
genen Brief von der äussersten Noth der Besatzung unterrichtet.
Er glaubte ihre Tapferkeit und Ausdauer verdiene diese Aner-
kennung; die Erwägung der Wechsel des Kriegsglücks, die Er-
innerung an die frühere Mässigung des Oraniers gab den Aus-
schlag. Der greise Gouverneur Justin von Nassau, ein natür-
licher Bruder Morizens, mit allen Offizieren und Soldaten „sollen,
wie tapfern Kriegsleuten gebührt, ausziehen mit ihrem vollen
Gewehr und in guter Ordnung; das Fussvolk mit fliegenden
Fahnen und Trommelschlag, Kugel im Munde, mit brennenden
Lunten; die Reiterei mit fliegenden Cornetten, Trompetenschall,
gewaffnet und beritten, wie im Feldzug.“ Auch wurden vier
Kanonen und zwei Mörser bewilligt; alles Mobiliar der Oranier;
Amnestie für die Bürger u. s. w.
Diese Kapitulation wurde am 2. Juni 1625 unterzeichnet, der
Auszug und die Uebergabe der Schlüssel fand am 5. statt. Die
Besatzung, der Gouverneur zu Pferde, verliess die Stadt durch
das Thor von Herzogenbusch; den Marsch eröffnete und schloss
die Reiterei, die aber fast alle Pferde verloren hatte. Sonst be-
fanden sich die Leute in sehr gutem Stand, ja sie machten eine
bessere Figur als die Belagerer 1). Der Zug ging nach dem
Quartier des Barons von Balançon, dessen Befestigungslinie man
für den Zweck durchbrochen hatte. Hier erwartete Spinola den
Kommandanten, umgeben von Fürsten, Edelleuten und Offizieren
zu Pferd. Die Ceremonie erfolgte wie sie auf unserm Bilde
dargestellt ist. —
Einem solchen Ereignisse musste ein langnachhallendes Echo
folgen. Schon bei der Eröffnung der Belagerung war man be-
dacht gewesen, die schnellem Vorgehen gewidmeten Schöpfungen
der Angriffs- und Vertheidigungstechnik durch die zeichnenden
Künste der Nachwelt zu erhalten. Auf den Wunsch der Statt-
halterin Isabella war Jacques Callot von Nancy ins Lager be-
rufen worden. Hier sammelte er die jetzt in der Albertina zu Wien
aufbewahrten Skizzen zu seinem grössten Kriegsbild, das jedoch
wesentlich eine topographische, sicher unter Anleitung der dor-
tigen Ingenieure gefertigte Darstellung ist 2).
1) Egregia sane manus, seu corpora spectares, seu arma; maiorque quam
in nostris splendor. Hugo 119.
2) Le Siège de Breda . . lesquelles (planches) ont été heureusement retrou-
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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/383>, abgerufen am 24.11.2024.
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