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Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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meiner Alten recht zärtlich und von meiner Erkorenen nicht unfreundlich empfangen zu werden. Ich wollte nicht vergebens ein Lord, und in Paris sein. Mit so eitler Geschwätzigkeit, als ich zu erkünsteln vermochte, unterhielt ich die junge Dame, die mir von ihrer Hüterin augenscheinlich preisgegeben wurde. Ich war mit der Schilderung meiner Flammen so zudringlich, daß sich allmählich der Sonnenschein ihres bezaubernden Gesichtes verlor und ihre Mienen ihr Mißfallen so unverkennbar aussprachen, daß ich mich gedrungen fand, sie mit Theilnahme zu fragen, was sie betrübte.

Nichts, mein Herr, erwiderte sie, und sah mich so ruhig ernst an, daß ich die Augen niederschlug -- als daß wir uns Beide verkannt haben.

Diese Antwort nahm mir mit meiner Zuversicht die Sprache. Ich wandte mich endlich wieder an die Alte, sagte ihr meinen Namen, und wie sehr ich ihre nähere Bekanntschaft wünschte. Sie war zurückhaltender, als ich geglaubt hatte. Ich mußte die ganze Litanei von der Unzuverlässigkeit junger Männer und von der Vorsicht junger Mädchen anhören, wie sie nur eine taktfeste Duenna ableiern kann, eh' ich zur Nachricht erhielt, daß sie bei gutem Wetter mit ihrer Nichte -- wie freute sich mein böses Princip über diese Benennung -- in den Tuilerien zuweilen spazieren ginge.

Ich hatte vergessen, nach der Stunde zu fragen, und das Gewicht des Wörtchens zuweilen nach

meiner Alten recht zärtlich und von meiner Erkorenen nicht unfreundlich empfangen zu werden. Ich wollte nicht vergebens ein Lord, und in Paris sein. Mit so eitler Geschwätzigkeit, als ich zu erkünsteln vermochte, unterhielt ich die junge Dame, die mir von ihrer Hüterin augenscheinlich preisgegeben wurde. Ich war mit der Schilderung meiner Flammen so zudringlich, daß sich allmählich der Sonnenschein ihres bezaubernden Gesichtes verlor und ihre Mienen ihr Mißfallen so unverkennbar aussprachen, daß ich mich gedrungen fand, sie mit Theilnahme zu fragen, was sie betrübte.

Nichts, mein Herr, erwiderte sie, und sah mich so ruhig ernst an, daß ich die Augen niederschlug — als daß wir uns Beide verkannt haben.

Diese Antwort nahm mir mit meiner Zuversicht die Sprache. Ich wandte mich endlich wieder an die Alte, sagte ihr meinen Namen, und wie sehr ich ihre nähere Bekanntschaft wünschte. Sie war zurückhaltender, als ich geglaubt hatte. Ich mußte die ganze Litanei von der Unzuverlässigkeit junger Männer und von der Vorsicht junger Mädchen anhören, wie sie nur eine taktfeste Dueña ableiern kann, eh' ich zur Nachricht erhielt, daß sie bei gutem Wetter mit ihrer Nichte — wie freute sich mein böses Princip über diese Benennung — in den Tuilerien zuweilen spazieren ginge.

Ich hatte vergessen, nach der Stunde zu fragen, und das Gewicht des Wörtchens zuweilen nach

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[0017] meiner Alten recht zärtlich und von meiner Erkorenen nicht unfreundlich empfangen zu werden. Ich wollte nicht vergebens ein Lord, und in Paris sein. Mit so eitler Geschwätzigkeit, als ich zu erkünsteln vermochte, unterhielt ich die junge Dame, die mir von ihrer Hüterin augenscheinlich preisgegeben wurde. Ich war mit der Schilderung meiner Flammen so zudringlich, daß sich allmählich der Sonnenschein ihres bezaubernden Gesichtes verlor und ihre Mienen ihr Mißfallen so unverkennbar aussprachen, daß ich mich gedrungen fand, sie mit Theilnahme zu fragen, was sie betrübte. Nichts, mein Herr, erwiderte sie, und sah mich so ruhig ernst an, daß ich die Augen niederschlug — als daß wir uns Beide verkannt haben. Diese Antwort nahm mir mit meiner Zuversicht die Sprache. Ich wandte mich endlich wieder an die Alte, sagte ihr meinen Namen, und wie sehr ich ihre nähere Bekanntschaft wünschte. Sie war zurückhaltender, als ich geglaubt hatte. Ich mußte die ganze Litanei von der Unzuverlässigkeit junger Männer und von der Vorsicht junger Mädchen anhören, wie sie nur eine taktfeste Dueña ableiern kann, eh' ich zur Nachricht erhielt, daß sie bei gutem Wetter mit ihrer Nichte — wie freute sich mein böses Princip über diese Benennung — in den Tuilerien zuweilen spazieren ginge. Ich hatte vergessen, nach der Stunde zu fragen, und das Gewicht des Wörtchens zuweilen nach

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:26:46Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaehler_schwestern_1910/17>, abgerufen am 27.04.2024.