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Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755.

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Allgemeine Naturgeschichte
planetischen Klumpens zu seinem Mittelpunkte hin-
zunehmend gesetzet wird; so wird man nicht allein
an dem Jupiter die Beobachtung rechtfertigen, son-
dern auch bey dem Saturn, einem viel schwerer
abzumessenden Planeten, die Ursache einer minde-
ren Abplattung seines sphäroidischen Körpers deut-
lich einsehen können.

Wir haben aus der Erzeugung des saturnischen
Ringes Anlaß genommen, den kühnen Schritt zu
wagen, die Zeit der Achsendrehung, welche die
Ferngläser zu entdecken nicht vermögen, ihm durch
Rechnung zu bestimmen. Lasset uns diese Probe
einer physischen Vorhersagung, noch mit einer an-
dern, an eben diesem Planeten vermehren, welche
von vollkommeneren Werkzeugen künftiger Zeiten
das Zeugniß ihrer Richtigkeit zu erwarten hat.

Der Voraussetzung gemäß: daß der Ring
des Saturns eine Häufung der Theilchen sey, die,
nachdem sie von der Oberfläche dieses Himmelskör-
pers als Dünste aufgestiegen, sich vermöge des
Schwunges, den sie von der Achsendrehung dessel-
ben an sich haben und fortsetzen, in der Höhe ihres
Abstandes frey in Zirkeln laufend erhalten, haben
dieselbe nicht in allen ihren Entfernungen vom Mit-
telpunkte, gleiche periodische Umlaufszeiten; sondern
diese verhalten sich vielmehr, wie die Qvadratwur-
zeln, aus den Würfeln ihres Abstandes, wenn sie
sich durch die Gesetze der Centralkräfte schwebend er-
halten sollen. Nun ist die Zeit, darinn, nach dieser
Hypothese, die Theilchen des inwendigen Randes

ih-

Allgemeine Naturgeſchichte
planetiſchen Klumpens zu ſeinem Mittelpunkte hin-
zunehmend geſetzet wird; ſo wird man nicht allein
an dem Jupiter die Beobachtung rechtfertigen, ſon-
dern auch bey dem Saturn, einem viel ſchwerer
abzumeſſenden Planeten, die Urſache einer minde-
ren Abplattung ſeines ſphaͤroidiſchen Koͤrpers deut-
lich einſehen koͤnnen.

Wir haben aus der Erzeugung des ſaturniſchen
Ringes Anlaß genommen, den kuͤhnen Schritt zu
wagen, die Zeit der Achſendrehung, welche die
Fernglaͤſer zu entdecken nicht vermoͤgen, ihm durch
Rechnung zu beſtimmen. Laſſet uns dieſe Probe
einer phyſiſchen Vorherſagung, noch mit einer an-
dern, an eben dieſem Planeten vermehren, welche
von vollkommeneren Werkzeugen kuͤnftiger Zeiten
das Zeugniß ihrer Richtigkeit zu erwarten hat.

Der Vorausſetzung gemaͤß: daß der Ring
des Saturns eine Haͤufung der Theilchen ſey, die,
nachdem ſie von der Oberflaͤche dieſes Himmelskoͤr-
pers als Duͤnſte aufgeſtiegen, ſich vermoͤge des
Schwunges, den ſie von der Achſendrehung deſſel-
ben an ſich haben und fortſetzen, in der Hoͤhe ihres
Abſtandes frey in Zirkeln laufend erhalten, haben
dieſelbe nicht in allen ihren Entfernungen vom Mit-
telpunkte, gleiche periodiſche Umlaufszeiten; ſondern
dieſe verhalten ſich vielmehr, wie die Qvadratwur-
zeln, aus den Wuͤrfeln ihres Abſtandes, wenn ſie
ſich durch die Geſetze der Centralkraͤfte ſchwebend er-
halten ſollen. Nun iſt die Zeit, darinn, nach dieſer
Hypotheſe, die Theilchen des inwendigen Randes

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[86/0154] Allgemeine Naturgeſchichte planetiſchen Klumpens zu ſeinem Mittelpunkte hin- zunehmend geſetzet wird; ſo wird man nicht allein an dem Jupiter die Beobachtung rechtfertigen, ſon- dern auch bey dem Saturn, einem viel ſchwerer abzumeſſenden Planeten, die Urſache einer minde- ren Abplattung ſeines ſphaͤroidiſchen Koͤrpers deut- lich einſehen koͤnnen. Wir haben aus der Erzeugung des ſaturniſchen Ringes Anlaß genommen, den kuͤhnen Schritt zu wagen, die Zeit der Achſendrehung, welche die Fernglaͤſer zu entdecken nicht vermoͤgen, ihm durch Rechnung zu beſtimmen. Laſſet uns dieſe Probe einer phyſiſchen Vorherſagung, noch mit einer an- dern, an eben dieſem Planeten vermehren, welche von vollkommeneren Werkzeugen kuͤnftiger Zeiten das Zeugniß ihrer Richtigkeit zu erwarten hat. Der Vorausſetzung gemaͤß: daß der Ring des Saturns eine Haͤufung der Theilchen ſey, die, nachdem ſie von der Oberflaͤche dieſes Himmelskoͤr- pers als Duͤnſte aufgeſtiegen, ſich vermoͤge des Schwunges, den ſie von der Achſendrehung deſſel- ben an ſich haben und fortſetzen, in der Hoͤhe ihres Abſtandes frey in Zirkeln laufend erhalten, haben dieſelbe nicht in allen ihren Entfernungen vom Mit- telpunkte, gleiche periodiſche Umlaufszeiten; ſondern dieſe verhalten ſich vielmehr, wie die Qvadratwur- zeln, aus den Wuͤrfeln ihres Abſtandes, wenn ſie ſich durch die Geſetze der Centralkraͤfte ſchwebend er- halten ſollen. Nun iſt die Zeit, darinn, nach dieſer Hypotheſe, die Theilchen des inwendigen Randes ih-

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_naturgeschichte_1755/154>, abgerufen am 21.11.2024.