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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.

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Freundschaft. Einige ihrer Freunde blieben ihr auch
in der That treu: ihre Bescheidenheit wird ihre
Namen nicht genannt haben wollen, aber der sterben-
den Dichterin Dank hat sie gesegnet. -- Man durfte
wenig für sie thun, wenn man nur freundlich und
aufmerksam gegen sie war. Mit einer heitern Miene
und kleinen höflichen Bewirthung konnte man sie über-
aus vergnügt machen, und sie glich hierin den Kin-
dern, deren Hand immer fordert, aber auch bald ge-
füllt ist.

Durch ihre Genügsamkeit, Offenherzigkeit, Erin-
nerung an verlebte Leiden, und Glauben an Freunde
gestärkt, trat sie ruhig in die Jahre des ermüdenden
Alters; nichts erwartete sie weniger, als noch ein be-
sonderes Glück, welches ihr wiederfahren sollte. Sie
hatte nicht verfehlt, den großen König noch öfter an
sein Königliches Wort zu erinnern; zuweilen antwor-
tete er ihr durch kleine, ein edles Talent zurückschrek-
kende Geschenke; und einmal schickte er ihr, vermuth-
lich um sie dadurch ganz abzuweisen, zwei Thaler auf
der Post zu. Das empfand die Dichterin, wie sie
sollte; sie schrieb das bekannte Impromptü: Zwei
Thaler giebt kein großer König etc., siegelte die zwei
Thaler in das beschriebene Blatt, und unterstand sich,
dem Könige sein Gnadengeschenk wieder zurückzuschik-
ken. Der Einfall ward Königlich belacht. -- Friedrich

h

Freundſchaft. Einige ihrer Freunde blieben ihr auch
in der That treu: ihre Beſcheidenheit wird ihre
Namen nicht genannt haben wollen, aber der ſterben-
den Dichterin Dank hat ſie geſegnet. — Man durfte
wenig fuͤr ſie thun, wenn man nur freundlich und
aufmerkſam gegen ſie war. Mit einer heitern Miene
und kleinen hoͤflichen Bewirthung konnte man ſie uͤber-
aus vergnuͤgt machen, und ſie glich hierin den Kin-
dern, deren Hand immer fordert, aber auch bald ge-
fuͤllt iſt.

Durch ihre Genuͤgſamkeit, Offenherzigkeit, Erin-
nerung an verlebte Leiden, und Glauben an Freunde
geſtaͤrkt, trat ſie ruhig in die Jahre des ermuͤdenden
Alters; nichts erwartete ſie weniger, als noch ein be-
ſonderes Gluͤck, welches ihr wiederfahren ſollte. Sie
hatte nicht verfehlt, den großen Koͤnig noch oͤfter an
ſein Koͤnigliches Wort zu erinnern; zuweilen antwor-
tete er ihr durch kleine, ein edles Talent zuruͤckſchrek-
kende Geſchenke; und einmal ſchickte er ihr, vermuth-
lich um ſie dadurch ganz abzuweiſen, zwei Thaler auf
der Poſt zu. Das empfand die Dichterin, wie ſie
ſollte; ſie ſchrieb das bekannte Impromptuͤ: Zwei
Thaler giebt kein großer Koͤnig ꝛc., ſiegelte die zwei
Thaler in das beſchriebene Blatt, und unterſtand ſich,
dem Koͤnige ſein Gnadengeſchenk wieder zuruͤckzuſchik-
ken. Der Einfall ward Koͤniglich belacht. — Friedrich

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[113/0145] Freundſchaft. Einige ihrer Freunde blieben ihr auch in der That treu: ihre Beſcheidenheit wird ihre Namen nicht genannt haben wollen, aber der ſterben- den Dichterin Dank hat ſie geſegnet. — Man durfte wenig fuͤr ſie thun, wenn man nur freundlich und aufmerkſam gegen ſie war. Mit einer heitern Miene und kleinen hoͤflichen Bewirthung konnte man ſie uͤber- aus vergnuͤgt machen, und ſie glich hierin den Kin- dern, deren Hand immer fordert, aber auch bald ge- fuͤllt iſt. Durch ihre Genuͤgſamkeit, Offenherzigkeit, Erin- nerung an verlebte Leiden, und Glauben an Freunde geſtaͤrkt, trat ſie ruhig in die Jahre des ermuͤdenden Alters; nichts erwartete ſie weniger, als noch ein be- ſonderes Gluͤck, welches ihr wiederfahren ſollte. Sie hatte nicht verfehlt, den großen Koͤnig noch oͤfter an ſein Koͤnigliches Wort zu erinnern; zuweilen antwor- tete er ihr durch kleine, ein edles Talent zuruͤckſchrek- kende Geſchenke; und einmal ſchickte er ihr, vermuth- lich um ſie dadurch ganz abzuweiſen, zwei Thaler auf der Poſt zu. Das empfand die Dichterin, wie ſie ſollte; ſie ſchrieb das bekannte Impromptuͤ: Zwei Thaler giebt kein großer Koͤnig ꝛc., ſiegelte die zwei Thaler in das beſchriebene Blatt, und unterſtand ſich, dem Koͤnige ſein Gnadengeſchenk wieder zuruͤckzuſchik- ken. Der Einfall ward Koͤniglich belacht. — Friedrich h

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Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/145>, abgerufen am 24.11.2024.