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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.

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dem Getümmel dieser Kinder, und brachte eine Predigt,
die sie eben in der reformirten Kirche gehört hatte, in
Verse. Indeß wir uns mit ihr unterhielten, hatte sie ei-
nen halben Bogen ergriffen, mit dem sie uns beim Weg-
gehen beschenkte. Hier ist sein Inhalt:

Ihr Freunde von den Wissenschaften!
Ihr kamet, mich zu sehn, von der Ihr viel gehört.
Ihr saht die Dürftigkeit. -- Ich wurde nie belehrt,
Und keine Regel bleibt mir im Gedächtniß haften,
Ich bin nur von Natur, der zweiten Schöpferin,
Von ihr allein nur bin ich was ich bin.
Vier Kinder stöhren mich; doch das Geräusch von Kindern,
Kann nicht den Trieb in mir und nicht das Feuer mindern.
Mein Glück ist klein, doch groß genug für mich,
Und im Gesang ist mir der Gram nicht hinderlich.
Ihr Freunde, die Ihr Euch die große Mühe nahmet,
Und mich so niedres Weib zu sehn nach Glogau kamet,
Euch geb' ein solches Glück freundschaftlich das Geleit,
Als Euer Herz verdient und Eure Redlichkeit,
Die ich aus Euren Augen kenne,
Und die ich mich bereit zu Euren Diensten nenne

Anna Louise Karschin.

Dieser armseelige Zustand hielt Niemanden ab, sie
zu sehn; man eiferte um ihre Verse, und theilte die-
selben seinen entfernten Freunden als Seltenheiten
mit; man wünschte, von ihr besungen zu werden, und

dem Getuͤmmel dieſer Kinder, und brachte eine Predigt,
die ſie eben in der reformirten Kirche gehoͤrt hatte, in
Verſe. Indeß wir uns mit ihr unterhielten, hatte ſie ei-
nen halben Bogen ergriffen, mit dem ſie uns beim Weg-
gehen beſchenkte. Hier iſt ſein Inhalt:

Ihr Freunde von den Wiſſenſchaften!
Ihr kamet, mich zu ſehn, von der Ihr viel gehoͤrt.
Ihr ſaht die Duͤrftigkeit. — Ich wurde nie belehrt,
Und keine Regel bleibt mir im Gedaͤchtniß haften,
Ich bin nur von Natur, der zweiten Schoͤpferin,
Von ihr allein nur bin ich was ich bin.
Vier Kinder ſtoͤhren mich; doch das Geraͤuſch von Kindern,
Kann nicht den Trieb in mir und nicht das Feuer mindern.
Mein Gluͤck iſt klein, doch groß genug fuͤr mich,
Und im Geſang iſt mir der Gram nicht hinderlich.
Ihr Freunde, die Ihr Euch die große Muͤhe nahmet,
Und mich ſo niedres Weib zu ſehn nach Glogau kamet,
Euch geb’ ein ſolches Gluͤck freundſchaftlich das Geleit,
Als Euer Herz verdient und Eure Redlichkeit,
Die ich aus Euren Augen kenne,
Und die ich mich bereit zu Euren Dienſten nenne

Anna Louiſe Karſchin.

Dieſer armſeelige Zuſtand hielt Niemanden ab, ſie
zu ſehn; man eiferte um ihre Verſe, und theilte die-
ſelben ſeinen entfernten Freunden als Seltenheiten
mit; man wuͤnſchte, von ihr beſungen zu werden, und

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[77/0109] dem Getuͤmmel dieſer Kinder, und brachte eine Predigt, die ſie eben in der reformirten Kirche gehoͤrt hatte, in Verſe. Indeß wir uns mit ihr unterhielten, hatte ſie ei- nen halben Bogen ergriffen, mit dem ſie uns beim Weg- gehen beſchenkte. Hier iſt ſein Inhalt: Ihr Freunde von den Wiſſenſchaften! Ihr kamet, mich zu ſehn, von der Ihr viel gehoͤrt. Ihr ſaht die Duͤrftigkeit. — Ich wurde nie belehrt, Und keine Regel bleibt mir im Gedaͤchtniß haften, Ich bin nur von Natur, der zweiten Schoͤpferin, Von ihr allein nur bin ich was ich bin. Vier Kinder ſtoͤhren mich; doch das Geraͤuſch von Kindern, Kann nicht den Trieb in mir und nicht das Feuer mindern. Mein Gluͤck iſt klein, doch groß genug fuͤr mich, Und im Geſang iſt mir der Gram nicht hinderlich. Ihr Freunde, die Ihr Euch die große Muͤhe nahmet, Und mich ſo niedres Weib zu ſehn nach Glogau kamet, Euch geb’ ein ſolches Gluͤck freundſchaftlich das Geleit, Als Euer Herz verdient und Eure Redlichkeit, Die ich aus Euren Augen kenne, Und die ich mich bereit zu Euren Dienſten nenne Anna Louiſe Karſchin. Dieſer armſeelige Zuſtand hielt Niemanden ab, ſie zu ſehn; man eiferte um ihre Verſe, und theilte die- ſelben ſeinen entfernten Freunden als Seltenheiten mit; man wuͤnſchte, von ihr beſungen zu werden, und

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Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/109>, abgerufen am 24.11.2024.