Grüner machst du Blätter an den Zweigen Die sich um den Schlaf des Jünglings beugen, Der im Marsfeld wie ein Löwe stritt; Alle Jahre kommest du mit neuen Blumen, auf des Helden Grab zu streuen, Dessen Faden früh die Parce schnitt.
Holder May, bey jenem Siz der Musen, Wo die Oder ihren ofnen Busen Mit erschlagner Russen Blut geschwärzt, Liegt ein Dichter, der dich einst gesungen; Hundert Seelen hat sein Tod durchdrungen, O, er starb voll Wunden, und beherzt!
Von dem größten Künstler der aus Steinen Bilder machet, die, wie Menschen weinen, Werdest du gehauen auf sein Grab. In Gestalt des Mädchens, die ihn dachte, (*) Mit dem Schooß voll Blumen, die sie brachte, Zeichne dich des Künstlers Meissel ab!
C 5
Erſtes Buch.
Gruͤner machſt du Blaͤtter an den Zweigen Die ſich um den Schlaf des Juͤnglings beugen, Der im Marsfeld wie ein Loͤwe ſtritt; Alle Jahre kommeſt du mit neuen Blumen, auf des Helden Grab zu ſtreuen, Deſſen Faden fruͤh die Parce ſchnitt.
Holder May, bey jenem Siz der Muſen, Wo die Oder ihren ofnen Buſen Mit erſchlagner Ruſſen Blut geſchwaͤrzt, Liegt ein Dichter, der dich einſt geſungen; Hundert Seelen hat ſein Tod durchdrungen, O, er ſtarb voll Wunden, und beherzt!
Von dem groͤßten Kuͤnſtler der aus Steinen Bilder machet, die, wie Menſchen weinen, Werdeſt du gehauen auf ſein Grab. In Geſtalt des Maͤdchens, die ihn dachte, (*) Mit dem Schooß voll Blumen, die ſie brachte, Zeichne dich des Kuͤnſtlers Meiſſel ab!
C 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0085"n="41"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Erſtes Buch.</hi></fw><lb/><lgtype="poem"n="5"><l>Gruͤner machſt du Blaͤtter an den Zweigen<lb/>
Die ſich um den Schlaf des Juͤnglings beugen,<lb/>
Der im Marsfeld wie ein Loͤwe ſtritt;<lb/>
Alle Jahre kommeſt du mit neuen<lb/>
Blumen, auf des Helden Grab zu ſtreuen,<lb/>
Deſſen Faden fruͤh die Parce ſchnitt.</l></lg><lb/><lgtype="poem"n="6"><l>Holder May, bey jenem Siz der Muſen,<lb/>
Wo die Oder ihren ofnen Buſen<lb/>
Mit erſchlagner Ruſſen Blut geſchwaͤrzt,<lb/>
Liegt ein Dichter, der dich einſt geſungen;<lb/>
Hundert Seelen hat ſein Tod durchdrungen,<lb/>
O, er ſtarb voll Wunden, und beherzt!</l></lg><lb/><lgtype="poem"n="7"><l>Von dem groͤßten Kuͤnſtler der aus Steinen<lb/>
Bilder machet, die, wie Menſchen weinen,<lb/>
Werdeſt du gehauen auf ſein Grab.<lb/>
In Geſtalt des Maͤdchens, die ihn dachte, <notexml:id="e1a"next="#e1b"place="end"n="(*)"/><lb/>
Mit dem Schooß voll Blumen, die ſie brachte,<lb/>
Zeichne dich des Kuͤnſtlers Meiſſel ab!</l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="sig">C 5</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[41/0085]
Erſtes Buch.
Gruͤner machſt du Blaͤtter an den Zweigen
Die ſich um den Schlaf des Juͤnglings beugen,
Der im Marsfeld wie ein Loͤwe ſtritt;
Alle Jahre kommeſt du mit neuen
Blumen, auf des Helden Grab zu ſtreuen,
Deſſen Faden fruͤh die Parce ſchnitt.
Holder May, bey jenem Siz der Muſen,
Wo die Oder ihren ofnen Buſen
Mit erſchlagner Ruſſen Blut geſchwaͤrzt,
Liegt ein Dichter, der dich einſt geſungen;
Hundert Seelen hat ſein Tod durchdrungen,
O, er ſtarb voll Wunden, und beherzt!
Von dem groͤßten Kuͤnſtler der aus Steinen
Bilder machet, die, wie Menſchen weinen,
Werdeſt du gehauen auf ſein Grab.
In Geſtalt des Maͤdchens, die ihn dachte,
⁽*⁾
Mit dem Schooß voll Blumen, die ſie brachte,
Zeichne dich des Kuͤnſtlers Meiſſel ab!
C 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/85>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.