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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Fünftes Buch.

Wenn unser Train die Herberge verläst, so wird der Wirth in Gegenwart beider
Dolmetscher bezahlt, und ihm das Geld in Golde auf einer kleinen Platte von unserm Re-
sidenten zugereicht; derselbe kriecht auf Händen und Knien mit großer Ehrerbietung herbei,
und legt bei Anfassung der Platte mit einer bis zur Erde sich neigenden Stirn, unter vie-
lem Ausstöhnen der Worte: ah, ah, ah! (damit man hier zu Lande seine Unterwürfigkeit
ausdrücken wil) seine Danksagung ab; er wil sich gemeiniglich gegen die übrigen Holländer
auf die nämliche Weise bezeigen, wird aber von dem Dolmetscher davon abgehalten, da er
dann wiederum auf allen vieren zurükkriecht. Jn der Herberge, wo Mittag gehalten
wird, werden zwei, in der aber, wo wir zu Abend essen und schlafen, drei Cobang be-
zahlt, wofür der ganze Train (ausgenommen die Pferde, Knechte und Träger) mit Speise und
Trank versehen werden mus. Die Wirthe in den Städten Osacka, Miaco und Jedo, wo wir
stille liegen, bekommen, ohne die andern Erkentlichkeiten, täglich eben so viel; welches
für uns, die wir sonst alles doppelt bezahlen müssen, gar wenig ist, inzwischen noch daher
rührt, weil vor vielen Jahren, als der Train noch nicht so stark war, mit den Wirthen
auf diese Art der Accord gemacht worden. Die auf Saikaido, auf dem kleinen Landwege
von Nagasacki bis Kokura nämlich, bekommen nur ein kleines Geschenk für ihre Ungemäch-
lichkeit, weil unsere Köche daselbst alles Nöthige herbeischaffen. So wie ein Gast seine
Herberge verläst, ist es eine hergebrachte Höflichkeit und Zeichen der Dankbarkeit, daß
er in der Eile den Fusboden seiner Kammer durch seine eigene Bediente überfegen und
vom Staube säubern läst.

Aus dieser höflichen Begegnung der Wirthe nun läst sich die der Japaner abneh-
men, wovon man aber das Geschmeis unserer Nagasackischen Gefährten ausschließen mus.
Keine Nation in der Welt thut ihnen hierinnen was zuvor, wie wir das in allen auf der
Reise vorfallenden Besuchen gefunden haben, ja ihre Lebensart von dem geringsten Bauren
bis zu dem größesten Herrn ist so artig, daß man das ganze Reich eine hohe Schule aller
Höflichkeit und guten Sitten nennen möchte; und da sie als sinreiche, neugierige Leute alles
Ausländische hochachten, so ist zu glauben, daß sie uns als Fremdlinge auf den Händen tra-
gen würden, wenn es ihnen erlaubt wäre; die bösen Gassenbuben, deren es überal giebt,
kommen zwar dabei in keinen Betracht, die uns in einigen Städten und Flecken mit gewis-
sen schimpflichen Reimen und Sprüchwörtern verfolgen, die etwa zur Verspottung der Si-
nesen, wofür sie uns gemeiniglich halten, dienen sollen; worunter denn ihr: Toosin bay
bay!
das gewöhnlichste ist, das auf halb Sinesisch so viel sagen wil, als, wie man bei
uns den Juden zuruft: Sinese, hast du nichts zu schachern?

Die Ausgaben oder Reisekosten, wie ich sie ohngefehr und mit runden Zahlen mir
angemerkt habe, bestehen fürnemlich im folgenden:

Für
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.

Wenn unſer Train die Herberge verlaͤſt, ſo wird der Wirth in Gegenwart beider
Dolmetſcher bezahlt, und ihm das Geld in Golde auf einer kleinen Platte von unſerm Re-
ſidenten zugereicht; derſelbe kriecht auf Haͤnden und Knien mit großer Ehrerbietung herbei,
und legt bei Anfaſſung der Platte mit einer bis zur Erde ſich neigenden Stirn, unter vie-
lem Ausſtoͤhnen der Worte: ah, ah, ah! (damit man hier zu Lande ſeine Unterwuͤrfigkeit
ausdruͤcken wil) ſeine Dankſagung ab; er wil ſich gemeiniglich gegen die uͤbrigen Hollaͤnder
auf die naͤmliche Weiſe bezeigen, wird aber von dem Dolmetſcher davon abgehalten, da er
dann wiederum auf allen vieren zuruͤkkriecht. Jn der Herberge, wo Mittag gehalten
wird, werden zwei, in der aber, wo wir zu Abend eſſen und ſchlafen, drei Cobang be-
zahlt, wofuͤr der ganze Train (ausgenommen die Pferde, Knechte und Traͤger) mit Speiſe und
Trank verſehen werden mus. Die Wirthe in den Staͤdten Oſacka, Miaco und Jedo, wo wir
ſtille liegen, bekommen, ohne die andern Erkentlichkeiten, taͤglich eben ſo viel; welches
fuͤr uns, die wir ſonſt alles doppelt bezahlen muͤſſen, gar wenig iſt, inzwiſchen noch daher
ruͤhrt, weil vor vielen Jahren, als der Train noch nicht ſo ſtark war, mit den Wirthen
auf dieſe Art der Accord gemacht worden. Die auf Saikaido, auf dem kleinen Landwege
von Nagaſacki bis Kokura naͤmlich, bekommen nur ein kleines Geſchenk fuͤr ihre Ungemaͤch-
lichkeit, weil unſere Koͤche daſelbſt alles Noͤthige herbeiſchaffen. So wie ein Gaſt ſeine
Herberge verlaͤſt, iſt es eine hergebrachte Hoͤflichkeit und Zeichen der Dankbarkeit, daß
er in der Eile den Fusboden ſeiner Kammer durch ſeine eigene Bediente uͤberfegen und
vom Staube ſaͤubern laͤſt.

Aus dieſer hoͤflichen Begegnung der Wirthe nun laͤſt ſich die der Japaner abneh-
men, wovon man aber das Geſchmeis unſerer Nagaſackiſchen Gefaͤhrten ausſchließen mus.
Keine Nation in der Welt thut ihnen hierinnen was zuvor, wie wir das in allen auf der
Reiſe vorfallenden Beſuchen gefunden haben, ja ihre Lebensart von dem geringſten Bauren
bis zu dem groͤßeſten Herrn iſt ſo artig, daß man das ganze Reich eine hohe Schule aller
Hoͤflichkeit und guten Sitten nennen moͤchte; und da ſie als ſinreiche, neugierige Leute alles
Auslaͤndiſche hochachten, ſo iſt zu glauben, daß ſie uns als Fremdlinge auf den Haͤnden tra-
gen wuͤrden, wenn es ihnen erlaubt waͤre; die boͤſen Gaſſenbuben, deren es uͤberal giebt,
kommen zwar dabei in keinen Betracht, die uns in einigen Staͤdten und Flecken mit gewiſ-
ſen ſchimpflichen Reimen und Spruͤchwoͤrtern verfolgen, die etwa zur Verſpottung der Si-
neſen, wofuͤr ſie uns gemeiniglich halten, dienen ſollen; worunter denn ihr: Tooſin bay
bay!
das gewoͤhnlichſte iſt, das auf halb Sineſiſch ſo viel ſagen wil, als, wie man bei
uns den Juden zuruft: Sineſe, haſt du nichts zu ſchachern?

Die Ausgaben oder Reiſekoſten, wie ich ſie ohngefehr und mit runden Zahlen mir
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[194/0212] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch. Wenn unſer Train die Herberge verlaͤſt, ſo wird der Wirth in Gegenwart beider Dolmetſcher bezahlt, und ihm das Geld in Golde auf einer kleinen Platte von unſerm Re- ſidenten zugereicht; derſelbe kriecht auf Haͤnden und Knien mit großer Ehrerbietung herbei, und legt bei Anfaſſung der Platte mit einer bis zur Erde ſich neigenden Stirn, unter vie- lem Ausſtoͤhnen der Worte: ah, ah, ah! (damit man hier zu Lande ſeine Unterwuͤrfigkeit ausdruͤcken wil) ſeine Dankſagung ab; er wil ſich gemeiniglich gegen die uͤbrigen Hollaͤnder auf die naͤmliche Weiſe bezeigen, wird aber von dem Dolmetſcher davon abgehalten, da er dann wiederum auf allen vieren zuruͤkkriecht. Jn der Herberge, wo Mittag gehalten wird, werden zwei, in der aber, wo wir zu Abend eſſen und ſchlafen, drei Cobang be- zahlt, wofuͤr der ganze Train (ausgenommen die Pferde, Knechte und Traͤger) mit Speiſe und Trank verſehen werden mus. Die Wirthe in den Staͤdten Oſacka, Miaco und Jedo, wo wir ſtille liegen, bekommen, ohne die andern Erkentlichkeiten, taͤglich eben ſo viel; welches fuͤr uns, die wir ſonſt alles doppelt bezahlen muͤſſen, gar wenig iſt, inzwiſchen noch daher ruͤhrt, weil vor vielen Jahren, als der Train noch nicht ſo ſtark war, mit den Wirthen auf dieſe Art der Accord gemacht worden. Die auf Saikaido, auf dem kleinen Landwege von Nagaſacki bis Kokura naͤmlich, bekommen nur ein kleines Geſchenk fuͤr ihre Ungemaͤch- lichkeit, weil unſere Koͤche daſelbſt alles Noͤthige herbeiſchaffen. So wie ein Gaſt ſeine Herberge verlaͤſt, iſt es eine hergebrachte Hoͤflichkeit und Zeichen der Dankbarkeit, daß er in der Eile den Fusboden ſeiner Kammer durch ſeine eigene Bediente uͤberfegen und vom Staube ſaͤubern laͤſt. Aus dieſer hoͤflichen Begegnung der Wirthe nun laͤſt ſich die der Japaner abneh- men, wovon man aber das Geſchmeis unſerer Nagaſackiſchen Gefaͤhrten ausſchließen mus. Keine Nation in der Welt thut ihnen hierinnen was zuvor, wie wir das in allen auf der Reiſe vorfallenden Beſuchen gefunden haben, ja ihre Lebensart von dem geringſten Bauren bis zu dem groͤßeſten Herrn iſt ſo artig, daß man das ganze Reich eine hohe Schule aller Hoͤflichkeit und guten Sitten nennen moͤchte; und da ſie als ſinreiche, neugierige Leute alles Auslaͤndiſche hochachten, ſo iſt zu glauben, daß ſie uns als Fremdlinge auf den Haͤnden tra- gen wuͤrden, wenn es ihnen erlaubt waͤre; die boͤſen Gaſſenbuben, deren es uͤberal giebt, kommen zwar dabei in keinen Betracht, die uns in einigen Staͤdten und Flecken mit gewiſ- ſen ſchimpflichen Reimen und Spruͤchwoͤrtern verfolgen, die etwa zur Verſpottung der Si- neſen, wofuͤr ſie uns gemeiniglich halten, dienen ſollen; worunter denn ihr: Tooſin bay bay! das gewoͤhnlichſte iſt, das auf halb Sineſiſch ſo viel ſagen wil, als, wie man bei uns den Juden zuruft: Sineſe, haſt du nichts zu ſchachern? Die Ausgaben oder Reiſekoſten, wie ich ſie ohngefehr und mit runden Zahlen mir angemerkt habe, beſtehen fuͤrnemlich im folgenden: Fuͤr

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/212>, abgerufen am 21.11.2024.