reichen kann, zu leiten und dadurch die Endabsicht alles Erkenntnisses zu befördern.
Es war also eigentlich der Verstand der sein eigenes Gebiet und zwar im Erkenntnisvermö- gen hat, so fern er constitutive Erkenntnisprinci- pien a priori enthält, welcher durch die im allge- memen so benannte Critik der reinen Vernunft gegen alle übrige Competenten in sicheren aber einigen Be- sitz gesetzt werden sollte. Eben so ist der Vernunft die nirgend als lediglich in Ansehung des Begeh- rungsvermögens constitutive Principien a priori enthält, in der Critik der practischen Vernunft ihr Besitz angewiesen worden.
Ob nun die Urtheilskraft, die in der Ordnung unserer Erkenntnisvermögen zwischen dem Ver- stande und der Vernunft ein Mittelglied ausmacht, auch für sich Principien a priori habe, ob diese con- stitutiv oder blos regulativ sind (und also kein eige- nes Gebiet beweisen) und ob sie dem Gefühle der Lust und Unlust, als dem Mittelgliede zwischen dem Erkenntnisvermögen und Begehrungsvermögen, (eben so, wie der Verstand dem ersteren, die Ver- nunft aber dem letzteren a priori Gesetze vor- schreibt) a priori die Regel gebe: das ist es, wo-
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Vorrede.
reichen kann, zu leiten und dadurch die Endabſicht alles Erkenntniſſes zu befoͤrdern.
Es war alſo eigentlich der Verſtand der ſein eigenes Gebiet und zwar im Erkenntnisvermoͤ- gen hat, ſo fern er conſtitutive Erkenntnisprinci- pien a priori enthaͤlt, welcher durch die im allge- memen ſo benannte Critik der reinen Vernunft gegen alle uͤbrige Competenten in ſicheren aber einigen Be- ſitz geſetzt werden ſollte. Eben ſo iſt der Vernunft die nirgend als lediglich in Anſehung des Begeh- rungsvermoͤgens conſtitutive Principien a priori enthaͤlt, in der Critik der practiſchen Vernunft ihr Beſitz angewieſen worden.
Ob nun die Urtheilskraft, die in der Ordnung unſerer Erkenntnisvermoͤgen zwiſchen dem Ver- ſtande und der Vernunft ein Mittelglied ausmacht, auch fuͤr ſich Principien a priori habe, ob dieſe con- ſtitutiv oder blos regulativ ſind (und alſo kein eige- nes Gebiet beweiſen) und ob ſie dem Gefuͤhle der Luſt und Unluſt, als dem Mittelgliede zwiſchen dem Erkenntnisvermoͤgen und Begehrungsvermoͤgen, (eben ſo, wie der Verſtand dem erſteren, die Ver- nunft aber dem letzteren a priori Geſetze vor- ſchreibt) a priori die Regel gebe: das iſt es, wo-
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[V/0011]
Vorrede.
reichen kann, zu leiten und dadurch die Endabſicht
alles Erkenntniſſes zu befoͤrdern.
Es war alſo eigentlich der Verſtand der ſein
eigenes Gebiet und zwar im Erkenntnisvermoͤ-
gen hat, ſo fern er conſtitutive Erkenntnisprinci-
pien a priori enthaͤlt, welcher durch die im allge-
memen ſo benannte Critik der reinen Vernunft gegen
alle uͤbrige Competenten in ſicheren aber einigen Be-
ſitz geſetzt werden ſollte. Eben ſo iſt der Vernunft
die nirgend als lediglich in Anſehung des Begeh-
rungsvermoͤgens conſtitutive Principien a priori
enthaͤlt, in der Critik der practiſchen Vernunft ihr
Beſitz angewieſen worden.
Ob nun die Urtheilskraft, die in der Ordnung
unſerer Erkenntnisvermoͤgen zwiſchen dem Ver-
ſtande und der Vernunft ein Mittelglied ausmacht,
auch fuͤr ſich Principien a priori habe, ob dieſe con-
ſtitutiv oder blos regulativ ſind (und alſo kein eige-
nes Gebiet beweiſen) und ob ſie dem Gefuͤhle der
Luſt und Unluſt, als dem Mittelgliede zwiſchen dem
Erkenntnisvermoͤgen und Begehrungsvermoͤgen,
(eben ſo, wie der Verſtand dem erſteren, die Ver-
nunft aber dem letzteren a priori Geſetze vor-
ſchreibt) a priori die Regel gebe: das iſt es, wo-
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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. V. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/11>, abgerufen am 04.12.2024.
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