Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.
Siebent. Kap. Unsere Reise zu Lande von Nagasacki bis Kokura. Zustande. Sie erstrekt sich etwa eine Japanische Meile in die Länge von Osten nach We-sten, macht eine länglicht viereckigte Figur, und bestehet aus vier Theilen, nämlich einem großen Kastel und dreien von einander abgesonderten Städten. Das Kastel nimt einen weiten vierseitigen Plaz ein, der mit Graben und niedrigen Wällen, welche aus dem Fun- dament mit Steinen aufgeführt und mit hölzernen sonderlich neben dem Flusse hervorstehen- den Bolwerken nach der Landesart bevestigt und ausgeziert worden, umgeben ist. Etwa in dessen Mitte stehet die Burg, mit schönen weißen Mauren eingeschlossen, und an der Nordostecke einiges Geschüz, auch ein sechs Stokwerk hoher Wachtthurm, als ein Zeichen der Landesherrlichen Residenz. Die Einkünfte des Fürsten dieses kleinen Landes Unga Sawara Ukon no Cami, der damals mit seinem Hofstaate die Burg bewohnte, erstre- cken sich auf 15 Mangokf. Die Stadt so wie jeder Theil derselben hat eine vierseitige Form. An jedem zwischen zwei festen Quermauern aus zwei großen Flügeln bestehendem Thore ist ein offenes hölzernes Wachthaus, und vor demselben auf einem unter dem Vordache erhabenen Fusboden drei lange Wachtstäbe nebst sechs mit schwarzen Pferdeharen oben gezierten Bür- sten anzutreffen. Jnwendig sahen wir zwei ehrbare manierlich gekleidete Männer in einer Reihe sitzen, die die Gesichter gegen das Thor oder die Straße gewandt hatten. Die Häuser der Stadt sind klein, die Gassen aber breit, eben und regelmäßig, und laufen theils gegen Süden, theils gesten Westen. Man findet darinnen viele schöne Herbergen und Garküchen, in welchen der Feuerheerd erhaben, und, wie in Deutschland, ohne Erspa- rung der Kosten eingerichtet ist, an den Hinterhäusern aber Badstuben und kostbare erhö- hete Gärten. Der Strohm, welcher von Süden durch die Stadt in die nahe See fließet, und den lezten Theil der Stadt von den ersten beiden und dem Schlosse trennet, war beinahe mit 100 kleinen Fahrzeugen bedekt, denn die lasttragenden Schiffe können wegen seiner Fläche nicht hieher kommen, sondern müssen bei Simonosecki vor Anker bleiben. Ueber diesem Flusse lag eine 200 Schrit lange und mit eisernen Geländern und auf vier hölzernen Pfeilern prächtig erbauete Brücke. Aus dem beigefügten Grundrisse wird man die Lage der Stadt mit mehrerm ersehen können, a ist die innere Burg und Residenz des Landsherrn;Tab. XXXIII. fig. 2. b der mit der Hof bedienten Häusern und Gärten besezte Plaz des Kastels; c der Kastels- thurm; d der erste; e der zweite; f der dritte Theil der Stadt. Achtes Zweiter Band. D d
Siebent. Kap. Unſere Reiſe zu Lande von Nagaſacki bis Kokura. Zuſtande. Sie erſtrekt ſich etwa eine Japaniſche Meile in die Laͤnge von Oſten nach We-ſten, macht eine laͤnglicht viereckigte Figur, und beſtehet aus vier Theilen, naͤmlich einem großen Kaſtel und dreien von einander abgeſonderten Staͤdten. Das Kaſtel nimt einen weiten vierſeitigen Plaz ein, der mit Graben und niedrigen Waͤllen, welche aus dem Fun- dament mit Steinen aufgefuͤhrt und mit hoͤlzernen ſonderlich neben dem Fluſſe hervorſtehen- den Bolwerken nach der Landesart beveſtigt und ausgeziert worden, umgeben iſt. Etwa in deſſen Mitte ſtehet die Burg, mit ſchoͤnen weißen Mauren eingeſchloſſen, und an der Nordoſtecke einiges Geſchuͤz, auch ein ſechs Stokwerk hoher Wachtthurm, als ein Zeichen der Landesherrlichen Reſidenz. Die Einkuͤnfte des Fuͤrſten dieſes kleinen Landes Unga Sawara Ukon no Cami, der damals mit ſeinem Hofſtaate die Burg bewohnte, erſtre- cken ſich auf 15 Mangokf. Die Stadt ſo wie jeder Theil derſelben hat eine vierſeitige Form. An jedem zwiſchen zwei feſten Quermauern aus zwei großen Fluͤgeln beſtehendem Thore iſt ein offenes hoͤlzernes Wachthaus, und vor demſelben auf einem unter dem Vordache erhabenen Fusboden drei lange Wachtſtaͤbe nebſt ſechs mit ſchwarzen Pferdeharen oben gezierten Buͤr- ſten anzutreffen. Jnwendig ſahen wir zwei ehrbare manierlich gekleidete Maͤnner in einer Reihe ſitzen, die die Geſichter gegen das Thor oder die Straße gewandt hatten. Die Haͤuſer der Stadt ſind klein, die Gaſſen aber breit, eben und regelmaͤßig, und laufen theils gegen Suͤden, theils geſten Weſten. Man findet darinnen viele ſchoͤne Herbergen und Garkuͤchen, in welchen der Feuerheerd erhaben, und, wie in Deutſchland, ohne Erſpa- rung der Koſten eingerichtet iſt, an den Hinterhaͤuſern aber Badſtuben und koſtbare erhoͤ- hete Gaͤrten. Der Strohm, welcher von Suͤden durch die Stadt in die nahe See fließet, und den lezten Theil der Stadt von den erſten beiden und dem Schloſſe trennet, war beinahe mit 100 kleinen Fahrzeugen bedekt, denn die laſttragenden Schiffe koͤnnen wegen ſeiner Flaͤche nicht hieher kommen, ſondern muͤſſen bei Simonoſecki vor Anker bleiben. Ueber dieſem Fluſſe lag eine 200 Schrit lange und mit eiſernen Gelaͤndern und auf vier hoͤlzernen Pfeilern praͤchtig erbauete Bruͤcke. Aus dem beigefuͤgten Grundriſſe wird man die Lage der Stadt mit mehrerm erſehen koͤnnen, a iſt die innere Burg und Reſidenz des Landsherrn;Tab. XXXIII. fig. 2. b der mit der Hof bedienten Haͤuſern und Gaͤrten beſezte Plaz des Kaſtels; c der Kaſtels- thurm; d der erſte; e der zweite; f der dritte Theil der Stadt. Achtes Zweiter Band. D d
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0231" n="209"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Siebent. Kap. Unſere Reiſe zu Lande von Nagaſacki bis Kokura.</hi></fw><lb/> Zuſtande. Sie erſtrekt ſich etwa eine Japaniſche Meile in die Laͤnge von Oſten nach We-<lb/> ſten, macht eine laͤnglicht viereckigte Figur, und beſtehet aus vier Theilen, naͤmlich einem<lb/> großen Kaſtel und dreien von einander abgeſonderten Staͤdten. Das Kaſtel nimt einen<lb/> weiten vierſeitigen Plaz ein, der mit Graben und niedrigen Waͤllen, welche aus dem Fun-<lb/> dament mit Steinen aufgefuͤhrt und mit hoͤlzernen ſonderlich neben dem Fluſſe hervorſtehen-<lb/> den Bolwerken nach der Landesart beveſtigt und ausgeziert worden, umgeben iſt. Etwa in<lb/> deſſen Mitte ſtehet die Burg, mit ſchoͤnen weißen Mauren eingeſchloſſen, und an der<lb/> Nordoſtecke einiges Geſchuͤz, auch ein ſechs Stokwerk hoher Wachtthurm, als ein Zeichen<lb/> der Landesherrlichen Reſidenz. Die Einkuͤnfte des Fuͤrſten dieſes kleinen Landes <hi rendition="#fr">Unga<lb/> Sawara Ukon no Cami,</hi> der damals mit ſeinem Hofſtaate die Burg bewohnte, erſtre-<lb/> cken ſich auf 15 Mangokf. Die Stadt ſo wie jeder Theil derſelben hat eine vierſeitige Form.<lb/> An jedem zwiſchen zwei feſten Quermauern aus zwei großen Fluͤgeln beſtehendem Thore iſt<lb/> ein offenes hoͤlzernes Wachthaus, und vor demſelben auf einem unter dem Vordache erhabenen<lb/> Fusboden drei lange Wachtſtaͤbe nebſt ſechs mit ſchwarzen Pferdeharen oben gezierten Buͤr-<lb/> ſten anzutreffen. Jnwendig ſahen wir zwei ehrbare manierlich gekleidete Maͤnner in einer<lb/> Reihe ſitzen, die die Geſichter gegen das Thor oder die Straße gewandt hatten. Die<lb/> Haͤuſer der Stadt ſind klein, die Gaſſen aber breit, eben und regelmaͤßig, und laufen theils<lb/> gegen Suͤden, theils geſten Weſten. Man findet darinnen viele ſchoͤne Herbergen und<lb/> Garkuͤchen, in welchen der Feuerheerd erhaben, und, wie in Deutſchland, ohne Erſpa-<lb/> rung der Koſten eingerichtet iſt, an den Hinterhaͤuſern aber Badſtuben und koſtbare erhoͤ-<lb/> hete Gaͤrten. Der Strohm, welcher von Suͤden durch die Stadt in die nahe See fließet,<lb/> und den lezten Theil der Stadt von den erſten beiden und dem Schloſſe trennet, war beinahe<lb/> mit 100 kleinen Fahrzeugen bedekt, denn die laſttragenden Schiffe koͤnnen wegen ſeiner<lb/> Flaͤche nicht hieher kommen, ſondern muͤſſen bei Simonoſecki vor Anker bleiben. Ueber<lb/> dieſem Fluſſe lag eine 200 Schrit lange und mit eiſernen Gelaͤndern und auf vier hoͤlzernen<lb/> Pfeilern praͤchtig erbauete Bruͤcke. Aus dem beigefuͤgten Grundriſſe wird man die Lage der<lb/> Stadt mit mehrerm erſehen koͤnnen, <hi rendition="#aq">a</hi> iſt die innere Burg und Reſidenz des Landsherrn;<note place="right"><hi rendition="#aq">Tab.<lb/> XXXIII.<lb/> fig.</hi> 2.</note><lb/><hi rendition="#aq">b</hi> der mit der Hof bedienten Haͤuſern und Gaͤrten beſezte Plaz des Kaſtels; <hi rendition="#aq">c</hi> der Kaſtels-<lb/> thurm; <hi rendition="#aq">d</hi> der erſte; <hi rendition="#aq">e</hi> der zweite; <hi rendition="#aq">f</hi> der dritte Theil der Stadt.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Zweiter Band.</hi> D d</fw> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Achtes</hi> </fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [209/0231]
Siebent. Kap. Unſere Reiſe zu Lande von Nagaſacki bis Kokura.
Zuſtande. Sie erſtrekt ſich etwa eine Japaniſche Meile in die Laͤnge von Oſten nach We-
ſten, macht eine laͤnglicht viereckigte Figur, und beſtehet aus vier Theilen, naͤmlich einem
großen Kaſtel und dreien von einander abgeſonderten Staͤdten. Das Kaſtel nimt einen
weiten vierſeitigen Plaz ein, der mit Graben und niedrigen Waͤllen, welche aus dem Fun-
dament mit Steinen aufgefuͤhrt und mit hoͤlzernen ſonderlich neben dem Fluſſe hervorſtehen-
den Bolwerken nach der Landesart beveſtigt und ausgeziert worden, umgeben iſt. Etwa in
deſſen Mitte ſtehet die Burg, mit ſchoͤnen weißen Mauren eingeſchloſſen, und an der
Nordoſtecke einiges Geſchuͤz, auch ein ſechs Stokwerk hoher Wachtthurm, als ein Zeichen
der Landesherrlichen Reſidenz. Die Einkuͤnfte des Fuͤrſten dieſes kleinen Landes Unga
Sawara Ukon no Cami, der damals mit ſeinem Hofſtaate die Burg bewohnte, erſtre-
cken ſich auf 15 Mangokf. Die Stadt ſo wie jeder Theil derſelben hat eine vierſeitige Form.
An jedem zwiſchen zwei feſten Quermauern aus zwei großen Fluͤgeln beſtehendem Thore iſt
ein offenes hoͤlzernes Wachthaus, und vor demſelben auf einem unter dem Vordache erhabenen
Fusboden drei lange Wachtſtaͤbe nebſt ſechs mit ſchwarzen Pferdeharen oben gezierten Buͤr-
ſten anzutreffen. Jnwendig ſahen wir zwei ehrbare manierlich gekleidete Maͤnner in einer
Reihe ſitzen, die die Geſichter gegen das Thor oder die Straße gewandt hatten. Die
Haͤuſer der Stadt ſind klein, die Gaſſen aber breit, eben und regelmaͤßig, und laufen theils
gegen Suͤden, theils geſten Weſten. Man findet darinnen viele ſchoͤne Herbergen und
Garkuͤchen, in welchen der Feuerheerd erhaben, und, wie in Deutſchland, ohne Erſpa-
rung der Koſten eingerichtet iſt, an den Hinterhaͤuſern aber Badſtuben und koſtbare erhoͤ-
hete Gaͤrten. Der Strohm, welcher von Suͤden durch die Stadt in die nahe See fließet,
und den lezten Theil der Stadt von den erſten beiden und dem Schloſſe trennet, war beinahe
mit 100 kleinen Fahrzeugen bedekt, denn die laſttragenden Schiffe koͤnnen wegen ſeiner
Flaͤche nicht hieher kommen, ſondern muͤſſen bei Simonoſecki vor Anker bleiben. Ueber
dieſem Fluſſe lag eine 200 Schrit lange und mit eiſernen Gelaͤndern und auf vier hoͤlzernen
Pfeilern praͤchtig erbauete Bruͤcke. Aus dem beigefuͤgten Grundriſſe wird man die Lage der
Stadt mit mehrerm erſehen koͤnnen, a iſt die innere Burg und Reſidenz des Landsherrn;
b der mit der Hof bedienten Haͤuſern und Gaͤrten beſezte Plaz des Kaſtels; c der Kaſtels-
thurm; d der erſte; e der zweite; f der dritte Theil der Stadt.
Tab.
XXXIII.
fig. 2.
Achtes
Zweiter Band. D d
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/231 |
| Zitationshilfe: | Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/231>, abgerufen am 21.11.2024. |
