Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

der rein. Vern. in Best. des Begr vom höchst. Gut.
seine herrliche Anstalt dazu kommt, eine solche schöne
Ordnung mit angemessener Glückseligkeit zu krönen.
Wenn ihn das letztere (auf menschliche Art zu reden,)
liebenswürdig macht, so ist er durch das erstere ein Ge-
genstand der Anbetung (Adoration). Selbst Menschen
können sich durch Wohlthun zwar Liebe, aber dadurch
allein niemals Achtung erwerben, so daß die größte
Wohlthätigkeit ihnen nur dadurch Ehre macht, daß sie
nach Würdigkeit ausgeübt wird.

Daß, in der Ordnung der Zwecke, der Mensch
(mit ihm jedes vernünftige Wesen) Zweck an sich selbst
sey, d. i. niemals blos als Mittel von jemanden (selbst
nicht von Gott) ohne zugleich hiebey selbst Zweck zu
seyn, könne gebraucht werden, daß also die Mensch-
heit
in unserer Person uns selbst heilig seyn müsse, folgt
nunmehr von selbst, weil er das Subject des mora-
lischen Gesetzes,
mithin dessen ist, was an sich heilig
ist, um dessen willen und in Einstimmung mit welchem
auch überhaupt nur etwas heilig genannt werden kann.
Denn dieses moralische Gesetz gründet sich auf der Av-
tonomie seines Willens, als eines freyen Willens, der
nach seinen allgemeinen Gesetzen nothwendig zu demje-
nigen zugleich muß einstimmen können, welchem er
sich unterwerfen soll.

VI.

der rein. Vern. in Beſt. des Begr vom hoͤchſt. Gut.
ſeine herrliche Anſtalt dazu kommt, eine ſolche ſchoͤne
Ordnung mit angemeſſener Gluͤckſeligkeit zu kroͤnen.
Wenn ihn das letztere (auf menſchliche Art zu reden,)
liebenswuͤrdig macht, ſo iſt er durch das erſtere ein Ge-
genſtand der Anbetung (Adoration). Selbſt Menſchen
koͤnnen ſich durch Wohlthun zwar Liebe, aber dadurch
allein niemals Achtung erwerben, ſo daß die groͤßte
Wohlthaͤtigkeit ihnen nur dadurch Ehre macht, daß ſie
nach Wuͤrdigkeit ausgeuͤbt wird.

Daß, in der Ordnung der Zwecke, der Menſch
(mit ihm jedes vernuͤnftige Weſen) Zweck an ſich ſelbſt
ſey, d. i. niemals blos als Mittel von jemanden (ſelbſt
nicht von Gott) ohne zugleich hiebey ſelbſt Zweck zu
ſeyn, koͤnne gebraucht werden, daß alſo die Menſch-
heit
in unſerer Perſon uns ſelbſt heilig ſeyn muͤſſe, folgt
nunmehr von ſelbſt, weil er das Subject des mora-
liſchen Geſetzes,
mithin deſſen iſt, was an ſich heilig
iſt, um deſſen willen und in Einſtimmung mit welchem
auch uͤberhaupt nur etwas heilig genannt werden kann.
Denn dieſes moraliſche Geſetz gruͤndet ſich auf der Av-
tonomie ſeines Willens, als eines freyen Willens, der
nach ſeinen allgemeinen Geſetzen nothwendig zu demje-
nigen zugleich muß einſtimmen koͤnnen, welchem er
ſich unterwerfen ſoll.

VI.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0245" n="237"/><fw place="top" type="header">der rein. Vern. in Be&#x017F;t. des Begr vom ho&#x0364;ch&#x017F;t. Gut.</fw><lb/>
&#x017F;eine herrliche An&#x017F;talt dazu kommt, eine &#x017F;olche &#x017F;cho&#x0364;ne<lb/>
Ordnung mit angeme&#x017F;&#x017F;ener Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit zu kro&#x0364;nen.<lb/>
Wenn ihn das letztere (auf men&#x017F;chliche Art zu reden,)<lb/>
liebenswu&#x0364;rdig macht, &#x017F;o i&#x017F;t er durch das er&#x017F;tere ein Ge-<lb/>
gen&#x017F;tand der Anbetung (Adoration). Selb&#x017F;t Men&#x017F;chen<lb/>
ko&#x0364;nnen &#x017F;ich durch Wohlthun zwar Liebe, aber dadurch<lb/>
allein niemals Achtung erwerben, &#x017F;o daß die gro&#x0364;ßte<lb/>
Wohltha&#x0364;tigkeit ihnen nur dadurch Ehre macht, daß &#x017F;ie<lb/>
nach Wu&#x0364;rdigkeit ausgeu&#x0364;bt wird.</p><lb/>
              <p>Daß, in der Ordnung der Zwecke, der Men&#x017F;ch<lb/>
(mit ihm jedes vernu&#x0364;nftige We&#x017F;en) Zweck an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ey, d. i. niemals blos als Mittel von jemanden (&#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
nicht von Gott) ohne zugleich hiebey &#x017F;elb&#x017F;t Zweck zu<lb/>
&#x017F;eyn, ko&#x0364;nne gebraucht werden, daß al&#x017F;o die <hi rendition="#fr">Men&#x017F;ch-<lb/>
heit</hi> in un&#x017F;erer Per&#x017F;on uns &#x017F;elb&#x017F;t heilig &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, folgt<lb/>
nunmehr von &#x017F;elb&#x017F;t, weil er das <hi rendition="#fr">Subject des mora-<lb/>
li&#x017F;chen Ge&#x017F;etzes,</hi> mithin de&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t, was an &#x017F;ich heilig<lb/>
i&#x017F;t, um de&#x017F;&#x017F;en willen und in Ein&#x017F;timmung mit welchem<lb/>
auch u&#x0364;berhaupt nur etwas heilig genannt werden kann.<lb/>
Denn die&#x017F;es morali&#x017F;che Ge&#x017F;etz gru&#x0364;ndet &#x017F;ich auf der Av-<lb/>
tonomie &#x017F;eines Willens, als eines freyen Willens, der<lb/>
nach &#x017F;einen allgemeinen Ge&#x017F;etzen nothwendig zu demje-<lb/>
nigen zugleich muß <hi rendition="#fr">ein&#x017F;timmen</hi> ko&#x0364;nnen, welchem er<lb/>
&#x017F;ich <hi rendition="#fr">unterwerfen</hi> &#x017F;oll.</p>
            </div><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">VI.</hi> </hi> </fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[237/0245] der rein. Vern. in Beſt. des Begr vom hoͤchſt. Gut. ſeine herrliche Anſtalt dazu kommt, eine ſolche ſchoͤne Ordnung mit angemeſſener Gluͤckſeligkeit zu kroͤnen. Wenn ihn das letztere (auf menſchliche Art zu reden,) liebenswuͤrdig macht, ſo iſt er durch das erſtere ein Ge- genſtand der Anbetung (Adoration). Selbſt Menſchen koͤnnen ſich durch Wohlthun zwar Liebe, aber dadurch allein niemals Achtung erwerben, ſo daß die groͤßte Wohlthaͤtigkeit ihnen nur dadurch Ehre macht, daß ſie nach Wuͤrdigkeit ausgeuͤbt wird. Daß, in der Ordnung der Zwecke, der Menſch (mit ihm jedes vernuͤnftige Weſen) Zweck an ſich ſelbſt ſey, d. i. niemals blos als Mittel von jemanden (ſelbſt nicht von Gott) ohne zugleich hiebey ſelbſt Zweck zu ſeyn, koͤnne gebraucht werden, daß alſo die Menſch- heit in unſerer Perſon uns ſelbſt heilig ſeyn muͤſſe, folgt nunmehr von ſelbſt, weil er das Subject des mora- liſchen Geſetzes, mithin deſſen iſt, was an ſich heilig iſt, um deſſen willen und in Einſtimmung mit welchem auch uͤberhaupt nur etwas heilig genannt werden kann. Denn dieſes moraliſche Geſetz gruͤndet ſich auf der Av- tonomie ſeines Willens, als eines freyen Willens, der nach ſeinen allgemeinen Geſetzen nothwendig zu demje- nigen zugleich muß einſtimmen koͤnnen, welchem er ſich unterwerfen ſoll. VI.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_pvernunft_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_pvernunft_1788/245
Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_pvernunft_1788/245>, abgerufen am 24.11.2024.