war, und nun als Preussischer Grenadier mit Frie- drichs Siegen wetteiferte, sie gastfreundlich in seinem Hause aufnahm. Er führte sie bei seinen Freunden ein, schaffte ihr die Gewogenheit des Hochgräflich Stollberg-Wernigerodischen Hauses; so wie des Herrn Dom-Dechanten Freiherrn von Spiegel. Dieser, die Musen und jede Kunst so eifrig liebende Baron, welcher die berühmten Spiegelberge bei Halberstadt mit unglaublichen Schwierigkeiten und Kosten bepflan- zen ließ, that zur Veredlung des Namens der Dichte- rin vorzügliche Schritte. Er mischte sie unter die Zahl seiner Freunde, und ließ dieselbe fast täglich mit ihnen einerlei Ehre genießen. Er gab ihrentwegen zuweilen besondere Gastmale, und munterte sie mit Geschenken der Großmuth auf, gab ihr auch den Adel ihres Ta- lents in einem Pettschaft zu erkennen, welches er aus Kristall für sie verfertigen ließ, und drei Seiten zeigt: Auf der einen ihr verzogener Geburtsname, auf der andern der Kopf der Sappho, auf der dritten die Leier im goldenen Felde, über welcher ein Lorbeerkranz schwebt. Das Haus des regierenden Grafen von Wer- nigerode that noch mehr: es gab der Dichterin ein jährliches bestimmtes Taschengeld mit Fortsetzung der huldreichsten Geneigtheit; und der erhabene Erbe hat den goldnen Faden noch bis jezt nicht abgeschnit- ten --
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war, und nun als Preuſſiſcher Grenadier mit Frie- drichs Siegen wetteiferte, ſie gaſtfreundlich in ſeinem Hauſe aufnahm. Er fuͤhrte ſie bei ſeinen Freunden ein, ſchaffte ihr die Gewogenheit des Hochgraͤflich Stollberg-Wernigerodiſchen Hauſes; ſo wie des Herrn Dom-Dechanten Freiherrn von Spiegel. Dieſer, die Muſen und jede Kunſt ſo eifrig liebende Baron, welcher die beruͤhmten Spiegelberge bei Halberſtadt mit unglaublichen Schwierigkeiten und Koſten bepflan- zen ließ, that zur Veredlung des Namens der Dichte- rin vorzuͤgliche Schritte. Er miſchte ſie unter die Zahl ſeiner Freunde, und ließ dieſelbe faſt taͤglich mit ihnen einerlei Ehre genießen. Er gab ihrentwegen zuweilen beſondere Gaſtmale, und munterte ſie mit Geſchenken der Großmuth auf, gab ihr auch den Adel ihres Ta- lents in einem Pettſchaft zu erkennen, welches er aus Kriſtall fuͤr ſie verfertigen ließ, und drei Seiten zeigt: Auf der einen ihr verzogener Geburtsname, auf der andern der Kopf der Sappho, auf der dritten die Leier im goldenen Felde, uͤber welcher ein Lorbeerkranz ſchwebt. Das Haus des regierenden Grafen von Wer- nigerode that noch mehr: es gab der Dichterin ein jaͤhrliches beſtimmtes Taſchengeld mit Fortſetzung der huldreichſten Geneigtheit; und der erhabene Erbe hat den goldnen Faden noch bis jezt nicht abgeſchnit- ten —
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war, und nun als Preuſſiſcher Grenadier mit Frie-
drichs Siegen wetteiferte, ſie gaſtfreundlich in ſeinem
Hauſe aufnahm. Er fuͤhrte ſie bei ſeinen Freunden
ein, ſchaffte ihr die Gewogenheit des Hochgraͤflich
Stollberg-Wernigerodiſchen Hauſes; ſo wie des Herrn
Dom-Dechanten Freiherrn von Spiegel. Dieſer,
die Muſen und jede Kunſt ſo eifrig liebende Baron,
welcher die beruͤhmten Spiegelberge bei Halberſtadt
mit unglaublichen Schwierigkeiten und Koſten bepflan-
zen ließ, that zur Veredlung des Namens der Dichte-
rin vorzuͤgliche Schritte. Er miſchte ſie unter die Zahl
ſeiner Freunde, und ließ dieſelbe faſt taͤglich mit ihnen
einerlei Ehre genießen. Er gab ihrentwegen zuweilen
beſondere Gaſtmale, und munterte ſie mit Geſchenken
der Großmuth auf, gab ihr auch den Adel ihres Ta-
lents in einem Pettſchaft zu erkennen, welches er aus
Kriſtall fuͤr ſie verfertigen ließ, und drei Seiten zeigt:
Auf der einen ihr verzogener Geburtsname, auf der
andern der Kopf der Sappho, auf der dritten die Leier
im goldenen Felde, uͤber welcher ein Lorbeerkranz
ſchwebt. Das Haus des regierenden Grafen von Wer-
nigerode that noch mehr: es gab der Dichterin ein
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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/129>, abgerufen am 21.11.2024.
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