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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch.
welche die Sineser zugleich mit den Sachen selbst nach Japan überbracht haben. Auf eben
die Art haben aber auch die Portugiesen die Worte pan, palma, botan, cappa, fras-
co, bidorn, tanta,
und noch einige andere in der japanischen Sprache zurückgelassen.
Der hieher übergesezten Sineser sind auch niemals so viel gewesen, daß sie die japanische
Sprache hätten ganz verändern können; ob ihrer gleich genug seyn mochten, um den Japa-
nern
Künste und Wissenschaften, auch sogar die Kenntnis ihrer gelehrten Bücher und
Charactern mitzutheilen. Dieser leztern bedienen diese und andere angränzende Nationen
z. B. Coreyer, Tunquiner sich jezt eben so als einer algemeinen Sprache, wie die Eu-
ropäer der lateinischen.

Dem angeblichen Ursprung der Japaner ist auch noch die ganze eigenthümliche
Natur und Construction der japanischen Sprache ganz zuwider. Diese ist von der sine-
sischen so sehr verschieden, daß, wenn die Japaner sinesische Bücher entweder nach dem
Laut der Charactern oder ihrer gemeinen Sprache lesen, sie allemal die Worte nicht nach der
Reihe, in der sie gestelt sind, sondern etwas versezt vorbringen, und zuweilen einige Worte
anhängen oder zwischenfügen, damit der Sinn und die natürliche Construction ihrer Mut-
tersprache herauskommen. Sie pflegen daher die sinesische Bücher gemeiniglich so nachzu-
drucken, daß sie zu desto ungehinderterer Lesung die Constructionsordnung durch beigefügte
Zeichen andeuten. Jch kan hier auch noch die Bildung ihrer Zunge und anderer Sprach-
werkzeuge angeben, die ihnen die Natur ganz anders als den Sinesern gegeben hat. Die
japanische Sprache hat fast immer einen reinen und deutlichen Laut, und die Silben pfle-
gen selten mehr als 2 oder 3 Buchstaben zu haben; hingegen in der gemeinen sinesischen
Sprache hört man beständig einen vermengten Schal verschiedener Consonanten mit einem
gleichsam singenden Accent.

Gleiche Verschiedenheiten findet man auch bei einzelnen Buchstaben. Die Ja-
paner
können das H nicht anders als mit einem F; die Sineser aber weit deutlicher aus-
sprechen. Die Japaner sprechen die Buchstaben R und D sehr rein und deutlich, obgleich
im Anfang der Silben etwas durch die Kehle aus. Die Sineser aber und vorzüglich die
Nankiner können durchaus kein R oder D vorbringen, und diejenigen, welche in auswär-
tigen Sprachen sehr erfahren sind, wissen diese Buchstaben nicht anders als durch ein L
auszudrücken. Alles, was ich über die Verschiedenheit der japanischen und sinesischen Spra-
che gesagt habe, läst sich auch auf die Sprachen von Corea und Jeso anwenden. Es ist
aber unnöthig dies hier weiter auszuführen, da man noch niemals den Gedanken gehabt hat,
die Japaner aus jenen Ländern abzuleiten.

Die

Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Erſtes Buch.
welche die Sineſer zugleich mit den Sachen ſelbſt nach Japan uͤberbracht haben. Auf eben
die Art haben aber auch die Portugieſen die Worte pan, palma, botan, cappa, fras-
co, bidorn, tanta,
und noch einige andere in der japaniſchen Sprache zuruͤckgelaſſen.
Der hieher uͤbergeſezten Sineſer ſind auch niemals ſo viel geweſen, daß ſie die japaniſche
Sprache haͤtten ganz veraͤndern koͤnnen; ob ihrer gleich genug ſeyn mochten, um den Japa-
nern
Kuͤnſte und Wiſſenſchaften, auch ſogar die Kenntnis ihrer gelehrten Buͤcher und
Charactern mitzutheilen. Dieſer leztern bedienen dieſe und andere angraͤnzende Nationen
z. B. Coreyer, Tunquiner ſich jezt eben ſo als einer algemeinen Sprache, wie die Eu-
ropaͤer der lateiniſchen.

Dem angeblichen Urſprung der Japaner iſt auch noch die ganze eigenthuͤmliche
Natur und Conſtruction der japaniſchen Sprache ganz zuwider. Dieſe iſt von der ſine-
ſiſchen ſo ſehr verſchieden, daß, wenn die Japaner ſineſiſche Buͤcher entweder nach dem
Laut der Charactern oder ihrer gemeinen Sprache leſen, ſie allemal die Worte nicht nach der
Reihe, in der ſie geſtelt ſind, ſondern etwas verſezt vorbringen, und zuweilen einige Worte
anhaͤngen oder zwiſchenfuͤgen, damit der Sinn und die natuͤrliche Conſtruction ihrer Mut-
terſprache herauskommen. Sie pflegen daher die ſineſiſche Buͤcher gemeiniglich ſo nachzu-
drucken, daß ſie zu deſto ungehinderterer Leſung die Conſtructionsordnung durch beigefuͤgte
Zeichen andeuten. Jch kan hier auch noch die Bildung ihrer Zunge und anderer Sprach-
werkzeuge angeben, die ihnen die Natur ganz anders als den Sineſern gegeben hat. Die
japaniſche Sprache hat faſt immer einen reinen und deutlichen Laut, und die Silben pfle-
gen ſelten mehr als 2 oder 3 Buchſtaben zu haben; hingegen in der gemeinen ſineſiſchen
Sprache hoͤrt man beſtaͤndig einen vermengten Schal verſchiedener Conſonanten mit einem
gleichſam ſingenden Accent.

Gleiche Verſchiedenheiten findet man auch bei einzelnen Buchſtaben. Die Ja-
paner
koͤnnen das H nicht anders als mit einem F; die Sineſer aber weit deutlicher aus-
ſprechen. Die Japaner ſprechen die Buchſtaben R und D ſehr rein und deutlich, obgleich
im Anfang der Silben etwas durch die Kehle aus. Die Sineſer aber und vorzuͤglich die
Nankiner koͤnnen durchaus kein R oder D vorbringen, und diejenigen, welche in auswaͤr-
tigen Sprachen ſehr erfahren ſind, wiſſen dieſe Buchſtaben nicht anders als durch ein L
auszudruͤcken. Alles, was ich uͤber die Verſchiedenheit der japaniſchen und ſineſiſchen Spra-
che geſagt habe, laͤſt ſich auch auf die Sprachen von Corea und Jeſo anwenden. Es iſt
aber unnoͤthig dies hier weiter auszufuͤhren, da man noch niemals den Gedanken gehabt hat,
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[100/0188] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Erſtes Buch. welche die Sineſer zugleich mit den Sachen ſelbſt nach Japan uͤberbracht haben. Auf eben die Art haben aber auch die Portugieſen die Worte pan, palma, botan, cappa, fras- co, bidorn, tanta, und noch einige andere in der japaniſchen Sprache zuruͤckgelaſſen. Der hieher uͤbergeſezten Sineſer ſind auch niemals ſo viel geweſen, daß ſie die japaniſche Sprache haͤtten ganz veraͤndern koͤnnen; ob ihrer gleich genug ſeyn mochten, um den Japa- nern Kuͤnſte und Wiſſenſchaften, auch ſogar die Kenntnis ihrer gelehrten Buͤcher und Charactern mitzutheilen. Dieſer leztern bedienen dieſe und andere angraͤnzende Nationen z. B. Coreyer, Tunquiner ſich jezt eben ſo als einer algemeinen Sprache, wie die Eu- ropaͤer der lateiniſchen. Dem angeblichen Urſprung der Japaner iſt auch noch die ganze eigenthuͤmliche Natur und Conſtruction der japaniſchen Sprache ganz zuwider. Dieſe iſt von der ſine- ſiſchen ſo ſehr verſchieden, daß, wenn die Japaner ſineſiſche Buͤcher entweder nach dem Laut der Charactern oder ihrer gemeinen Sprache leſen, ſie allemal die Worte nicht nach der Reihe, in der ſie geſtelt ſind, ſondern etwas verſezt vorbringen, und zuweilen einige Worte anhaͤngen oder zwiſchenfuͤgen, damit der Sinn und die natuͤrliche Conſtruction ihrer Mut- terſprache herauskommen. Sie pflegen daher die ſineſiſche Buͤcher gemeiniglich ſo nachzu- drucken, daß ſie zu deſto ungehinderterer Leſung die Conſtructionsordnung durch beigefuͤgte Zeichen andeuten. Jch kan hier auch noch die Bildung ihrer Zunge und anderer Sprach- werkzeuge angeben, die ihnen die Natur ganz anders als den Sineſern gegeben hat. Die japaniſche Sprache hat faſt immer einen reinen und deutlichen Laut, und die Silben pfle- gen ſelten mehr als 2 oder 3 Buchſtaben zu haben; hingegen in der gemeinen ſineſiſchen Sprache hoͤrt man beſtaͤndig einen vermengten Schal verſchiedener Conſonanten mit einem gleichſam ſingenden Accent. Gleiche Verſchiedenheiten findet man auch bei einzelnen Buchſtaben. Die Ja- paner koͤnnen das H nicht anders als mit einem F; die Sineſer aber weit deutlicher aus- ſprechen. Die Japaner ſprechen die Buchſtaben R und D ſehr rein und deutlich, obgleich im Anfang der Silben etwas durch die Kehle aus. Die Sineſer aber und vorzuͤglich die Nankiner koͤnnen durchaus kein R oder D vorbringen, und diejenigen, welche in auswaͤr- tigen Sprachen ſehr erfahren ſind, wiſſen dieſe Buchſtaben nicht anders als durch ein L auszudruͤcken. Alles, was ich uͤber die Verſchiedenheit der japaniſchen und ſineſiſchen Spra- che geſagt habe, laͤſt ſich auch auf die Sprachen von Corea und Jeſo anwenden. Es iſt aber unnoͤthig dies hier weiter auszufuͤhren, da man noch niemals den Gedanken gehabt hat, die Japaner aus jenen Laͤndern abzuleiten. Die

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/188>, abgerufen am 24.11.2024.