wurde es mir bänger, daß ich als gänzlich werth¬ los und unbedeutend zum Vorschein käme, wäh¬ rend ich doch bisher überzeugt war, das Beste und Höchste schätzen und erstreben zu wollen und gerade dadurch selber einen nicht unerheblichen Werth in mir zu tragen. In der Theorie hatte ich schon die Welt erobert und auch verdient und besonders über Anna durchaus verfügt; da nun aber die Praxis begann, so beschlich mich gleich im Anfange eine verzagte Demuth, welche ich ungefähr in folgende trotzige und gewaltige Rede zusammenfaßte: Moi, j'aime assez la bonne et venerable langue de mon pays, qui est heureu¬ sement la langue allemande, pour ne pas plaindre mon ignorance du francais. Mais comme Ma¬ demoiselle ma cousine a le goaut francais et comme elle doit visiter l'eglise de notre village, c'est beaucoup a plaindre, qu'elle n'y trouvera point de ses orateurs vaudois, qui sont si eleves, elegants et savants. Aussi, que son deplaisir ne soit trop grand, je vous propose, Monsieur mon oncle, de remonter en chaire, nous ferons un petit mais elegant auditoire et vous nous
wurde es mir baͤnger, daß ich als gaͤnzlich werth¬ los und unbedeutend zum Vorſchein kaͤme, waͤh¬ rend ich doch bisher uͤberzeugt war, das Beſte und Hoͤchſte ſchaͤtzen und erſtreben zu wollen und gerade dadurch ſelber einen nicht unerheblichen Werth in mir zu tragen. In der Theorie hatte ich ſchon die Welt erobert und auch verdient und beſonders uͤber Anna durchaus verfuͤgt; da nun aber die Praxis begann, ſo beſchlich mich gleich im Anfange eine verzagte Demuth, welche ich ungefaͤhr in folgende trotzige und gewaltige Rede zuſammenfaßte: Moi, j'aime assez la bonne et vénérable langue de mon pays, qui est heureu¬ sement la langue allemande, pour ne pas plaindre mon ignorance du français. Mais comme Ma¬ demoiselle ma cousine a le goût français et comme elle doit visiter l'église de notre village, c'est beaucoup à plaindre, qu'elle n'y trouvera point de ses orateurs vaudois, qui sont si élevés, élégants et savants. Aussi, que son déplaisir ne soit trop grand, je vous propose, Monsieur mon oncle, de remonter en chaire, nous ferons un petit mais élégant auditoire et vous nous
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rend ich doch bisher uͤberzeugt war, das Beſte
und Hoͤchſte ſchaͤtzen und erſtreben zu wollen und
gerade dadurch ſelber einen nicht unerheblichen
Werth in mir zu tragen. In der Theorie hatte
ich ſchon die Welt erobert und auch verdient und
beſonders uͤber Anna durchaus verfuͤgt; da nun
aber die Praxis begann, ſo beſchlich mich gleich
im Anfange eine verzagte Demuth, welche ich
ungefaͤhr in folgende trotzige und gewaltige Rede
zuſammenfaßte: Moi, j'aime assez la bonne et
vénérable langue de mon pays, qui est heureu¬
sement la langue allemande, pour ne pas plaindre
mon ignorance du français. Mais comme Ma¬
demoiselle ma cousine a le goût français et
comme elle doit visiter l'église de notre village,
c'est beaucoup à plaindre, qu'elle n'y trouvera
point de ses orateurs vaudois, qui sont si élevés,
élégants et savants. Aussi, que son déplaisir
ne soit trop grand, je vous propose, Monsieur
mon oncle, de remonter en chaire, nous ferons
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/242>, abgerufen am 23.11.2024.
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