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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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jede ihr Nachtlämpchen tragend, spottend bis vor
die Thür meines Schlafzimmers. Dort wandte
ich mich um und rief: Geht, ihr thörichten Jung¬
frauen mit euren Lampen! Obgleich jede nur
zu bald ihren irdischen Bräutigam haben wird,
fürchte ich doch, das Oel eurer Geduld reiche
nicht aus für die kürzeste Frist; löscht eure Lich¬
ter und schämt euch im Dunklen, so spart ihr
das Bischen Oel, ihr verliebten Dinger!

Eine Magd trug gerade ein Becken mit
Wasser hinein; sie tauchten ihre Finger in das
Wasser und spritzten mir dasselbe in's Gesicht,
während sie mit ihren brennenden Lämpchen mir
um Haar und Nase herumzündeten und mich
hart bedrängten. "Mit Feuer und Wasser,"
sagten sie, "taufen wir dich zu ewigem Frauen¬
hasse! Nie soll Eine wünschen, diesen Haß
schwinden zu sehen und das Licht der Liebe soll
dir für immerdar erlöschen! Schlafen Sie recht
wohl, gestrenger Herr, und träumen Sie von
keinem Mädchen!" Hiermit bliesen sie meine
Kerze aus und huschten auseinander, daß ihre
Lichtchen in dem dunklen Hause verschwanden

jede ihr Nachtlaͤmpchen tragend, ſpottend bis vor
die Thuͤr meines Schlafzimmers. Dort wandte
ich mich um und rief: Geht, ihr thoͤrichten Jung¬
frauen mit euren Lampen! Obgleich jede nur
zu bald ihren irdiſchen Braͤutigam haben wird,
fuͤrchte ich doch, das Oel eurer Geduld reiche
nicht aus fuͤr die kuͤrzeſte Friſt; loͤſcht eure Lich¬
ter und ſchaͤmt euch im Dunklen, ſo ſpart ihr
das Biſchen Oel, ihr verliebten Dinger!

Eine Magd trug gerade ein Becken mit
Waſſer hinein; ſie tauchten ihre Finger in das
Waſſer und ſpritzten mir dasſelbe in's Geſicht,
waͤhrend ſie mit ihren brennenden Laͤmpchen mir
um Haar und Naſe herumzuͤndeten und mich
hart bedraͤngten. »Mit Feuer und Waſſer,«
ſagten ſie, »taufen wir dich zu ewigem Frauen¬
haſſe! Nie ſoll Eine wuͤnſchen, dieſen Haß
ſchwinden zu ſehen und das Licht der Liebe ſoll
dir fuͤr immerdar erloͤſchen! Schlafen Sie recht
wohl, geſtrenger Herr, und traͤumen Sie von
keinem Maͤdchen!« Hiermit blieſen ſie meine
Kerze aus und huſchten auseinander, daß ihre
Lichtchen in dem dunklen Hauſe verſchwanden

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[222/0232] jede ihr Nachtlaͤmpchen tragend, ſpottend bis vor die Thuͤr meines Schlafzimmers. Dort wandte ich mich um und rief: Geht, ihr thoͤrichten Jung¬ frauen mit euren Lampen! Obgleich jede nur zu bald ihren irdiſchen Braͤutigam haben wird, fuͤrchte ich doch, das Oel eurer Geduld reiche nicht aus fuͤr die kuͤrzeſte Friſt; loͤſcht eure Lich¬ ter und ſchaͤmt euch im Dunklen, ſo ſpart ihr das Biſchen Oel, ihr verliebten Dinger! Eine Magd trug gerade ein Becken mit Waſſer hinein; ſie tauchten ihre Finger in das Waſſer und ſpritzten mir dasſelbe in's Geſicht, waͤhrend ſie mit ihren brennenden Laͤmpchen mir um Haar und Naſe herumzuͤndeten und mich hart bedraͤngten. »Mit Feuer und Waſſer,« ſagten ſie, »taufen wir dich zu ewigem Frauen¬ haſſe! Nie ſoll Eine wuͤnſchen, dieſen Haß ſchwinden zu ſehen und das Licht der Liebe ſoll dir fuͤr immerdar erloͤſchen! Schlafen Sie recht wohl, geſtrenger Herr, und traͤumen Sie von keinem Maͤdchen!« Hiermit blieſen ſie meine Kerze aus und huſchten auseinander, daß ihre Lichtchen in dem dunklen Hauſe verſchwanden

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/232>, abgerufen am 23.11.2024.