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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.

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Viertes Buch.
dem in dem kleinen Band I, 14 eine kleine Umrisszeichnung des
die Büchse schulternden Soldaten. Die Zeichnung im Louvre
aus Mariette's Sammlung hat dagegen reine, feste Umrisse. Es
könnte der erste Gedanke sein. Hier sieht man das Pferd, und
die Hauptgruppe nebst den spanischen Herrn, ohne die holländische
Hälfte. Die sogenannte Farbenskizze, bekannt aus dem geist-
reichen Artikel Theophile Gautier's, ist nur eine jener so oft
vorkommenden Kopien, -- was man übrigens schon nach der
Beschreibung ahnt. Denen, welche durch Entdeckungen dieser
Art glücklich gemacht werden, will ich ein Gemälde nennen, in
dem man die erste Anregung für das Schema der Composition
finden könnte. Bei dem Einzug des Cardinalinfanten Ferdinand
in Antwerpen (im Mai 1635) hatte Rubens die Decorationen ent-
worfen; an der Arcade bei der Kirche S. Georges war u. a. zu
sehen die so oft gemalte Begegnung des Infanten mit seinem
Namensvetter und Schwager, dem Könige von Ungarn, am Vor-
abend der Schlacht bei Nördlingen (2. September 1634). Jedem
Besucher der Pradogalerie wird unser Gemälde einfallen
beim Anblick dieser von van Tulden ausgeführten und auch
radirten Skizze im Belvedere (1163). Dieselbe Diagonale, die
beiden vorgebeugten Figuren, die Gruppen der Offiziere aus
denen sie hervortreten, das Pferd mit dem Reitknecht rechts als
Zurückschieber. Der Infant wird dafür gesorgt haben, Skizzen
dieser Rubens'schen Entwürfe nach Madrid gelangen zu lassen.
Wie leicht konnte indess eine so einfache Compositionsform ge-
funden werden! sogar von Benjamin West in der Landung Carl II
in Dover.

Die Uebergabe von Breda wird zum erstenmal aufgeführt
in dem nach dem Tode Carl II (1701) aufgestellten Inventar von
Buen Retiro und zu 500 Dublonen geschätzt1). Sie hing in ver-
goldetem Rahmen zwischen dem Gemälde desselben Gegenstands
von Leonardo und dem Entsatz Genua's von Pereda. Von 1772
an erscheint sie im neuen Palast, in der Antecamara der Infantin,
Spinola heisst Leganes!2) Im Inventar Carl III von 1789 (Pieza
de vestir
) ist die Taxe 120,000 Realen. Das Bild befand sich

1) Ottra [pintura] del mismo tamanno [4 varas de 1., 31/2 de a.] y marco
dorado del Marques de Espinola reziuiendo las llaves de una plaza original de
Diego Velazquez.
2) Otro que representa al marques de Leganes en la entrada de une plaza,
reciuiendo las Ilaves.

Viertes Buch.
dem in dem kleinen Band I, 14 eine kleine Umrisszeichnung des
die Büchse schulternden Soldaten. Die Zeichnung im Louvre
aus Mariette’s Sammlung hat dagegen reine, feste Umrisse. Es
könnte der erste Gedanke sein. Hier sieht man das Pferd, und
die Hauptgruppe nebst den spanischen Herrn, ohne die holländische
Hälfte. Die sogenannte Farbenskizze, bekannt aus dem geist-
reichen Artikel Théophile Gautier’s, ist nur eine jener so oft
vorkommenden Kopien, — was man übrigens schon nach der
Beschreibung ahnt. Denen, welche durch Entdeckungen dieser
Art glücklich gemacht werden, will ich ein Gemälde nennen, in
dem man die erste Anregung für das Schema der Composition
finden könnte. Bei dem Einzug des Cardinalinfanten Ferdinand
in Antwerpen (im Mai 1635) hatte Rubens die Decorationen ent-
worfen; an der Arcade bei der Kirche S. Georges war u. a. zu
sehen die so oft gemalte Begegnung des Infanten mit seinem
Namensvetter und Schwager, dem Könige von Ungarn, am Vor-
abend der Schlacht bei Nördlingen (2. September 1634). Jedem
Besucher der Pradogalerie wird unser Gemälde einfallen
beim Anblick dieser von van Tulden ausgeführten und auch
radirten Skizze im Belvedere (1163). Dieselbe Diagonale, die
beiden vorgebeugten Figuren, die Gruppen der Offiziere aus
denen sie hervortreten, das Pferd mit dem Reitknecht rechts als
Zurückschieber. Der Infant wird dafür gesorgt haben, Skizzen
dieser Rubens’schen Entwürfe nach Madrid gelangen zu lassen.
Wie leicht konnte indess eine so einfache Compositionsform ge-
funden werden! sogar von Benjamin West in der Landung Carl II
in Dover.

Die Uebergabe von Breda wird zum erstenmal aufgeführt
in dem nach dem Tode Carl II (1701) aufgestellten Inventar von
Buen Retiro und zu 500 Dublonen geschätzt1). Sie hing in ver-
goldetem Rahmen zwischen dem Gemälde desselben Gegenstands
von Leonardo und dem Entsatz Genua’s von Pereda. Von 1772
an erscheint sie im neuen Palast, in der Antecamara der Infantin,
Spinola heisst Leganés!2) Im Inventar Carl III von 1789 (Pieza
de vestir
) ist die Taxe 120,000 Realen. Das Bild befand sich

1) Ottra [pintura] del mismo tamaño [4 varas de 1., 3½ de a.] y marco
dorado del Marques de Espinola reziuiendo las llaves de una plaza original de
Diego Velazquez.
2) Otro que representa al marques de Leganés en la entrada de une plaza,
reciuiendo las Ilaves.
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[368/0396] Viertes Buch. dem in dem kleinen Band I, 14 eine kleine Umrisszeichnung des die Büchse schulternden Soldaten. Die Zeichnung im Louvre aus Mariette’s Sammlung hat dagegen reine, feste Umrisse. Es könnte der erste Gedanke sein. Hier sieht man das Pferd, und die Hauptgruppe nebst den spanischen Herrn, ohne die holländische Hälfte. Die sogenannte Farbenskizze, bekannt aus dem geist- reichen Artikel Théophile Gautier’s, ist nur eine jener so oft vorkommenden Kopien, — was man übrigens schon nach der Beschreibung ahnt. Denen, welche durch Entdeckungen dieser Art glücklich gemacht werden, will ich ein Gemälde nennen, in dem man die erste Anregung für das Schema der Composition finden könnte. Bei dem Einzug des Cardinalinfanten Ferdinand in Antwerpen (im Mai 1635) hatte Rubens die Decorationen ent- worfen; an der Arcade bei der Kirche S. Georges war u. a. zu sehen die so oft gemalte Begegnung des Infanten mit seinem Namensvetter und Schwager, dem Könige von Ungarn, am Vor- abend der Schlacht bei Nördlingen (2. September 1634). Jedem Besucher der Pradogalerie wird unser Gemälde einfallen beim Anblick dieser von van Tulden ausgeführten und auch radirten Skizze im Belvedere (1163). Dieselbe Diagonale, die beiden vorgebeugten Figuren, die Gruppen der Offiziere aus denen sie hervortreten, das Pferd mit dem Reitknecht rechts als Zurückschieber. Der Infant wird dafür gesorgt haben, Skizzen dieser Rubens’schen Entwürfe nach Madrid gelangen zu lassen. Wie leicht konnte indess eine so einfache Compositionsform ge- funden werden! sogar von Benjamin West in der Landung Carl II in Dover. Die Uebergabe von Breda wird zum erstenmal aufgeführt in dem nach dem Tode Carl II (1701) aufgestellten Inventar von Buen Retiro und zu 500 Dublonen geschätzt 1). Sie hing in ver- goldetem Rahmen zwischen dem Gemälde desselben Gegenstands von Leonardo und dem Entsatz Genua’s von Pereda. Von 1772 an erscheint sie im neuen Palast, in der Antecamara der Infantin, Spinola heisst Leganés! 2) Im Inventar Carl III von 1789 (Pieza de vestir) ist die Taxe 120,000 Realen. Das Bild befand sich 1) Ottra [pintura] del mismo tamaño [4 varas de 1., 3½ de a.] y marco dorado del Marques de Espinola reziuiendo las llaves de una plaza original de Diego Velazquez. 2) Otro que representa al marques de Leganés en la entrada de une plaza, reciuiendo las Ilaves.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/396>, abgerufen am 23.11.2024.