Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.Drittes Buch. Gieng Freund! in dir! -- -- Durch jene Krümmen Der dickbelaubten Bäume hörtest du In ihren Blättern tausend sanft gerauschte Stimmen, Und jede Stimme rief dir traurig zu! Hier ging er einst an deinem Arm, und fester Noch an dein Herz geschlungen! ach! hier gieng Dein Freund, der zärter noch, als eine Schwester Mit seinem Geist an deinem Geiste hieng! Hier fühltest du mit ihm zugleich das Schöne Der Schöpfung; o, hier standet ihr, Wie zwo vom besten Vater gleich gebohrne Söhne Und spracht von Gott. Hier, sagst du, war es; hier! Ach! jede Wunde weinend auszuwaschen; Bey ihm zu knien, bey der Todes Angst Durch Seufzer seinen Geist noch aufzuhaschen Dies ist der Trost, nach welchem du verlangst. K 5
Drittes Buch. Gieng Freund! in dir! — — Durch jene Kruͤmmen Der dickbelaubten Baͤume hoͤrteſt du In ihren Blaͤttern tauſend ſanft gerauſchte Stimmen, Und jede Stimme rief dir traurig zu! Hier ging er einſt an deinem Arm, und feſter Noch an dein Herz geſchlungen! ach! hier gieng Dein Freund, der zaͤrter noch, als eine Schweſter Mit ſeinem Geiſt an deinem Geiſte hieng! Hier fuͤhlteſt du mit ihm zugleich das Schoͤne Der Schoͤpfung; o, hier ſtandet ihr, Wie zwo vom beſten Vater gleich gebohrne Soͤhne Und ſpracht von Gott. Hier, ſagſt du, war es; hier! Ach! jede Wunde weinend auszuwaſchen; Bey ihm zu knien, bey der Todes Angſt Durch Seufzer ſeinen Geiſt noch aufzuhaſchen Dies iſt der Troſt, nach welchem du verlangſt. K 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0197" n="153"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Drittes Buch.</hi> </fw><lb/> <lg type="poem" n="5"> <l>Gieng Freund! in dir! — — Durch jene Kruͤmmen<lb/> Der dickbelaubten Baͤume hoͤrteſt du<lb/> In ihren Blaͤttern tauſend ſanft gerauſchte Stimmen,<lb/> Und jede Stimme rief dir traurig zu!</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="6"> <l>Hier ging er einſt an deinem Arm, und feſter<lb/> Noch an dein Herz geſchlungen! ach! hier gieng<lb/> Dein Freund, der zaͤrter noch, als eine Schweſter<lb/> Mit ſeinem Geiſt an deinem Geiſte hieng!<lb/> Hier fuͤhlteſt du mit ihm zugleich das Schoͤne<lb/> Der Schoͤpfung; o, hier ſtandet ihr,<lb/> Wie zwo vom beſten Vater gleich gebohrne Soͤhne<lb/> Und ſpracht von Gott. Hier, ſagſt du, war es; hier!</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="7"> <l>Ach! jede Wunde weinend auszuwaſchen;<lb/> Bey ihm zu knien, bey der Todes Angſt<lb/> Durch Seufzer ſeinen Geiſt noch aufzuhaſchen<lb/> Dies iſt der Troſt, nach welchem du verlangſt.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">K 5</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [153/0197]
Drittes Buch.
Gieng Freund! in dir! — — Durch jene Kruͤmmen
Der dickbelaubten Baͤume hoͤrteſt du
In ihren Blaͤttern tauſend ſanft gerauſchte Stimmen,
Und jede Stimme rief dir traurig zu!
Hier ging er einſt an deinem Arm, und feſter
Noch an dein Herz geſchlungen! ach! hier gieng
Dein Freund, der zaͤrter noch, als eine Schweſter
Mit ſeinem Geiſt an deinem Geiſte hieng!
Hier fuͤhlteſt du mit ihm zugleich das Schoͤne
Der Schoͤpfung; o, hier ſtandet ihr,
Wie zwo vom beſten Vater gleich gebohrne Soͤhne
Und ſpracht von Gott. Hier, ſagſt du, war es; hier!
Ach! jede Wunde weinend auszuwaſchen;
Bey ihm zu knien, bey der Todes Angſt
Durch Seufzer ſeinen Geiſt noch aufzuhaſchen
Dies iſt der Troſt, nach welchem du verlangſt.
K 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |