Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.Sechstes Kap. Von der Reise der Holländer etc. geschiehet durch die Hausmägde, die ihnen alles benöthigte zubringen, bei der Mahlzeiteinschenken, vorlegen, und eben dadurch zur näheren Bekantschaft den Weg bahnen. Bei den Holländern fält eine dergleichen Bedienung weg, ja selbst der Wirth und seine mänli- chen Hausgenossen dürfen nach hereingebrachtem Thee gar nicht, oder nur bis für unsere Kammerschieber nahe treten, weil unsere mitgebrachten Diener uns mit allem, was wir brauchen, an Hand gehen müssen. Mehr Speitöpfe als der eine, der mit auf der Platte stehet, werden den Gästen nicht gegeben; solten weiter welche gefordert werden, so dienen dafür Handbreit lange Stäbchen von Bambus, die unter dem Gliede abgesägt sind. Die Kerzen, die man uns zur Abendzeit bringt, sind in der Mitten hohl, denn Unsere Japaner halten auf der Reise täglich dreimal Tafel, ohne was sie noch dar- Wenn Zweiter Band. B b
Sechſtes Kap. Von der Reiſe der Hollaͤnder ꝛc. geſchiehet durch die Hausmaͤgde, die ihnen alles benoͤthigte zubringen, bei der Mahlzeiteinſchenken, vorlegen, und eben dadurch zur naͤheren Bekantſchaft den Weg bahnen. Bei den Hollaͤndern faͤlt eine dergleichen Bedienung weg, ja ſelbſt der Wirth und ſeine maͤnli- chen Hausgenoſſen duͤrfen nach hereingebrachtem Thee gar nicht, oder nur bis fuͤr unſere Kammerſchieber nahe treten, weil unſere mitgebrachten Diener uns mit allem, was wir brauchen, an Hand gehen muͤſſen. Mehr Speitoͤpfe als der eine, der mit auf der Platte ſtehet, werden den Gaͤſten nicht gegeben; ſolten weiter welche gefordert werden, ſo dienen dafuͤr Handbreit lange Staͤbchen von Bambus, die unter dem Gliede abgeſaͤgt ſind. Die Kerzen, die man uns zur Abendzeit bringt, ſind in der Mitten hohl, denn Unſere Japaner halten auf der Reiſe taͤglich dreimal Tafel, ohne was ſie noch dar- Wenn Zweiter Band. B b
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Sechſtes Kap. Von der Reiſe der Hollaͤnder ꝛc.
geſchiehet durch die Hausmaͤgde, die ihnen alles benoͤthigte zubringen, bei der Mahlzeit
einſchenken, vorlegen, und eben dadurch zur naͤheren Bekantſchaft den Weg bahnen. Bei
den Hollaͤndern faͤlt eine dergleichen Bedienung weg, ja ſelbſt der Wirth und ſeine maͤnli-
chen Hausgenoſſen duͤrfen nach hereingebrachtem Thee gar nicht, oder nur bis fuͤr unſere
Kammerſchieber nahe treten, weil unſere mitgebrachten Diener uns mit allem, was wir
brauchen, an Hand gehen muͤſſen. Mehr Speitoͤpfe als der eine, der mit auf der Platte
ſtehet, werden den Gaͤſten nicht gegeben; ſolten weiter welche gefordert werden, ſo dienen
dafuͤr Handbreit lange Staͤbchen von Bambus, die unter dem Gliede abgeſaͤgt ſind.
Die Kerzen, die man uns zur Abendzeit bringt, ſind in der Mitten hohl, denn
ihr papierner Tocht wird um ein rundes Staͤbchen gewunden, und alsdenn in das Fet ge-
tunkt, die Leuchter ſind daher mit einer Pfrieme verſehen, worauf ſie geſtekt werden; ſie
brennen geſchwinde ab, und geben viel Rauch und ſtinkenden Dunſt, weil ſie von Lorbeer,
Campher und anderm dergleichen Baumfette brennen muͤſſen. Wenn man die brennende
Kerze aus dem Leuchterpfriemen hebt, ſo iſt es laͤcherlich zu ſehen, wie der Rauch unten
mit einem geſchwinden Wirbel hervorblaͤſet, welchen die brennende Flamme hinabtreibt.
Zur Nachtlampe bedient man ſich eines platten irdenen Schluͤſſelchens, worauf ein Tocht
von Biſammark in Walfiſch- oder Baumoͤl aus dem Saamen der Baumwolle brent, und
das uͤber ein Waſſergefaͤs oder auch in eine viereckigte Laterne geſezt wird, damit es zu kei-
ner Entzuͤndung komme, die in dieſen gleichſam papiernen Haͤuſern leicht entſtehen, und
ſich zu einer algemeinen Feuersbrunſt verbreiten kan.
Unſere Japaner halten auf der Reiſe taͤglich dreimal Tafel, ohne was ſie noch dar-
zwiſchen eſſen. Noch vor Tage, und ſo bald ſie aufgeſtanden und gekleidet ſind, und alſo
vor dem Aufbruche geſchiehet die erſte, zu Mittage in der andern Herberge die zweite, und
vor dem Schlafengehen die dritte Mahlzeit, die ihnen auf inlaͤndiſche Manier ſo zubereitet
wird, wie wir es an ſeinem Orte beſchrieben haben. Sie laſſen es ſich ſehr gut ſchmecken,
und ſingen auch wol nach der Mahlzeit ein Liedchen beim Trinken, oder (da ihnen das
Chartenſpielen verboten iſt) machen ſich ſonſt durch andere Spiele und durch Raͤzelaufgaben
nach der Reihe einen Zeitvertreib, wobei denn der, welcher verliert, einen Trunk thun
mus. Die Hollaͤnder hingegen muͤſſen das ihrige in der Stille einnehmen; ihre Mahlzeit
laſſen ſie ſich von ihren Japaniſchen Koͤchen auf Europaͤiſche Manier zurichten und auftra-
gen, und ſich bisweilen eine Japaniſche Schuͤſſel von dem Wirthe dazu reichen, auch,
nebſt dem Europaͤiſchen Weine, das einheimiſche warme Reisbier zur Genuͤge einſchenken.
Jm uͤbrigen muͤſſen ſie ihre Veraͤnderung bei Tage in dem Hausgaͤrtchen, und des Abends,
nach Belieben, in der Badſtube ſuchen, ohne ſonſt wohin einen Schrit, auch nur zu den
Bedienten, des Zeitvertreibs halber, thun zu duͤrfen, es waͤre denn, aus einer Art von
Nachſicht, in den Nebenkammern der Nagaſackiſchen Reiſegefaͤhrten.
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