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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Fünftes Buch. Eilftes Kap. etc.
Ordnung, Gleichheit, Breite und Schönheit gewannen, und uns das Gewimmel der
Menschen versicherte, daß wir uns in der Stadt selbst befänden. Gleich Anfangs trafen
wir auf die Fischmärkte, wo man vielerlei Seekräuter, Muscheln, Schnecken, Meerge-
wächse und Fische in Menge zur Küche einkaufen konte; wir hielten sodann die große Mit-
telgasse, welche die ganze Stadt, wiewol in einiger Krümme Nordwärts durchschneidet,
und zogen über verschiedene breite ansehnliche Brücken, moderichte Graben und flache Bäche,
welche, so wie viele andere Quergassen, zur linken Hand der Kaiserlichen Burg zu, zur
rechten aber Seewärts abliefen. Eine der Brücken ist 42 Klafter lang und durch das
ganze Reich bekant, indem von derselben, als von einem unverrükten Mittelpunkte, die
Hauptwege und Entfernungen aller Oerter angerechnet werden. Sie wird Vorzugsweise
Nipon basj, d. i. die Japanische Brücke genant. Von dem äußersten Schlosgraben,
wo der Strohm, den sie bedekte, herkam, schien sie 600 Schritte abgelegen zu seyn. Auf
eben jener Haupt-etwa 50 Schrit breiten Mittelstraße begegnete uns ein unglaubliches Ge-
tümmel von Menschen, Suiten von großen Herren und Hofleuten, köstlich gekleidete
Frauenzimmer zu Fuße und in Tragsesseln, unter andern auch ein Aufzug einer Feuercompagnie
zu Fuße von beinahe 100 Man in Europäischer Militärordnung; ihre Uniform waren braune
lederne Röcke, und also wider den Brand eingerichtet, einige trugen lange Feuerpiken, an-
dere Feuerhaken auf der Schulter, und ihr Capitain oder Anführer rit in der Mitte. Die
Kaufleute und Stofhändler, Spezerei-und Götzenkrämer, Buchhändler, Schmelzarbei-
ter, Apotheker, Marktschreier u. d. gl. standen nur vorn in den Häusern unter den Vordä-
chern, wenige aber auf der Gassen mit ihren ansehnlichen Buden aus, welche von oben auf
die Hälfte mit einem hernieder hangenden schwarzen Tuche bedekt, ihre Verkaufswaaren
aber mit ausgestekten sonderbaren Kenzeichen angedeutet waren. Es lies sich bei unserm
Durchzuge des Zuschauens halber, wie in andern Städten geschah, fast niemand vor den
Thüren sehen, vermuthlich weil man an einem so volkreichen vornehmen Orte, wo sich ein
so großer Hof befand, so etwas für die Neugierde zu gering hielt. Nachdem wir denn so
auf mehr erwähnter Mittelgasse in dem regelmäßigen Theile der Stadt eine gute Weile zu-
gebracht, schlugen wir endlich die lezte von 50 zu beiden Seiten vorbei gezogenen Quergassen
ein, und fanden vorn in derselben zur linken Hand nahe bei einem hölzernen Schlagthurm
in dem oberen Stokwerk eines Hinterhauses, wozu man durch einen engen Gang gelangen
muste, unsere Herberge. Unsere Ankunft geschahe um ein Uhr Nachmittags. Die ganze
Reise von Nagasacki war also in 29 Tagen geendigt worden.



Zwölftes

Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch. Eilftes Kap. ꝛc.
Ordnung, Gleichheit, Breite und Schoͤnheit gewannen, und uns das Gewimmel der
Menſchen verſicherte, daß wir uns in der Stadt ſelbſt befaͤnden. Gleich Anfangs trafen
wir auf die Fiſchmaͤrkte, wo man vielerlei Seekraͤuter, Muſcheln, Schnecken, Meerge-
waͤchſe und Fiſche in Menge zur Kuͤche einkaufen konte; wir hielten ſodann die große Mit-
telgaſſe, welche die ganze Stadt, wiewol in einiger Kruͤmme Nordwaͤrts durchſchneidet,
und zogen uͤber verſchiedene breite anſehnliche Bruͤcken, moderichte Graben und flache Baͤche,
welche, ſo wie viele andere Quergaſſen, zur linken Hand der Kaiſerlichen Burg zu, zur
rechten aber Seewaͤrts abliefen. Eine der Bruͤcken iſt 42 Klafter lang und durch das
ganze Reich bekant, indem von derſelben, als von einem unverruͤkten Mittelpunkte, die
Hauptwege und Entfernungen aller Oerter angerechnet werden. Sie wird Vorzugsweiſe
Nipon baſj, d. i. die Japaniſche Bruͤcke genant. Von dem aͤußerſten Schlosgraben,
wo der Strohm, den ſie bedekte, herkam, ſchien ſie 600 Schritte abgelegen zu ſeyn. Auf
eben jener Haupt-etwa 50 Schrit breiten Mittelſtraße begegnete uns ein unglaubliches Ge-
tuͤmmel von Menſchen, Suiten von großen Herren und Hofleuten, koͤſtlich gekleidete
Frauenzimmer zu Fuße und in Tragſeſſeln, unter andern auch ein Aufzug einer Feuercompagnie
zu Fuße von beinahe 100 Man in Europaͤiſcher Militaͤrordnung; ihre Uniform waren braune
lederne Roͤcke, und alſo wider den Brand eingerichtet, einige trugen lange Feuerpiken, an-
dere Feuerhaken auf der Schulter, und ihr Capitain oder Anfuͤhrer rit in der Mitte. Die
Kaufleute und Stofhaͤndler, Spezerei-und Goͤtzenkraͤmer, Buchhaͤndler, Schmelzarbei-
ter, Apotheker, Marktſchreier u. d. gl. ſtanden nur vorn in den Haͤuſern unter den Vordaͤ-
chern, wenige aber auf der Gaſſen mit ihren anſehnlichen Buden aus, welche von oben auf
die Haͤlfte mit einem hernieder hangenden ſchwarzen Tuche bedekt, ihre Verkaufswaaren
aber mit ausgeſtekten ſonderbaren Kenzeichen angedeutet waren. Es lies ſich bei unſerm
Durchzuge des Zuſchauens halber, wie in andern Staͤdten geſchah, faſt niemand vor den
Thuͤren ſehen, vermuthlich weil man an einem ſo volkreichen vornehmen Orte, wo ſich ein
ſo großer Hof befand, ſo etwas fuͤr die Neugierde zu gering hielt. Nachdem wir denn ſo
auf mehr erwaͤhnter Mittelgaſſe in dem regelmaͤßigen Theile der Stadt eine gute Weile zu-
gebracht, ſchlugen wir endlich die lezte von 50 zu beiden Seiten vorbei gezogenen Quergaſſen
ein, und fanden vorn in derſelben zur linken Hand nahe bei einem hoͤlzernen Schlagthurm
in dem oberen Stokwerk eines Hinterhauſes, wozu man durch einen engen Gang gelangen
muſte, unſere Herberge. Unſere Ankunft geſchahe um ein Uhr Nachmittags. Die ganze
Reiſe von Nagaſacki war alſo in 29 Tagen geendigt worden.



Zwoͤlftes
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[270/0304] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch. Eilftes Kap. ꝛc. Ordnung, Gleichheit, Breite und Schoͤnheit gewannen, und uns das Gewimmel der Menſchen verſicherte, daß wir uns in der Stadt ſelbſt befaͤnden. Gleich Anfangs trafen wir auf die Fiſchmaͤrkte, wo man vielerlei Seekraͤuter, Muſcheln, Schnecken, Meerge- waͤchſe und Fiſche in Menge zur Kuͤche einkaufen konte; wir hielten ſodann die große Mit- telgaſſe, welche die ganze Stadt, wiewol in einiger Kruͤmme Nordwaͤrts durchſchneidet, und zogen uͤber verſchiedene breite anſehnliche Bruͤcken, moderichte Graben und flache Baͤche, welche, ſo wie viele andere Quergaſſen, zur linken Hand der Kaiſerlichen Burg zu, zur rechten aber Seewaͤrts abliefen. Eine der Bruͤcken iſt 42 Klafter lang und durch das ganze Reich bekant, indem von derſelben, als von einem unverruͤkten Mittelpunkte, die Hauptwege und Entfernungen aller Oerter angerechnet werden. Sie wird Vorzugsweiſe Nipon baſj, d. i. die Japaniſche Bruͤcke genant. Von dem aͤußerſten Schlosgraben, wo der Strohm, den ſie bedekte, herkam, ſchien ſie 600 Schritte abgelegen zu ſeyn. Auf eben jener Haupt-etwa 50 Schrit breiten Mittelſtraße begegnete uns ein unglaubliches Ge- tuͤmmel von Menſchen, Suiten von großen Herren und Hofleuten, koͤſtlich gekleidete Frauenzimmer zu Fuße und in Tragſeſſeln, unter andern auch ein Aufzug einer Feuercompagnie zu Fuße von beinahe 100 Man in Europaͤiſcher Militaͤrordnung; ihre Uniform waren braune lederne Roͤcke, und alſo wider den Brand eingerichtet, einige trugen lange Feuerpiken, an- dere Feuerhaken auf der Schulter, und ihr Capitain oder Anfuͤhrer rit in der Mitte. Die Kaufleute und Stofhaͤndler, Spezerei-und Goͤtzenkraͤmer, Buchhaͤndler, Schmelzarbei- ter, Apotheker, Marktſchreier u. d. gl. ſtanden nur vorn in den Haͤuſern unter den Vordaͤ- chern, wenige aber auf der Gaſſen mit ihren anſehnlichen Buden aus, welche von oben auf die Haͤlfte mit einem hernieder hangenden ſchwarzen Tuche bedekt, ihre Verkaufswaaren aber mit ausgeſtekten ſonderbaren Kenzeichen angedeutet waren. Es lies ſich bei unſerm Durchzuge des Zuſchauens halber, wie in andern Staͤdten geſchah, faſt niemand vor den Thuͤren ſehen, vermuthlich weil man an einem ſo volkreichen vornehmen Orte, wo ſich ein ſo großer Hof befand, ſo etwas fuͤr die Neugierde zu gering hielt. Nachdem wir denn ſo auf mehr erwaͤhnter Mittelgaſſe in dem regelmaͤßigen Theile der Stadt eine gute Weile zu- gebracht, ſchlugen wir endlich die lezte von 50 zu beiden Seiten vorbei gezogenen Quergaſſen ein, und fanden vorn in derſelben zur linken Hand nahe bei einem hoͤlzernen Schlagthurm in dem oberen Stokwerk eines Hinterhauſes, wozu man durch einen engen Gang gelangen muſte, unſere Herberge. Unſere Ankunft geſchahe um ein Uhr Nachmittags. Die ganze Reiſe von Nagaſacki war alſo in 29 Tagen geendigt worden. Zwoͤlftes

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/304>, abgerufen am 24.11.2024.