Abends mit einem Räuschchen zurück, welches ihn sonst immer gutes Muths machte. Bei dem Herein- treten warf er mit einer lustigen Art den Hut auf den Tisch, schwung sich auf einem Beine herum und rief: Vivat! es lebe der König von Preußen! darauf sagte er zu seiner Frau: Höre, Louise! weißt du ganz was Neues? Der König von Preußen hat in seinen Lan- den die Erlaubniß zur Ehescheidung gegeben; was meynst du, wenn wir die ersten wären, die sich schei- den ließen? Seine äußerst erschrockne Frau konnte ihm hierauf nichts antworten, und er fuhr fort: Na, du hast doch nichts dawider, wenn wir den Anfang ma- chen? Ach Gott, du wirst doch das nicht thun, war ihre Antwort. Ja, ja! das werd' ich wol thun, er- wiederte er; und was ist denn für ein Unglück dabei? wenn man einander nicht leiden kann, ists nicht besser, als davon. Die Frau weinte jämmerlich, aber er fuhr fort: Höre, Louise, weine nur nicht, das Weinen kann zu nichts helfen, es wird nicht anders, ich habe mei- nen Sinn darauf gesetzt, daß ich mich scheiden lasse. Du bist freilich ein recht gutes, fleißiges und folgsames Weib, aber es muß mir angethan seyn; genug, ich kann dich nicht zum Weibe leiden, und kann dich im- mer weniger leiden, was soll uns ein solch Marter- leben? gieb nur gutwillig dich darein, denn es wird nicht anders, ich gehe auf die Scheidung. Hiermit,
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Abends mit einem Raͤuſchchen zuruͤck, welches ihn ſonſt immer gutes Muths machte. Bei dem Herein- treten warf er mit einer luſtigen Art den Hut auf den Tiſch, ſchwung ſich auf einem Beine herum und rief: Vivat! es lebe der Koͤnig von Preußen! darauf ſagte er zu ſeiner Frau: Hoͤre, Louiſe! weißt du ganz was Neues? Der Koͤnig von Preußen hat in ſeinen Lan- den die Erlaubniß zur Eheſcheidung gegeben; was meynſt du, wenn wir die erſten waͤren, die ſich ſchei- den ließen? Seine aͤußerſt erſchrockne Frau konnte ihm hierauf nichts antworten, und er fuhr fort: Na, du haſt doch nichts dawider, wenn wir den Anfang ma- chen? Ach Gott, du wirſt doch das nicht thun, war ihre Antwort. Ja, ja! das werd’ ich wol thun, er- wiederte er; und was iſt denn fuͤr ein Ungluͤck dabei? wenn man einander nicht leiden kann, iſts nicht beſſer, als davon. Die Frau weinte jaͤmmerlich, aber er fuhr fort: Hoͤre, Louiſe, weine nur nicht, das Weinen kann zu nichts helfen, es wird nicht anders, ich habe mei- nen Sinn darauf geſetzt, daß ich mich ſcheiden laſſe. Du biſt freilich ein recht gutes, fleißiges und folgſames Weib, aber es muß mir angethan ſeyn; genug, ich kann dich nicht zum Weibe leiden, und kann dich im- mer weniger leiden, was ſoll uns ein ſolch Marter- leben? gieb nur gutwillig dich darein, denn es wird nicht anders, ich gehe auf die Scheidung. Hiermit,
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Abends mit einem Raͤuſchchen zuruͤck, welches ihn
ſonſt immer gutes Muths machte. Bei dem Herein-
treten warf er mit einer luſtigen Art den Hut auf den
Tiſch, ſchwung ſich auf einem Beine herum und rief:
Vivat! es lebe der Koͤnig von Preußen! darauf ſagte
er zu ſeiner Frau: Hoͤre, Louiſe! weißt du ganz was
Neues? Der Koͤnig von Preußen hat in ſeinen Lan-
den die Erlaubniß zur Eheſcheidung gegeben; was
meynſt du, wenn wir die erſten waͤren, die ſich ſchei-
den ließen? Seine aͤußerſt erſchrockne Frau konnte ihm
hierauf nichts antworten, und er fuhr fort: Na, du
haſt doch nichts dawider, wenn wir den Anfang ma-
chen? Ach Gott, du wirſt doch das nicht thun, war
ihre Antwort. Ja, ja! das werd’ ich wol thun, er-
wiederte er; und was iſt denn fuͤr ein Ungluͤck dabei?
wenn man einander nicht leiden kann, iſts nicht beſſer,
als davon. Die Frau weinte jaͤmmerlich, aber er fuhr
fort: Hoͤre, Louiſe, weine nur nicht, das Weinen kann
zu nichts helfen, es wird nicht anders, ich habe mei-
nen Sinn darauf geſetzt, daß ich mich ſcheiden laſſe.
Du biſt freilich ein recht gutes, fleißiges und folgſames
Weib, aber es muß mir angethan ſeyn; genug, ich
kann dich nicht zum Weibe leiden, und kann dich im-
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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/85>, abgerufen am 21.11.2024.
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