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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch.
an immer herum, um seinen Bekanten und Freunden, und besonders den Obern ein Compli-
ment zu machen, das man Medito nent, d. i. ein Glükwunsch wegen des verflossenen Mo-
nats. Die übrige Zeit dieses Tags bringt man in Tempeln oder an andern angenehmen
Orten zu, besonders an solchen, die mit schönen Spaziergängen versehn sind. Einige pfle-
gen sich hier dann auch mit einem besondern, diesem Lande eignen Getränk, Socano, oder
bey dem Frauenzimmer zu vergnügen. Diese Feyer wird auch als ein väterlicher politischer
Landesgebrauch nicht nur von den Anhängern dieser Sekte Sinto, sondern auch von jedem
ehrlichen Biedermann, was für einer Religion er auch zugethan seyn mag, beobachtet.

Der zweite monatliche Feyertag ist der funfzehnte, oder der Tag des Vol-
monds. An diesem Tage werden die Götter mehr als die Obern und Freunde besucht.

Der dritte monatliche Feyertag ist der acht und zwanzigste oder der Tag des
finstern Mondes. Dieser steht in weit geringerer Achtung als die vorigen, daher werden
auch an demselben die Tempel von den Sinto's nicht so häufig besucht. Die Budsdo
pflegen ihn mehr zu ehren, als die Sinto, weil es bei ihnen ein ordentlicher Festtag ist,
den sie dem Amida zu Ehren feyern.

Der jährlichen Rebi sind fünf. Man nent sie Sekf d. i. Feste und nach ihrer
Zahl Go Sekf d. i. fünf Feste. Sie sind nach der Ungleichheit der Monate und Tage
(die man deswegen für die unglüklichsten hält) vertheilt, und man hat auch von derselben
ihre Namen entlehnt. Diese sind folgende:

1) Soguats oder das Neujahrfest, oder der erste Tag des ersten
Monats.
2) Sanguats Sannitz, oder der dritte Tag des dritten Monats.
3) Goguatz Gonitz oder der fünfte Tag des fünften Monats.
4) Sitsiguatz Fanuka, oder der siebente Tag des siebenten Monats.
5) Kuguatz Kunitz, oder der neunte Tag des neunten Monats.

Diese Feste sind wiederum eigentlich blos politisch und zur algemeinen Freude be-
stimt. Eben weil man diese Tage wegen ihrer Ungleichheit für besonders unglüklich und
den Menschen höchstschädlich hielt, hat die Weisheit der Vorfahren diese freudigen Feste
gerade auf sie verlegt, um dadurch die Cami oder Götter zu belustigen und unglükliche
Schiksale abzuwenden. Sie sind also nicht eigentlich zum Dienst der Götter, sondern zur
besondern Fröhlichkeit bestimt, und werden daher auch von den Anhängern aller Secten,
nicht blos von den Sinto gefeyert.

Um

Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Drittes Buch.
an immer herum, um ſeinen Bekanten und Freunden, und beſonders den Obern ein Compli-
ment zu machen, das man Medito nent, d. i. ein Gluͤkwunſch wegen des verfloſſenen Mo-
nats. Die uͤbrige Zeit dieſes Tags bringt man in Tempeln oder an andern angenehmen
Orten zu, beſonders an ſolchen, die mit ſchoͤnen Spaziergaͤngen verſehn ſind. Einige pfle-
gen ſich hier dann auch mit einem beſondern, dieſem Lande eignen Getraͤnk, Socano, oder
bey dem Frauenzimmer zu vergnuͤgen. Dieſe Feyer wird auch als ein vaͤterlicher politiſcher
Landesgebrauch nicht nur von den Anhaͤngern dieſer Sekte Sinto, ſondern auch von jedem
ehrlichen Biedermann, was fuͤr einer Religion er auch zugethan ſeyn mag, beobachtet.

Der zweite monatliche Feyertag iſt der funfzehnte, oder der Tag des Vol-
monds. An dieſem Tage werden die Goͤtter mehr als die Obern und Freunde beſucht.

Der dritte monatliche Feyertag iſt der acht und zwanzigſte oder der Tag des
finſtern Mondes. Dieſer ſteht in weit geringerer Achtung als die vorigen, daher werden
auch an demſelben die Tempel von den Sinto’s nicht ſo haͤufig beſucht. Die Budsdo
pflegen ihn mehr zu ehren, als die Sinto, weil es bei ihnen ein ordentlicher Feſttag iſt,
den ſie dem Amida zu Ehren feyern.

Der jaͤhrlichen Rebi ſind fuͤnf. Man nent ſie Sekf d. i. Feſte und nach ihrer
Zahl Go Sekf d. i. fuͤnf Feſte. Sie ſind nach der Ungleichheit der Monate und Tage
(die man deswegen fuͤr die ungluͤklichſten haͤlt) vertheilt, und man hat auch von derſelben
ihre Namen entlehnt. Dieſe ſind folgende:

1) Soguats oder das Neujahrfeſt, oder der erſte Tag des erſten
Monats.
2) Sanguats Sannitz, oder der dritte Tag des dritten Monats.
3) Goguatz Gonitz oder der fuͤnfte Tag des fuͤnften Monats.
4) Sitſiguatz Fanuka, oder der ſiebente Tag des ſiebenten Monats.
5) Kuguatz Kunitz, oder der neunte Tag des neunten Monats.

Dieſe Feſte ſind wiederum eigentlich blos politiſch und zur algemeinen Freude be-
ſtimt. Eben weil man dieſe Tage wegen ihrer Ungleichheit fuͤr beſonders ungluͤklich und
den Menſchen hoͤchſtſchaͤdlich hielt, hat die Weisheit der Vorfahren dieſe freudigen Feſte
gerade auf ſie verlegt, um dadurch die Cami oder Goͤtter zu beluſtigen und ungluͤkliche
Schikſale abzuwenden. Sie ſind alſo nicht eigentlich zum Dienſt der Goͤtter, ſondern zur
beſondern Froͤhlichkeit beſtimt, und werden daher auch von den Anhaͤngern aller Secten,
nicht blos von den Sinto gefeyert.

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[268/0374] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Drittes Buch. an immer herum, um ſeinen Bekanten und Freunden, und beſonders den Obern ein Compli- ment zu machen, das man Medito nent, d. i. ein Gluͤkwunſch wegen des verfloſſenen Mo- nats. Die uͤbrige Zeit dieſes Tags bringt man in Tempeln oder an andern angenehmen Orten zu, beſonders an ſolchen, die mit ſchoͤnen Spaziergaͤngen verſehn ſind. Einige pfle- gen ſich hier dann auch mit einem beſondern, dieſem Lande eignen Getraͤnk, Socano, oder bey dem Frauenzimmer zu vergnuͤgen. Dieſe Feyer wird auch als ein vaͤterlicher politiſcher Landesgebrauch nicht nur von den Anhaͤngern dieſer Sekte Sinto, ſondern auch von jedem ehrlichen Biedermann, was fuͤr einer Religion er auch zugethan ſeyn mag, beobachtet. Der zweite monatliche Feyertag iſt der funfzehnte, oder der Tag des Vol- monds. An dieſem Tage werden die Goͤtter mehr als die Obern und Freunde beſucht. Der dritte monatliche Feyertag iſt der acht und zwanzigſte oder der Tag des finſtern Mondes. Dieſer ſteht in weit geringerer Achtung als die vorigen, daher werden auch an demſelben die Tempel von den Sinto’s nicht ſo haͤufig beſucht. Die Budsdo pflegen ihn mehr zu ehren, als die Sinto, weil es bei ihnen ein ordentlicher Feſttag iſt, den ſie dem Amida zu Ehren feyern. Der jaͤhrlichen Rebi ſind fuͤnf. Man nent ſie Sekf d. i. Feſte und nach ihrer Zahl Go Sekf d. i. fuͤnf Feſte. Sie ſind nach der Ungleichheit der Monate und Tage (die man deswegen fuͤr die ungluͤklichſten haͤlt) vertheilt, und man hat auch von derſelben ihre Namen entlehnt. Dieſe ſind folgende: 1) Soguats oder das Neujahrfeſt, oder der erſte Tag des erſten Monats. 2) Sanguats Sannitz, oder der dritte Tag des dritten Monats. 3) Goguatz Gonitz oder der fuͤnfte Tag des fuͤnften Monats. 4) Sitſiguatz Fanuka, oder der ſiebente Tag des ſiebenten Monats. 5) Kuguatz Kunitz, oder der neunte Tag des neunten Monats. Dieſe Feſte ſind wiederum eigentlich blos politiſch und zur algemeinen Freude be- ſtimt. Eben weil man dieſe Tage wegen ihrer Ungleichheit fuͤr beſonders ungluͤklich und den Menſchen hoͤchſtſchaͤdlich hielt, hat die Weisheit der Vorfahren dieſe freudigen Feſte gerade auf ſie verlegt, um dadurch die Cami oder Goͤtter zu beluſtigen und ungluͤkliche Schikſale abzuwenden. Sie ſind alſo nicht eigentlich zum Dienſt der Goͤtter, ſondern zur beſondern Froͤhlichkeit beſtimt, und werden daher auch von den Anhaͤngern aller Secten, nicht blos von den Sinto gefeyert. Um

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/374>, abgerufen am 24.11.2024.