schaffen konnte. Diese mancherlei kleinen Hülfsquellen kamen auch allerdings ihrer Haushaltung wohl zu statten und würden sie ziemlich kummerfrei gemacht haben, wenn ihr Mann solche Einkünfte ordentlich an- gewandt hätte. Allein jemehr sie erwarb, jemehr fürch- tete er sich vor ihren Vorwürfen, welche sie nun einmal nicht lassen konnte, und je mehr ging er ins Trinkhaus. Auf die Weise fielen sie oft wieder in den traurigsten Mangel zurück, und ehe Gelegenheit kam, wo die Dich- terin etwas gewinnen konnte, waren schon mehrere Schulden gemacht, als ihr Verdienst einbrachte. Dazu wuchsen täglich die häuslichen Mißhelligkeiten mehr an: je mehr sie sich Freunde erwarb, je mehr lernte sie sich fühlen. Sie sahe nun ein, daß sie allein im Stande war, sich zu ernähren und Ehre zu erwerben; und um so mehr war ihr Mann eine überlästige Person in ih- rer Haushaltung. Er setzte Kinder in die Welt, welche sie ernähren mußte, weil er weder große Geschicklich- keit noch Lust zum Arbeiten hatte. Warf sie ihm dies vor, so konnte es nicht ausbleiben, daß sie, wenn er trunken war, gemißhandelt wurde, und je mehr sie sich beschwerte, je übler verfuhr er mit ihr. Dennoch blie- ben sie beisammen und sie gebahr ihm die zweite Toch- ter, ein Engelgleiches Kind, welches wegen seiner klei- nen Mitleid fodernden Gestalt sogleich das ganze Herz der Mutter gewann. Sie hatte es nicht allein vor-
ſchaffen konnte. Dieſe mancherlei kleinen Huͤlfsquellen kamen auch allerdings ihrer Haushaltung wohl zu ſtatten und wuͤrden ſie ziemlich kummerfrei gemacht haben, wenn ihr Mann ſolche Einkuͤnfte ordentlich an- gewandt haͤtte. Allein jemehr ſie erwarb, jemehr fuͤrch- tete er ſich vor ihren Vorwuͤrfen, welche ſie nun einmal nicht laſſen konnte, und je mehr ging er ins Trinkhaus. Auf die Weiſe fielen ſie oft wieder in den traurigſten Mangel zuruͤck, und ehe Gelegenheit kam, wo die Dich- terin etwas gewinnen konnte, waren ſchon mehrere Schulden gemacht, als ihr Verdienſt einbrachte. Dazu wuchſen taͤglich die haͤuslichen Mißhelligkeiten mehr an: je mehr ſie ſich Freunde erwarb, je mehr lernte ſie ſich fuͤhlen. Sie ſahe nun ein, daß ſie allein im Stande war, ſich zu ernaͤhren und Ehre zu erwerben; und um ſo mehr war ihr Mann eine uͤberlaͤſtige Perſon in ih- rer Haushaltung. Er ſetzte Kinder in die Welt, welche ſie ernaͤhren mußte, weil er weder große Geſchicklich- keit noch Luſt zum Arbeiten hatte. Warf ſie ihm dies vor, ſo konnte es nicht ausbleiben, daß ſie, wenn er trunken war, gemißhandelt wurde, und je mehr ſie ſich beſchwerte, je uͤbler verfuhr er mit ihr. Dennoch blie- ben ſie beiſammen und ſie gebahr ihm die zweite Toch- ter, ein Engelgleiches Kind, welches wegen ſeiner klei- nen Mitleid fodernden Geſtalt ſogleich das ganze Herz der Mutter gewann. Sie hatte es nicht allein vor-
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ſchaffen konnte. Dieſe mancherlei kleinen Huͤlfsquellen
kamen auch allerdings ihrer Haushaltung wohl zu
ſtatten und wuͤrden ſie ziemlich kummerfrei gemacht
haben, wenn ihr Mann ſolche Einkuͤnfte ordentlich an-
gewandt haͤtte. Allein jemehr ſie erwarb, jemehr fuͤrch-
tete er ſich vor ihren Vorwuͤrfen, welche ſie nun einmal
nicht laſſen konnte, und je mehr ging er ins Trinkhaus.
Auf die Weiſe fielen ſie oft wieder in den traurigſten
Mangel zuruͤck, und ehe Gelegenheit kam, wo die Dich-
terin etwas gewinnen konnte, waren ſchon mehrere
Schulden gemacht, als ihr Verdienſt einbrachte. Dazu
wuchſen taͤglich die haͤuslichen Mißhelligkeiten mehr
an: je mehr ſie ſich Freunde erwarb, je mehr lernte ſie
ſich fuͤhlen. Sie ſahe nun ein, daß ſie allein im Stande
war, ſich zu ernaͤhren und Ehre zu erwerben; und um
ſo mehr war ihr Mann eine uͤberlaͤſtige Perſon in ih-
rer Haushaltung. Er ſetzte Kinder in die Welt, welche
ſie ernaͤhren mußte, weil er weder große Geſchicklich-
keit noch Luſt zum Arbeiten hatte. Warf ſie ihm dies
vor, ſo konnte es nicht ausbleiben, daß ſie, wenn er
trunken war, gemißhandelt wurde, und je mehr ſie ſich
beſchwerte, je uͤbler verfuhr er mit ihr. Dennoch blie-
ben ſie beiſammen und ſie gebahr ihm die zweite Toch-
ter, ein Engelgleiches Kind, welches wegen ſeiner klei-
nen Mitleid fodernden Geſtalt ſogleich das ganze Herz
der Mutter gewann. Sie hatte es nicht allein vor-
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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/100>, abgerufen am 21.11.2024.
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