Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünft. Kap. Von den Jammabos oder Bergpriestern etc.
"die Kengios regieren solte. Jeder dieser Kengio hat seine Koto's, wie man sie nennt,
"um ihm zu rathen und beyzustehn. Zu Nagasacki ist ein Kengio und zwei Koto's, unter
"deren Befehl alle Blinden der Stadt und umliegenden Gegend stehn. Die Kengio's
"und Koto's haben noch verschiedne Bediente unter sich, die Sjibun heißen, und wieder
"einer dem andern subordinirt sind. Sie unterscheiden sich vom Haufen der gemeinen Blin-
"den dadurch, daß sie lange Hosen tragen. Da es verschiedne Stuffen von Rang und
"Titel unter ihnen giebt; so müssen sie sich alle fünf Jahre einen neuen Quan d. i. einen
"neuen und höhern Titel von ihrem Kengio für 20 bis 50 Tails kaufen. Wenn sie dieses
"versäumen, oder zu bezahlen nicht im Stande sind, werden sie in einen geringern Rang
"herabgesezt. Der große Haufe aller Blinden führt einen algemeinen Namen Mukwan.
"Diese tragen keine Hosen, und sind in vier Quans d. i. Classen, Rangordnungen, vertheilt.
"Die von der vierten und lezten Classe sind fähig Sjibuns zu werden, von welcher Würde
"sie dann nach und nach zur Stelle eines Koto, Kengio u. s. w. hinaufsteigen. Oft
"hebt sie Geld und Gunst geschwinder, als gewöhnlich."



Sechstes Kapitel.
Von den Budsdo, oder der ausländischen heidni-
schen Religion, und derselben Stifter und Anhängern. --
Auch vom Confuzius und seiner Lehre.


Fremde Götter werden in Japan Buds oder Fotoke genant, um sie von den Sin
und Kame zu unterscheiden, die von Alters her im Lande verehrt wurden. Die
Charaktere, womit diese Worte geschrieben werden, sind auch von den Charakteren der Sin
und Kame ganz verschieden.

Budsdo heist im buchstäblichen Sin des Worts: Götzenweg, idolorum
cultus,
d. i. der Glaube, der Weg und die Manier diese fremden Götzen anzubäten, und

durch

Fuͤnft. Kap. Von den Jammabos oder Bergprieſtern ꝛc.
„die Kengios regieren ſolte. Jeder dieſer Kengio hat ſeine Koto’s, wie man ſie nennt,
„um ihm zu rathen und beyzuſtehn. Zu Nagaſacki iſt ein Kengio und zwei Koto’s, unter
„deren Befehl alle Blinden der Stadt und umliegenden Gegend ſtehn. Die Kengio’s
„und Koto’s haben noch verſchiedne Bediente unter ſich, die Sjibun heißen, und wieder
„einer dem andern ſubordinirt ſind. Sie unterſcheiden ſich vom Haufen der gemeinen Blin-
„den dadurch, daß ſie lange Hoſen tragen. Da es verſchiedne Stuffen von Rang und
„Titel unter ihnen giebt; ſo muͤſſen ſie ſich alle fuͤnf Jahre einen neuen Quan d. i. einen
„neuen und hoͤhern Titel von ihrem Kengio fuͤr 20 bis 50 Tails kaufen. Wenn ſie dieſes
„verſaͤumen, oder zu bezahlen nicht im Stande ſind, werden ſie in einen geringern Rang
„herabgeſezt. Der große Haufe aller Blinden fuͤhrt einen algemeinen Namen Mukwan.
„Dieſe tragen keine Hoſen, und ſind in vier Quans d. i. Claſſen, Rangordnungen, vertheilt.
„Die von der vierten und lezten Claſſe ſind faͤhig Sjibuns zu werden, von welcher Wuͤrde
„ſie dann nach und nach zur Stelle eines Koto, Kengio u. ſ. w. hinaufſteigen. Oft
„hebt ſie Geld und Gunſt geſchwinder, als gewoͤhnlich.‟



Sechſtes Kapitel.
Von den Budsdo, oder der auslaͤndiſchen heidni-
ſchen Religion, und derſelben Stifter und Anhaͤngern. —
Auch vom Confuzius und ſeiner Lehre.


Fremde Goͤtter werden in Japan Buds oder Fotoke genant, um ſie von den Sin
und Kame zu unterſcheiden, die von Alters her im Lande verehrt wurden. Die
Charaktere, womit dieſe Worte geſchrieben werden, ſind auch von den Charakteren der Sin
und Kame ganz verſchieden.

Budsdo heiſt im buchſtaͤblichen Sin des Worts: Goͤtzenweg, idolorum
cultus,
d. i. der Glaube, der Weg und die Manier dieſe fremden Goͤtzen anzubaͤten, und

durch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0403" n="295"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fu&#x0364;nft. Kap. Von den Jammabos oder Bergprie&#x017F;tern &#xA75B;c.</hi></fw><lb/>
&#x201E;die <hi rendition="#fr">Kengios</hi> regieren &#x017F;olte. Jeder die&#x017F;er <hi rendition="#fr">Kengio</hi> hat &#x017F;eine <hi rendition="#fr">Koto&#x2019;s,</hi> wie man &#x017F;ie nennt,<lb/>
&#x201E;um ihm zu rathen und beyzu&#x017F;tehn. Zu <hi rendition="#fr">Naga&#x017F;acki</hi> i&#x017F;t ein <hi rendition="#fr">Kengio</hi> und zwei <hi rendition="#fr">Koto&#x2019;s,</hi> unter<lb/>
&#x201E;deren Befehl alle Blinden der Stadt und umliegenden Gegend &#x017F;tehn. Die <hi rendition="#fr">Kengio&#x2019;s</hi><lb/>
&#x201E;und <hi rendition="#fr">Koto&#x2019;s</hi> haben noch ver&#x017F;chiedne Bediente unter &#x017F;ich, die <hi rendition="#fr">Sjibun</hi> heißen, und wieder<lb/>
&#x201E;einer dem andern &#x017F;ubordinirt &#x017F;ind. Sie unter&#x017F;cheiden &#x017F;ich vom Haufen der gemeinen Blin-<lb/>
&#x201E;den dadurch, daß &#x017F;ie lange Ho&#x017F;en tragen. Da es ver&#x017F;chiedne Stuffen von Rang und<lb/>
&#x201E;Titel unter ihnen giebt; &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie &#x017F;ich alle fu&#x0364;nf Jahre einen neuen <hi rendition="#fr">Quan</hi> d. i. einen<lb/>
&#x201E;neuen und ho&#x0364;hern Titel von ihrem <hi rendition="#fr">Kengio</hi> fu&#x0364;r 20 bis 50 <hi rendition="#fr">Tails</hi> kaufen. Wenn &#x017F;ie die&#x017F;es<lb/>
&#x201E;ver&#x017F;a&#x0364;umen, oder zu bezahlen nicht im Stande &#x017F;ind, werden &#x017F;ie in einen geringern Rang<lb/>
&#x201E;herabge&#x017F;ezt. Der große Haufe aller Blinden fu&#x0364;hrt einen algemeinen Namen <hi rendition="#fr">Mukwan.</hi><lb/>
&#x201E;Die&#x017F;e tragen keine Ho&#x017F;en, und &#x017F;ind in vier <hi rendition="#fr">Quans</hi> d. i. Cla&#x017F;&#x017F;en, Rangordnungen, vertheilt.<lb/>
&#x201E;Die von der vierten und lezten Cla&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ind fa&#x0364;hig <hi rendition="#fr">Sjibuns</hi> zu werden, von welcher Wu&#x0364;rde<lb/>
&#x201E;&#x017F;ie dann nach und nach zur Stelle eines <hi rendition="#fr">Koto, Kengio</hi> u. &#x017F;. w. hinauf&#x017F;teigen. Oft<lb/>
&#x201E;hebt &#x017F;ie Geld und Gun&#x017F;t ge&#x017F;chwinder, als gewo&#x0364;hnlich.&#x201F;</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Sech&#x017F;tes Kapitel.</hi><lb/>
Von den Budsdo, oder der ausla&#x0364;ndi&#x017F;chen heidni-<lb/>
&#x017F;chen Religion, und der&#x017F;elben Stifter und Anha&#x0364;ngern. &#x2014;<lb/>
Auch vom Confuzius und &#x017F;einer Lehre.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p><hi rendition="#in">F</hi>remde Go&#x0364;tter werden in <hi rendition="#fr">Japan Buds oder Fotoke</hi> genant, um &#x017F;ie von den <hi rendition="#fr">Sin</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">Kame</hi> zu unter&#x017F;cheiden, die von Alters her im Lande verehrt wurden. Die<lb/>
Charaktere, womit die&#x017F;e Worte ge&#x017F;chrieben werden, &#x017F;ind auch von den Charakteren der <hi rendition="#fr">Sin</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">Kame</hi> ganz ver&#x017F;chieden.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Budsdo</hi> hei&#x017F;t im buch&#x017F;ta&#x0364;blichen Sin des Worts: <hi rendition="#fr">Go&#x0364;tzenweg,</hi> <hi rendition="#aq">idolorum<lb/>
cultus,</hi> d. i. der Glaube, der Weg und die Manier die&#x017F;e fremden Go&#x0364;tzen anzuba&#x0364;ten, und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">durch</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[295/0403] Fuͤnft. Kap. Von den Jammabos oder Bergprieſtern ꝛc. „die Kengios regieren ſolte. Jeder dieſer Kengio hat ſeine Koto’s, wie man ſie nennt, „um ihm zu rathen und beyzuſtehn. Zu Nagaſacki iſt ein Kengio und zwei Koto’s, unter „deren Befehl alle Blinden der Stadt und umliegenden Gegend ſtehn. Die Kengio’s „und Koto’s haben noch verſchiedne Bediente unter ſich, die Sjibun heißen, und wieder „einer dem andern ſubordinirt ſind. Sie unterſcheiden ſich vom Haufen der gemeinen Blin- „den dadurch, daß ſie lange Hoſen tragen. Da es verſchiedne Stuffen von Rang und „Titel unter ihnen giebt; ſo muͤſſen ſie ſich alle fuͤnf Jahre einen neuen Quan d. i. einen „neuen und hoͤhern Titel von ihrem Kengio fuͤr 20 bis 50 Tails kaufen. Wenn ſie dieſes „verſaͤumen, oder zu bezahlen nicht im Stande ſind, werden ſie in einen geringern Rang „herabgeſezt. Der große Haufe aller Blinden fuͤhrt einen algemeinen Namen Mukwan. „Dieſe tragen keine Hoſen, und ſind in vier Quans d. i. Claſſen, Rangordnungen, vertheilt. „Die von der vierten und lezten Claſſe ſind faͤhig Sjibuns zu werden, von welcher Wuͤrde „ſie dann nach und nach zur Stelle eines Koto, Kengio u. ſ. w. hinaufſteigen. Oft „hebt ſie Geld und Gunſt geſchwinder, als gewoͤhnlich.‟ Sechſtes Kapitel. Von den Budsdo, oder der auslaͤndiſchen heidni- ſchen Religion, und derſelben Stifter und Anhaͤngern. — Auch vom Confuzius und ſeiner Lehre. Fremde Goͤtter werden in Japan Buds oder Fotoke genant, um ſie von den Sin und Kame zu unterſcheiden, die von Alters her im Lande verehrt wurden. Die Charaktere, womit dieſe Worte geſchrieben werden, ſind auch von den Charakteren der Sin und Kame ganz verſchieden. Budsdo heiſt im buchſtaͤblichen Sin des Worts: Goͤtzenweg, idolorum cultus, d. i. der Glaube, der Weg und die Manier dieſe fremden Goͤtzen anzubaͤten, und durch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/403
Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/403>, abgerufen am 24.11.2024.