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Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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nur aus Rache, weil ihn meine Schwester nicht mag; und ich handle großmüthig, indem ich sie ihm erschwere; denn die Rache ist um so süßer, je schwerer sie geworden ist.

Du bist ein Herold des Teufels, Mädchen! rief Mr. Gerson, und drohte ihr mit der Hand.

Lassen Sie mich, Väterchen; die Deutschen haben gegen unsere Nation immer viel Geduld bewiesen, und ich glaube selbst, daß ich kein Lamm von Franzosen fände, der es mit mir aushielte.

Ich kochte innerlich, doch machte ich gute Miene zu schlechtem Spiel. Meine Geduld ging zu Ende, als sie aus Scherz Ernst machte und dem Cousin gütig, ja zärtlich begegnete, während sie mich mit der größten Strenge zurückwies. Bloß um Sie aus die Probe zu stellen, mein Herr, sagte sie, als ich mich beklagte.

Das heißt, Sie schneiden mir den Leib auf, um zu sehen, ob mein Herz noch schlägt, rief ich entrüstet; aber ich werde Mittel finden, diesen Mißhandlungen zu entgehen.

Ich verließ hastig das Zimmer, und sie schickte mir ein schallendes Gelächter nach. Höchst aufgebracht ging ich zu Herrn Gerson und klagte ihm meine Noth.

Sie sagen mir etwas ganz Neues, erwiderte er, ich habe unter Ihnen beiden das beste Einverständniß vorausgesetzt. Ja, ja, es ist wahr, sie ist ein kleiner Satan, aber mit dem besten Herzen. Ich ver-

nur aus Rache, weil ihn meine Schwester nicht mag; und ich handle großmüthig, indem ich sie ihm erschwere; denn die Rache ist um so süßer, je schwerer sie geworden ist.

Du bist ein Herold des Teufels, Mädchen! rief Mr. Gerson, und drohte ihr mit der Hand.

Lassen Sie mich, Väterchen; die Deutschen haben gegen unsere Nation immer viel Geduld bewiesen, und ich glaube selbst, daß ich kein Lamm von Franzosen fände, der es mit mir aushielte.

Ich kochte innerlich, doch machte ich gute Miene zu schlechtem Spiel. Meine Geduld ging zu Ende, als sie aus Scherz Ernst machte und dem Cousin gütig, ja zärtlich begegnete, während sie mich mit der größten Strenge zurückwies. Bloß um Sie aus die Probe zu stellen, mein Herr, sagte sie, als ich mich beklagte.

Das heißt, Sie schneiden mir den Leib auf, um zu sehen, ob mein Herz noch schlägt, rief ich entrüstet; aber ich werde Mittel finden, diesen Mißhandlungen zu entgehen.

Ich verließ hastig das Zimmer, und sie schickte mir ein schallendes Gelächter nach. Höchst aufgebracht ging ich zu Herrn Gerson und klagte ihm meine Noth.

Sie sagen mir etwas ganz Neues, erwiderte er, ich habe unter Ihnen beiden das beste Einverständniß vorausgesetzt. Ja, ja, es ist wahr, sie ist ein kleiner Satan, aber mit dem besten Herzen. Ich ver-

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[0050] nur aus Rache, weil ihn meine Schwester nicht mag; und ich handle großmüthig, indem ich sie ihm erschwere; denn die Rache ist um so süßer, je schwerer sie geworden ist. Du bist ein Herold des Teufels, Mädchen! rief Mr. Gerson, und drohte ihr mit der Hand. Lassen Sie mich, Väterchen; die Deutschen haben gegen unsere Nation immer viel Geduld bewiesen, und ich glaube selbst, daß ich kein Lamm von Franzosen fände, der es mit mir aushielte. Ich kochte innerlich, doch machte ich gute Miene zu schlechtem Spiel. Meine Geduld ging zu Ende, als sie aus Scherz Ernst machte und dem Cousin gütig, ja zärtlich begegnete, während sie mich mit der größten Strenge zurückwies. Bloß um Sie aus die Probe zu stellen, mein Herr, sagte sie, als ich mich beklagte. Das heißt, Sie schneiden mir den Leib auf, um zu sehen, ob mein Herz noch schlägt, rief ich entrüstet; aber ich werde Mittel finden, diesen Mißhandlungen zu entgehen. Ich verließ hastig das Zimmer, und sie schickte mir ein schallendes Gelächter nach. Höchst aufgebracht ging ich zu Herrn Gerson und klagte ihm meine Noth. Sie sagen mir etwas ganz Neues, erwiderte er, ich habe unter Ihnen beiden das beste Einverständniß vorausgesetzt. Ja, ja, es ist wahr, sie ist ein kleiner Satan, aber mit dem besten Herzen. Ich ver-

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:26:46Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T12:26:46Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaehler_schwestern_1910/50>, abgerufen am 28.04.2024.