ges sagen kan. Nun treffen zwar diese Bedeutungen mannigmahl zusammen. So ist z. E. was innerlich un- möglich ist, auch in aller Beziehung, mithin absolut unmög- lich. Aber in den meisten Fällen sind sie unendlich weit auseinander, und ich kan auf keine Weise schliessen: daß, weil etwas an sich selbst möglich ist, es darum auch in aller Beziehung, mithin absolut möglich sey. Ja von der absoluten Nothwendigkeit werde ich in der Folge zei- gen, daß sie keinesweges in allen Fällen von der innern abhänge, und also mit dieser nicht als gleichbedeutend an- gesehen werden müsse. Dessen Gegentheil innerlich un- möglich ist, dessen Gegentheil ist freilich auch in aller Ab- sicht unmöglich, mithin ist es selbst absolut nothwendig, aber ich kan nicht umgekehrt schliessen, was absolut noth- wendig ist, dessen Gegentheil ist innerlich unmöglich, d. i. die absolute Rothwendigkeit der Dinge ist eine innere Noth- wendigkeit; denn diese innere Nothwendigkeit ist in gewis- sen Fällen ein ganz leerer Ausdruck, mit welchem wir nicht den mindesten Begriff verbinden können; dagegen der, von der Nothwendigkeit eines Dinges in aller Beziehung, (auf alles Mögliche) ganz besondere Bestimmungen bey sich führt. Weil nun der Verlust eines Begriffs von gros- ser Anwendung in der speculativen Weltweisheit dem Phi- losophen niemals gleichgültig seyn kan, so hoffe ich, es werde ihm die Bestimmung und sorgfältige Aufbewahrung des Ausdrucks, an dem der Begriff hängt, auch nicht gleichgültig seyn.
In
X 3
II. Abſch. Von den transſcendent. Ideen.
ges ſagen kan. Nun treffen zwar dieſe Bedeutungen mannigmahl zuſammen. So iſt z. E. was innerlich un- moͤglich iſt, auch in aller Beziehung, mithin abſolut unmoͤg- lich. Aber in den meiſten Faͤllen ſind ſie unendlich weit auseinander, und ich kan auf keine Weiſe ſchlieſſen: daß, weil etwas an ſich ſelbſt moͤglich iſt, es darum auch in aller Beziehung, mithin abſolut moͤglich ſey. Ja von der abſoluten Nothwendigkeit werde ich in der Folge zei- gen, daß ſie keinesweges in allen Faͤllen von der innern abhaͤnge, und alſo mit dieſer nicht als gleichbedeutend an- geſehen werden muͤſſe. Deſſen Gegentheil innerlich un- moͤglich iſt, deſſen Gegentheil iſt freilich auch in aller Ab- ſicht unmoͤglich, mithin iſt es ſelbſt abſolut nothwendig, aber ich kan nicht umgekehrt ſchlieſſen, was abſolut noth- wendig iſt, deſſen Gegentheil iſt innerlich unmoͤglich, d. i. die abſolute Rothwendigkeit der Dinge iſt eine innere Noth- wendigkeit; denn dieſe innere Nothwendigkeit iſt in gewiſ- ſen Faͤllen ein ganz leerer Ausdruck, mit welchem wir nicht den mindeſten Begriff verbinden koͤnnen; dagegen der, von der Nothwendigkeit eines Dinges in aller Beziehung, (auf alles Moͤgliche) ganz beſondere Beſtimmungen bey ſich fuͤhrt. Weil nun der Verluſt eines Begriffs von groſ- ſer Anwendung in der ſpeculativen Weltweisheit dem Phi- loſophen niemals gleichguͤltig ſeyn kan, ſo hoffe ich, es werde ihm die Beſtimmung und ſorgfaͤltige Aufbewahrung des Ausdrucks, an dem der Begriff haͤngt, auch nicht gleichguͤltig ſeyn.
In
X 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><p><pbfacs="#f0355"n="325"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">II.</hi> Abſch. Von den transſcendent. Ideen.</fw><lb/>
ges ſagen kan. Nun treffen zwar dieſe Bedeutungen<lb/>
mannigmahl zuſammen. So iſt z. E. was innerlich un-<lb/>
moͤglich iſt, auch in aller Beziehung, mithin abſolut unmoͤg-<lb/>
lich. Aber in den meiſten Faͤllen ſind ſie unendlich weit<lb/>
auseinander, und ich kan auf keine Weiſe ſchlieſſen: daß,<lb/>
weil etwas an ſich ſelbſt moͤglich iſt, es darum auch in<lb/>
aller Beziehung, mithin abſolut moͤglich ſey. Ja von<lb/>
der abſoluten Nothwendigkeit werde ich in der Folge zei-<lb/>
gen, daß ſie keinesweges in allen Faͤllen von der innern<lb/>
abhaͤnge, und alſo mit dieſer nicht als gleichbedeutend an-<lb/>
geſehen werden muͤſſe. Deſſen Gegentheil innerlich un-<lb/>
moͤglich iſt, deſſen Gegentheil iſt freilich auch in aller Ab-<lb/>ſicht unmoͤglich, mithin iſt es ſelbſt abſolut nothwendig,<lb/>
aber ich kan nicht umgekehrt ſchlieſſen, was abſolut noth-<lb/>
wendig iſt, deſſen Gegentheil iſt innerlich unmoͤglich, d. i.<lb/>
die abſolute Rothwendigkeit der Dinge iſt eine innere Noth-<lb/>
wendigkeit; denn dieſe innere Nothwendigkeit iſt in gewiſ-<lb/>ſen Faͤllen ein ganz leerer Ausdruck, mit welchem wir nicht<lb/>
den mindeſten Begriff verbinden koͤnnen; dagegen der,<lb/>
von der Nothwendigkeit eines Dinges in aller Beziehung,<lb/>
(auf alles Moͤgliche) ganz beſondere Beſtimmungen bey<lb/>ſich fuͤhrt. Weil nun der Verluſt eines Begriffs von groſ-<lb/>ſer Anwendung in der ſpeculativen Weltweisheit dem Phi-<lb/>
loſophen niemals gleichguͤltig ſeyn kan, ſo hoffe ich, es<lb/>
werde ihm die Beſtimmung und ſorgfaͤltige Aufbewahrung<lb/>
des Ausdrucks, an dem der Begriff haͤngt, auch nicht<lb/>
gleichguͤltig ſeyn.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">X 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">In</fw><lb/></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[325/0355]
II. Abſch. Von den transſcendent. Ideen.
ges ſagen kan. Nun treffen zwar dieſe Bedeutungen
mannigmahl zuſammen. So iſt z. E. was innerlich un-
moͤglich iſt, auch in aller Beziehung, mithin abſolut unmoͤg-
lich. Aber in den meiſten Faͤllen ſind ſie unendlich weit
auseinander, und ich kan auf keine Weiſe ſchlieſſen: daß,
weil etwas an ſich ſelbſt moͤglich iſt, es darum auch in
aller Beziehung, mithin abſolut moͤglich ſey. Ja von
der abſoluten Nothwendigkeit werde ich in der Folge zei-
gen, daß ſie keinesweges in allen Faͤllen von der innern
abhaͤnge, und alſo mit dieſer nicht als gleichbedeutend an-
geſehen werden muͤſſe. Deſſen Gegentheil innerlich un-
moͤglich iſt, deſſen Gegentheil iſt freilich auch in aller Ab-
ſicht unmoͤglich, mithin iſt es ſelbſt abſolut nothwendig,
aber ich kan nicht umgekehrt ſchlieſſen, was abſolut noth-
wendig iſt, deſſen Gegentheil iſt innerlich unmoͤglich, d. i.
die abſolute Rothwendigkeit der Dinge iſt eine innere Noth-
wendigkeit; denn dieſe innere Nothwendigkeit iſt in gewiſ-
ſen Faͤllen ein ganz leerer Ausdruck, mit welchem wir nicht
den mindeſten Begriff verbinden koͤnnen; dagegen der,
von der Nothwendigkeit eines Dinges in aller Beziehung,
(auf alles Moͤgliche) ganz beſondere Beſtimmungen bey
ſich fuͤhrt. Weil nun der Verluſt eines Begriffs von groſ-
ſer Anwendung in der ſpeculativen Weltweisheit dem Phi-
loſophen niemals gleichguͤltig ſeyn kan, ſo hoffe ich, es
werde ihm die Beſtimmung und ſorgfaͤltige Aufbewahrung
des Ausdrucks, an dem der Begriff haͤngt, auch nicht
gleichguͤltig ſeyn.
In
X 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/355>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.