Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.Kämpfers Geschichte von Japan. Fünftes Buch. achtet Kunst und Bedeutung darin. Alle diese Schriften aber sind, zum Beweis des Ori-ginals, mit des Meisters und einiger Zeugen untergedrükten Petschaften beurkundet. Man findet sie als ein Kammer- oder Hauspalladium nirgends als an dem achtbarsten Orte, in der Tokko, aufgehangen. 2) Eine auf einem weißen Schirme oder Kammerschieber von einem namhaften Meister mit schwarzen groben Strichen radirte, zwar künstlich affektirt und nachlässig, doch von weitem fehr natürlich scheinende Abbildung von Chinesischen alten Männern, Vögeln, Bäumen oder einer Landschaft. 3) Einen unter der Tsigai Danna stehenden Blumentopf, welcher nach Be- schaffenheit der Jahrszeit mit verschiedenen Baumzweigen in dem schönsten Flor nach den Regeln der Blumengärtnerei unterhalten wird, in welcher Kunst man hier zu Lande eben sowol Unterricht giebt, als bei uns im Trenchiren und Serviettenbrechen bei der Tafel. An dessen Statt findet man manchmal ein von Metal künstlich gegossenes Rauchfas, in ei- nes Kranichs, Löwen, Drachen oder andern ausländischen Thieres wilkührlicher Gestalt. Jch habe einigemal so gar einen Cölnischen Spaawasserkrug gesehen, an dem verschiedene Risse mit Fleis ausgebessert waren, und der für eine Seltenheit gehalten wurde, weil er von weiten Orten, fremder Erde und ungewöhnlicher Figur ist. 4) Einige rar geflammete Stükchen Holz, worin die Fibern wunderbar spielen, die denn durch mühsame Künsteleien über die Natur das Auge reitzen sollen. Gemeiniglich ist die Tsigai Danna selbst, oder die bretterne Fensterrahme des Erkers, der Toko und der Toko wara, oder die Schiebthüren an den Kammern und Gängen, oder auch einige Kammerpfosten, absonderlich an der Toko, von dergleichen Holze, das daher denn auch rauh und an verschiedenen Stellen in seiner groben Rinde gelassen wird, außer, daß man es zur Sauberkeit nur mit einem Firnis, jedoch so dünne überzieht, daß die subtil spielende Natur durch die Kunst keineswegs unsichtbar gemacht und verdunkelt wird. 5) Ein entweder vor dem Erkerfensterchen oder über den Schiebwänden der für- nehmsten Kammern künstlich durchgeschnittenes Gitter- oder Laubwerk. 6) Ein wegen sonderbarer Unförmlichkeit rares Stük Holz oder Knorre von einer alten verweseten Baumwurzel oder Stamme, worinnen einige Charakteren ausgegraben sind. Man findet solche Stücke hier oder da aufgehangen oder in der Toko wara liegen. Auf solche Weise sind eine oder mehrere Hinterkammern in den Herbergen und an- Boden,
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch. achtet Kunſt und Bedeutung darin. Alle dieſe Schriften aber ſind, zum Beweis des Ori-ginals, mit des Meiſters und einiger Zeugen untergedruͤkten Petſchaften beurkundet. Man findet ſie als ein Kammer- oder Hauspalladium nirgends als an dem achtbarſten Orte, in der Tokko, aufgehangen. 2) Eine auf einem weißen Schirme oder Kammerſchieber von einem namhaften Meiſter mit ſchwarzen groben Strichen radirte, zwar kuͤnſtlich affektirt und nachlaͤſſig, doch von weitem fehr natuͤrlich ſcheinende Abbildung von Chineſiſchen alten Maͤnnern, Voͤgeln, Baͤumen oder einer Landſchaft. 3) Einen unter der Tſigai Danna ſtehenden Blumentopf, welcher nach Be- ſchaffenheit der Jahrszeit mit verſchiedenen Baumzweigen in dem ſchoͤnſten Flor nach den Regeln der Blumengaͤrtnerei unterhalten wird, in welcher Kunſt man hier zu Lande eben ſowol Unterricht giebt, als bei uns im Trenchiren und Serviettenbrechen bei der Tafel. An deſſen Statt findet man manchmal ein von Metal kuͤnſtlich gegoſſenes Rauchfas, in ei- nes Kranichs, Loͤwen, Drachen oder andern auslaͤndiſchen Thieres wilkuͤhrlicher Geſtalt. Jch habe einigemal ſo gar einen Coͤlniſchen Spaawaſſerkrug geſehen, an dem verſchiedene Riſſe mit Fleis ausgebeſſert waren, und der fuͤr eine Seltenheit gehalten wurde, weil er von weiten Orten, fremder Erde und ungewoͤhnlicher Figur iſt. 4) Einige rar geflammete Stuͤkchen Holz, worin die Fibern wunderbar ſpielen, die denn durch muͤhſame Kuͤnſteleien uͤber die Natur das Auge reitzen ſollen. Gemeiniglich iſt die Tſigai Danna ſelbſt, oder die bretterne Fenſterrahme des Erkers, der Toko und der Toko wara, oder die Schiebthuͤren an den Kammern und Gaͤngen, oder auch einige Kammerpfoſten, abſonderlich an der Toko, von dergleichen Holze, das daher denn auch rauh und an verſchiedenen Stellen in ſeiner groben Rinde gelaſſen wird, außer, daß man es zur Sauberkeit nur mit einem Firnis, jedoch ſo duͤnne uͤberzieht, daß die ſubtil ſpielende Natur durch die Kunſt keineswegs unſichtbar gemacht und verdunkelt wird. 5) Ein entweder vor dem Erkerfenſterchen oder uͤber den Schiebwaͤnden der fuͤr- nehmſten Kammern kuͤnſtlich durchgeſchnittenes Gitter- oder Laubwerk. 6) Ein wegen ſonderbarer Unfoͤrmlichkeit rares Stuͤk Holz oder Knorre von einer alten verweſeten Baumwurzel oder Stamme, worinnen einige Charakteren ausgegraben ſind. Man findet ſolche Stuͤcke hier oder da aufgehangen oder in der Toko wara liegen. Auf ſolche Weiſe ſind eine oder mehrere Hinterkammern in den Herbergen und an- Boden,
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Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.
achtet Kunſt und Bedeutung darin. Alle dieſe Schriften aber ſind, zum Beweis des Ori-
ginals, mit des Meiſters und einiger Zeugen untergedruͤkten Petſchaften beurkundet. Man
findet ſie als ein Kammer- oder Hauspalladium nirgends als an dem achtbarſten Orte, in
der Tokko, aufgehangen.
2) Eine auf einem weißen Schirme oder Kammerſchieber von einem namhaften
Meiſter mit ſchwarzen groben Strichen radirte, zwar kuͤnſtlich affektirt und nachlaͤſſig, doch
von weitem fehr natuͤrlich ſcheinende Abbildung von Chineſiſchen alten Maͤnnern, Voͤgeln,
Baͤumen oder einer Landſchaft.
3) Einen unter der Tſigai Danna ſtehenden Blumentopf, welcher nach Be-
ſchaffenheit der Jahrszeit mit verſchiedenen Baumzweigen in dem ſchoͤnſten Flor nach den
Regeln der Blumengaͤrtnerei unterhalten wird, in welcher Kunſt man hier zu Lande eben
ſowol Unterricht giebt, als bei uns im Trenchiren und Serviettenbrechen bei der Tafel.
An deſſen Statt findet man manchmal ein von Metal kuͤnſtlich gegoſſenes Rauchfas, in ei-
nes Kranichs, Loͤwen, Drachen oder andern auslaͤndiſchen Thieres wilkuͤhrlicher Geſtalt.
Jch habe einigemal ſo gar einen Coͤlniſchen Spaawaſſerkrug geſehen, an dem verſchiedene
Riſſe mit Fleis ausgebeſſert waren, und der fuͤr eine Seltenheit gehalten wurde, weil er
von weiten Orten, fremder Erde und ungewoͤhnlicher Figur iſt.
4) Einige rar geflammete Stuͤkchen Holz, worin die Fibern wunderbar ſpielen,
die denn durch muͤhſame Kuͤnſteleien uͤber die Natur das Auge reitzen ſollen. Gemeiniglich
iſt die Tſigai Danna ſelbſt, oder die bretterne Fenſterrahme des Erkers, der Toko und
der Toko wara, oder die Schiebthuͤren an den Kammern und Gaͤngen, oder auch einige
Kammerpfoſten, abſonderlich an der Toko, von dergleichen Holze, das daher denn auch
rauh und an verſchiedenen Stellen in ſeiner groben Rinde gelaſſen wird, außer, daß man
es zur Sauberkeit nur mit einem Firnis, jedoch ſo duͤnne uͤberzieht, daß die ſubtil ſpielende
Natur durch die Kunſt keineswegs unſichtbar gemacht und verdunkelt wird.
5) Ein entweder vor dem Erkerfenſterchen oder uͤber den Schiebwaͤnden der fuͤr-
nehmſten Kammern kuͤnſtlich durchgeſchnittenes Gitter- oder Laubwerk.
6) Ein wegen ſonderbarer Unfoͤrmlichkeit rares Stuͤk Holz oder Knorre von einer
alten verweſeten Baumwurzel oder Stamme, worinnen einige Charakteren ausgegraben
ſind. Man findet ſolche Stuͤcke hier oder da aufgehangen oder in der Toko wara liegen.
Auf ſolche Weiſe ſind eine oder mehrere Hinterkammern in den Herbergen und an-
dern angeſehenen Haͤuſern eingerichtet und ausgeziert. Jn den uͤbrigen Kammern nimt
die erwaͤhnte vorzuͤgliche Reinlichkeit almaͤhlig ab, indem die beflekten und veralterten Mat-
ten und Schirmwaͤnde aus jenen in dieſe gethan und hier aufgebraucht werden. Die beſte
und groͤßeſte unter dieſen lezteren Kammern iſt die, in welcher nebſt den irdenen Theeſcha-
len und einigem eiſernen Kuͤchengeraͤthe alles Tafelgeſchir auf bewahrt wird, und auf dem
Boden,
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