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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Vierzehntes Kap. Von der zweiten Reise nach Hofe.
me durchzogen, und nicht lange hernach Abends fünf Uhr unsere Herberge, die Stadt
Kurmei oder Kurume, vier Meilen von Janagava, erreichten. Fünf zu unserer Be-
gleitung und Führung bestimte Kurumeische Abgeordnete, die bis hieher bei uns geblieben,
nahmen am folgenden Tage außerhalb dem Stadtthore kniend und mit einer ehrerbietigen
Stellung von uns Abschied, außer einer, der uns ganz bis an die Gränzen des Gebiets
brachte. Unter dem Vorgeben, als ob man uns vor Dieben bewahren wolte, wurde die
Hinterthüre in unserm Quartier stark verriegelt und verschlossen: ich nahm mir bei dieser
Gelegenheit die Erlaubnis, dieses im Ernst als etwas Beleidigendes für uns vorzustellen,
indem man dadurch bei den Leuten das Vorurtheil erwekte, als ob wir zusammen gebrachte
gefangene Missethäter oder Portugiesen wären, anstat daß wir als freie und von dem Kaiser
privilegirte Holländer zur Audienz nach Jedo reiseten; allein wir musten uns die Sache
gefallen lassen, weil der Oberdolmetscher es nun einmal so haben wolte, der einen unaus-
löschlichen Has und Feindschaft gegen die Europäer besas.

Die Stadt Kurume bestehet aus etlichen langen geraden mit etwa 1000 kleinen
Häusern bebaueten Kreuzgassen, sie ist offen, ohne Graben, Wal und Mauren, und nur
mit schlechten Thoren und Pforten versehen: zur rechten Seite liegt das Kastel, das an-
sehnliche Pforten und einen schönen Thurm hat, auch mit saubern Graben, worüber kurze
Brücken angebracht sind, umgeben ist. Es war merkwürdig, daß sich bei unserm Durch-
zuge durch die Stadt kein einziger Mensch auf den Hauptstraßen, auch nicht einmal vor
den Thüren, sondern jeder hinter den Matten in den Häusern befand, dahingegen die
Queergassen gepfropst vol waren, und einer an dem andern gebükt und niedergebeugt uns
passiren sah. Ueberhaupt wurden alle, die uns in diesem kleinen Bezirk von Japan be-
gegneten, von unsern Führern von dem Wege ab ins Feld verwiesen, und die, so zu
Pferde waren, musten absteigen, und kniend mit bloßen Häuptern unsern Vorüberzug
abwarten.

Den 4 März sind wir kurz vor Tage mit gutem Wetter und Mondschein durch
Kurume ab, den Weg nach Fitsju, wo wir ein altes Kastel rechter Hand ließen, fort bis
zu dem Flusse Mija nodsi gawa gereiset, der von dem Gebürge von O. nach W. nach
Sanga fließet: ob er gleich ziemlich strenge und Wasserreich ist, so konten wir dennoch hin-
über gesezt werden, ohne daß wir das Gepäcke von den Pferden zu nehmen brauchten: von
dem an dessen Ufer liegenden Dorfe Mija nodsi kamen wir nächst einigen Wegsäulen oder
Handweisern durch verschiedene Dörfer, deren lezteres weitläuftig zerstreuet war, und viele
Ackerleute zu Einwohnern hatte, auch ohnweit davon an die Gränzen des Kurumeischen
Gebiets, alwo ein dem Kaiser unmittelbar zugehöriger Strich Landes anfieng, und der bis-
her bei uns gebliebene Kurimeische Führer zur Seite abtrat, und mit Niederknien seinen
Abschied nahm.

Von
T t 2

Vierzehntes Kap. Von der zweiten Reiſe nach Hofe.
me durchzogen, und nicht lange hernach Abends fuͤnf Uhr unſere Herberge, die Stadt
Kurmei oder Kurume, vier Meilen von Janagava, erreichten. Fuͤnf zu unſerer Be-
gleitung und Fuͤhrung beſtimte Kurumeiſche Abgeordnete, die bis hieher bei uns geblieben,
nahmen am folgenden Tage außerhalb dem Stadtthore kniend und mit einer ehrerbietigen
Stellung von uns Abſchied, außer einer, der uns ganz bis an die Graͤnzen des Gebiets
brachte. Unter dem Vorgeben, als ob man uns vor Dieben bewahren wolte, wurde die
Hinterthuͤre in unſerm Quartier ſtark verriegelt und verſchloſſen: ich nahm mir bei dieſer
Gelegenheit die Erlaubnis, dieſes im Ernſt als etwas Beleidigendes fuͤr uns vorzuſtellen,
indem man dadurch bei den Leuten das Vorurtheil erwekte, als ob wir zuſammen gebrachte
gefangene Miſſethaͤter oder Portugieſen waͤren, anſtat daß wir als freie und von dem Kaiſer
privilegirte Hollaͤnder zur Audienz nach Jedo reiſeten; allein wir muſten uns die Sache
gefallen laſſen, weil der Oberdolmetſcher es nun einmal ſo haben wolte, der einen unaus-
loͤſchlichen Has und Feindſchaft gegen die Europaͤer beſas.

Die Stadt Kurume beſtehet aus etlichen langen geraden mit etwa 1000 kleinen
Haͤuſern bebaueten Kreuzgaſſen, ſie iſt offen, ohne Graben, Wal und Mauren, und nur
mit ſchlechten Thoren und Pforten verſehen: zur rechten Seite liegt das Kaſtel, das an-
ſehnliche Pforten und einen ſchoͤnen Thurm hat, auch mit ſaubern Graben, woruͤber kurze
Bruͤcken angebracht ſind, umgeben iſt. Es war merkwuͤrdig, daß ſich bei unſerm Durch-
zuge durch die Stadt kein einziger Menſch auf den Hauptſtraßen, auch nicht einmal vor
den Thuͤren, ſondern jeder hinter den Matten in den Haͤuſern befand, dahingegen die
Queergaſſen gepfropſt vol waren, und einer an dem andern gebuͤkt und niedergebeugt uns
paſſiren ſah. Ueberhaupt wurden alle, die uns in dieſem kleinen Bezirk von Japan be-
gegneten, von unſern Fuͤhrern von dem Wege ab ins Feld verwieſen, und die, ſo zu
Pferde waren, muſten abſteigen, und kniend mit bloßen Haͤuptern unſern Voruͤberzug
abwarten.

Den 4 Maͤrz ſind wir kurz vor Tage mit gutem Wetter und Mondſchein durch
Kurume ab, den Weg nach Fitſju, wo wir ein altes Kaſtel rechter Hand ließen, fort bis
zu dem Fluſſe Mija nodſi gawa gereiſet, der von dem Gebuͤrge von O. nach W. nach
Sanga fließet: ob er gleich ziemlich ſtrenge und Waſſerreich iſt, ſo konten wir dennoch hin-
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dem an deſſen Ufer liegenden Dorfe Mija nodſi kamen wir naͤchſt einigen Wegſaͤulen oder
Handweiſern durch verſchiedene Doͤrfer, deren lezteres weitlaͤuftig zerſtreuet war, und viele
Ackerleute zu Einwohnern hatte, auch ohnweit davon an die Graͤnzen des Kurumeiſchen
Gebiets, alwo ein dem Kaiſer unmittelbar zugehoͤriger Strich Landes anfieng, und der bis-
her bei uns gebliebene Kurimeiſche Fuͤhrer zur Seite abtrat, und mit Niederknien ſeinen
Abſchied nahm.

Von
T t 2
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[331/0377] Vierzehntes Kap. Von der zweiten Reiſe nach Hofe. me durchzogen, und nicht lange hernach Abends fuͤnf Uhr unſere Herberge, die Stadt Kurmei oder Kurume, vier Meilen von Janagava, erreichten. Fuͤnf zu unſerer Be- gleitung und Fuͤhrung beſtimte Kurumeiſche Abgeordnete, die bis hieher bei uns geblieben, nahmen am folgenden Tage außerhalb dem Stadtthore kniend und mit einer ehrerbietigen Stellung von uns Abſchied, außer einer, der uns ganz bis an die Graͤnzen des Gebiets brachte. Unter dem Vorgeben, als ob man uns vor Dieben bewahren wolte, wurde die Hinterthuͤre in unſerm Quartier ſtark verriegelt und verſchloſſen: ich nahm mir bei dieſer Gelegenheit die Erlaubnis, dieſes im Ernſt als etwas Beleidigendes fuͤr uns vorzuſtellen, indem man dadurch bei den Leuten das Vorurtheil erwekte, als ob wir zuſammen gebrachte gefangene Miſſethaͤter oder Portugieſen waͤren, anſtat daß wir als freie und von dem Kaiſer privilegirte Hollaͤnder zur Audienz nach Jedo reiſeten; allein wir muſten uns die Sache gefallen laſſen, weil der Oberdolmetſcher es nun einmal ſo haben wolte, der einen unaus- loͤſchlichen Has und Feindſchaft gegen die Europaͤer beſas. Die Stadt Kurume beſtehet aus etlichen langen geraden mit etwa 1000 kleinen Haͤuſern bebaueten Kreuzgaſſen, ſie iſt offen, ohne Graben, Wal und Mauren, und nur mit ſchlechten Thoren und Pforten verſehen: zur rechten Seite liegt das Kaſtel, das an- ſehnliche Pforten und einen ſchoͤnen Thurm hat, auch mit ſaubern Graben, woruͤber kurze Bruͤcken angebracht ſind, umgeben iſt. Es war merkwuͤrdig, daß ſich bei unſerm Durch- zuge durch die Stadt kein einziger Menſch auf den Hauptſtraßen, auch nicht einmal vor den Thuͤren, ſondern jeder hinter den Matten in den Haͤuſern befand, dahingegen die Queergaſſen gepfropſt vol waren, und einer an dem andern gebuͤkt und niedergebeugt uns paſſiren ſah. Ueberhaupt wurden alle, die uns in dieſem kleinen Bezirk von Japan be- gegneten, von unſern Fuͤhrern von dem Wege ab ins Feld verwieſen, und die, ſo zu Pferde waren, muſten abſteigen, und kniend mit bloßen Haͤuptern unſern Voruͤberzug abwarten. Den 4 Maͤrz ſind wir kurz vor Tage mit gutem Wetter und Mondſchein durch Kurume ab, den Weg nach Fitſju, wo wir ein altes Kaſtel rechter Hand ließen, fort bis zu dem Fluſſe Mija nodſi gawa gereiſet, der von dem Gebuͤrge von O. nach W. nach Sanga fließet: ob er gleich ziemlich ſtrenge und Waſſerreich iſt, ſo konten wir dennoch hin- uͤber geſezt werden, ohne daß wir das Gepaͤcke von den Pferden zu nehmen brauchten: von dem an deſſen Ufer liegenden Dorfe Mija nodſi kamen wir naͤchſt einigen Wegſaͤulen oder Handweiſern durch verſchiedene Doͤrfer, deren lezteres weitlaͤuftig zerſtreuet war, und viele Ackerleute zu Einwohnern hatte, auch ohnweit davon an die Graͤnzen des Kurumeiſchen Gebiets, alwo ein dem Kaiſer unmittelbar zugehoͤriger Strich Landes anfieng, und der bis- her bei uns gebliebene Kurimeiſche Fuͤhrer zur Seite abtrat, und mit Niederknien ſeinen Abſchied nahm. Von T t 2

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/377>, abgerufen am 27.11.2024.