Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.II. Beweis der nothwendigen Trennung Japans von der übrigen Welt. alle Verbrechen immer eine gleich strenge Strafe ist, so kann sie den Eingebohrnen niemalsunbekannt seyn, niemals zu hart scheinen, da diese die Vergehung blos in die Uebertretung des Gesetzes, nicht in einen höhern oder geringern Grad von Bosheit setzen. Allerdings können auch die ungebändigsten und so verschieden denkenden Unterthanen, welche so sehr von einander entfernte Provinzen bewohnen, und besonders die halsstarrigen und herrschsüchtigen Landesfürsten, nicht wohl anders als mit einem harten Zepter im Zaum gehalten werden, so wie dieses auch der Großfürst Johannes Basilides von seinen Russen zu sagen pflegte. Die Großen dieses Reichs können natürlich ihren ehmaligen Glanz nicht leicht vergessen, sondern werden durch immer regen Freyheitsgeist angetrieben, sich wieder in die alte Unab- hängigkeit emporzuschwingen, und das Volk würde ihnen gern anhängen und auf einer oder andren Seite Parthey nehmen, wenn seine Freyheit nicht so strenge beschränkt wäre. Nachdem Taico, der weiseste Kaiser von Japan, auf diese Art seine neuen Ein- schla- Zweiter Band. F f f
II. Beweis der nothwendigen Trennung Japans von der uͤbrigen Welt. alle Verbrechen immer eine gleich ſtrenge Strafe iſt, ſo kann ſie den Eingebohrnen niemalsunbekannt ſeyn, niemals zu hart ſcheinen, da dieſe die Vergehung blos in die Uebertretung des Geſetzes, nicht in einen hoͤhern oder geringern Grad von Bosheit ſetzen. Allerdings koͤnnen auch die ungebaͤndigſten und ſo verſchieden denkenden Unterthanen, welche ſo ſehr von einander entfernte Provinzen bewohnen, und beſonders die halsſtarrigen und herrſchſuͤchtigen Landesfuͤrſten, nicht wohl anders als mit einem harten Zepter im Zaum gehalten werden, ſo wie dieſes auch der Großfuͤrſt Johannes Baſilides von ſeinen Ruſſen zu ſagen pflegte. Die Großen dieſes Reichs koͤnnen natuͤrlich ihren ehmaligen Glanz nicht leicht vergeſſen, ſondern werden durch immer regen Freyheitsgeiſt angetrieben, ſich wieder in die alte Unab- haͤngigkeit emporzuſchwingen, und das Volk wuͤrde ihnen gern anhaͤngen und auf einer oder andren Seite Parthey nehmen, wenn ſeine Freyheit nicht ſo ſtrenge beſchraͤnkt waͤre. Nachdem Taico, der weiſeſte Kaiſer von Japan, auf dieſe Art ſeine neuen Ein- ſchla- Zweiter Band. F f f
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II. Beweis der nothwendigen Trennung Japans von der uͤbrigen Welt.
alle Verbrechen immer eine gleich ſtrenge Strafe iſt, ſo kann ſie den Eingebohrnen niemals
unbekannt ſeyn, niemals zu hart ſcheinen, da dieſe die Vergehung blos in die Uebertretung
des Geſetzes, nicht in einen hoͤhern oder geringern Grad von Bosheit ſetzen. Allerdings
koͤnnen auch die ungebaͤndigſten und ſo verſchieden denkenden Unterthanen, welche ſo ſehr von
einander entfernte Provinzen bewohnen, und beſonders die halsſtarrigen und herrſchſuͤchtigen
Landesfuͤrſten, nicht wohl anders als mit einem harten Zepter im Zaum gehalten werden,
ſo wie dieſes auch der Großfuͤrſt Johannes Baſilides von ſeinen Ruſſen zu ſagen pflegte.
Die Großen dieſes Reichs koͤnnen natuͤrlich ihren ehmaligen Glanz nicht leicht vergeſſen,
ſondern werden durch immer regen Freyheitsgeiſt angetrieben, ſich wieder in die alte Unab-
haͤngigkeit emporzuſchwingen, und das Volk wuͤrde ihnen gern anhaͤngen und auf einer oder
andren Seite Parthey nehmen, wenn ſeine Freyheit nicht ſo ſtrenge beſchraͤnkt waͤre.
Nachdem Taico, der weiſeſte Kaiſer von Japan, auf dieſe Art ſeine neuen Ein-
richtungen zum Theil ſelbſt zu Stande gebracht, zum Theil ihre Ausfuͤhrung ſeinen Nachfol-
gern anbefohlen hatte, ſtarb er im Jahr der chriſtlichen Zeitrechnung 1598, und erhielt nach
ſeinem Tode den Namen Sſin Fatziman, d. i. der neue Fatziman oder Mars. Eben
ſo gluͤcklich fuͤr den Staat war die Regierung ſeines Nachfolgers Ongosjo, der im Namen
des ſechsjaͤhrigen Sohnes des Taico, Fide Juri, als Vormund regierte, bald den Na-
men Jjejos und nach dem Tod Gongini erhielt, und aus dem beruͤhmten Geſchlecht To-
kegava abſtammte. Deſſen Nachfolger haben bis auf unſre Zeiten den Reichsſcepter mit
gerechter Hand, ſtrengen Geſetzen, und einem ſehr gluͤcklichen Erfolg gefuͤhrt. Jhre Kunſt
beſteht beſonders darinn, die kleinen Koͤnige in gehoͤriger Unterwuͤrfigkeit zu halten, und je-
des einzelnen Kraͤfte nach den Umſtaͤnden zu beſchraͤnken, und ſie nicht durch Unterdruͤckung
der Waffen, oder durch gar zu ſtarke Auflagen zu unterdruͤcken, ſondern durch Menſchlich-
keit und Wohlthaten zu gewinnen, und ſich zu verpflichten. Sie nehmen, wenn ſie geben,
ſie erſchoͤpfen, wenn ſie gnaͤdig anblicken, ſie belaͤſtigen, wenn ſie Aemter ertheilen, ſie un-
terdruͤcken, wenn ſie mit Titeln und Wuͤrden adeln. Sie verbinden durch mannigfaltige
laͤſtige Arten von Gnadenbezeugungen die Großen zum Gehorſam, und verleiten ſie auch die
Einkuͤnfte ihrer Provinzen aufzuwenden, die ihnen ſonſt Vermoͤgen und Luſt geben koͤnten,
buͤrgerliche Unruhen anzufangen. Der ausnehmende und angeborne Stolz dieſer Nation
macht es bey den Großen nothwendig, den Ehrenſtellen, die ihnen der Kaiſer giebt, durch
praͤchtigen Aufwand zu entſprechen, den ſie in dem Glanze ihres ganzen Haushalts, in der
Menge ihrer Bedienten, und in dem ſchimmernden Aufzug bey ihrer jaͤhrlichen Hofreiſe zu
beweiſen ſuchen, um gleichſam ihren Ehrgeiz mit dem Schatten der Macht, die ſie ehmals
beſaßen, zu befriedigen. Auch wiſſen die Kaiſer mit ganz ausnehmend ſchlauer Kunſt die
kleinen Koͤnige von allen engern Verbindungen unter ſich, von Zuſammenkuͤnften zu gemein-
ſchaftlichen Berathſchlagungen abzuhalten; die innerſten Geheimniſſe aller ihrer Berath-
ſchla-
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