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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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sich ein Vergnügen daraus machte, den Leuten,
welche sich mit ihm abgaben, allerlei Erfindun¬
gen und Aufschneidereien vorzutragen, um sie
nachher ihrer Leichtgläubigkeit wegen zu verhöh¬
nen, indem er erklärte, die Geschichte sei gar
nicht wahr. Jemand Anders aber mochte er¬
zählen was er wollte, so stellte der Mann es in
Abrede und hatte eine ganz eigene tückische Manier,
die Treuherzigkeit, mit welcher ihm etwas gesagt
wurde, in's Lächerliche zu ziehen, auf die gleiche
Weise, wie er die Treuherzigkeit derer, welche
ihm glaubten, spöttisch zu machen wußte. Er
aß keine Krumme Brotes, die er sich nicht durch
eine Lüge verschafft; denn er wäre lieber Hun¬
gers gestorben, eh' als er in ein auf geradem
Wege erworbenes Stück Brot gebissen hätte. Aß
er aber sein Brot, so sagte er, es sei gut, wenn
es schlecht war, und schlecht, wenn es gut war;
hatte er Hunger, so benagte er es zimpferlich und
warf die Brocken umher; hatte er keinen Hunger,
so nahm er Anderen den Bissen weg, den sie eben
in den Mund stecken wollten, und fraß sich so
voll, daß er krank wurde; alsdann behauptete er,

ſich ein Vergnuͤgen daraus machte, den Leuten,
welche ſich mit ihm abgaben, allerlei Erfindun¬
gen und Aufſchneidereien vorzutragen, um ſie
nachher ihrer Leichtglaͤubigkeit wegen zu verhoͤh¬
nen, indem er erklaͤrte, die Geſchichte ſei gar
nicht wahr. Jemand Anders aber mochte er¬
zaͤhlen was er wollte, ſo ſtellte der Mann es in
Abrede und hatte eine ganz eigene tuͤckiſche Manier,
die Treuherzigkeit, mit welcher ihm etwas geſagt
wurde, in's Laͤcherliche zu ziehen, auf die gleiche
Weiſe, wie er die Treuherzigkeit derer, welche
ihm glaubten, ſpoͤttiſch zu machen wußte. Er
aß keine Krumme Brotes, die er ſich nicht durch
eine Luͤge verſchafft; denn er waͤre lieber Hun¬
gers geſtorben, eh' als er in ein auf geradem
Wege erworbenes Stuͤck Brot gebiſſen haͤtte. Aß
er aber ſein Brot, ſo ſagte er, es ſei gut, wenn
es ſchlecht war, und ſchlecht, wenn es gut war;
hatte er Hunger, ſo benagte er es zimpferlich und
warf die Brocken umher; hatte er keinen Hunger,
ſo nahm er Anderen den Biſſen weg, den ſie eben
in den Mund ſtecken wollten, und fraß ſich ſo
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[307/0317] ſich ein Vergnuͤgen daraus machte, den Leuten, welche ſich mit ihm abgaben, allerlei Erfindun¬ gen und Aufſchneidereien vorzutragen, um ſie nachher ihrer Leichtglaͤubigkeit wegen zu verhoͤh¬ nen, indem er erklaͤrte, die Geſchichte ſei gar nicht wahr. Jemand Anders aber mochte er¬ zaͤhlen was er wollte, ſo ſtellte der Mann es in Abrede und hatte eine ganz eigene tuͤckiſche Manier, die Treuherzigkeit, mit welcher ihm etwas geſagt wurde, in's Laͤcherliche zu ziehen, auf die gleiche Weiſe, wie er die Treuherzigkeit derer, welche ihm glaubten, ſpoͤttiſch zu machen wußte. Er aß keine Krumme Brotes, die er ſich nicht durch eine Luͤge verſchafft; denn er waͤre lieber Hun¬ gers geſtorben, eh' als er in ein auf geradem Wege erworbenes Stuͤck Brot gebiſſen haͤtte. Aß er aber ſein Brot, ſo ſagte er, es ſei gut, wenn es ſchlecht war, und ſchlecht, wenn es gut war; hatte er Hunger, ſo benagte er es zimpferlich und warf die Brocken umher; hatte er keinen Hunger, ſo nahm er Anderen den Biſſen weg, den ſie eben in den Mund ſtecken wollten, und fraß ſich ſo voll, daß er krank wurde; alsdann behauptete er,

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/317>, abgerufen am 25.11.2024.