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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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einem kühnen Auftreten für berufen hielten; in den
Reihen des Volks nahmen auch junge Mädchen
Theil, sich höchstens in den gemeinschaftlichen Ge¬
sängen äußernd, während die handelnden Frauen¬
rollen blühenden Jünglingen übertragen waren.
Es sollte nur vorgeführt werden, was wirklich
geschichtlich ist, mit Weglassung aller Vorberei¬
tungen und dramatischen Zwischenspiele, das Ge¬
schichtliche aber mit dem Schiller'schen Personal
und Dialog, außerdem aber auch seine poetische
Färbung über dem Ganzen walten. Der Schau¬
platz der eigentlichen Handlung war auf alle
Ortschaften vertheilt, je nach ihrer Eigenthümlich¬
keit, so daß dadurch ein festliches Hin- und Her¬
wogen der kostümirten Menge und der Zuschauer¬
massen bedingt wurde.

Ich erwies mich als brauchbar bei den Vor¬
bereitungen und wurde mit manchen Geschäften
betraut, welche in der Stadt zu besorgen waren.
Ich stöberte alle Magazine durch, wo sich etwa
Flitter- und Maskenwerk vorfinden mochte und
suchte das Tauglichste vorzuschlagen, besonders
da andere Beauftragte geneigt waren, zuerst nach

einem kuͤhnen Auftreten fuͤr berufen hielten; in den
Reihen des Volks nahmen auch junge Maͤdchen
Theil, ſich hoͤchſtens in den gemeinſchaftlichen Ge¬
ſaͤngen aͤußernd, waͤhrend die handelnden Frauen¬
rollen bluͤhenden Juͤnglingen uͤbertragen waren.
Es ſollte nur vorgefuͤhrt werden, was wirklich
geſchichtlich iſt, mit Weglaſſung aller Vorberei¬
tungen und dramatiſchen Zwiſchenſpiele, das Ge¬
ſchichtliche aber mit dem Schiller'ſchen Perſonal
und Dialog, außerdem aber auch ſeine poetiſche
Faͤrbung uͤber dem Ganzen walten. Der Schau¬
platz der eigentlichen Handlung war auf alle
Ortſchaften vertheilt, je nach ihrer Eigenthuͤmlich¬
keit, ſo daß dadurch ein feſtliches Hin- und Her¬
wogen der koſtuͤmirten Menge und der Zuſchauer¬
maſſen bedingt wurde.

Ich erwies mich als brauchbar bei den Vor¬
bereitungen und wurde mit manchen Geſchaͤften
betraut, welche in der Stadt zu beſorgen waren.
Ich ſtoͤberte alle Magazine durch, wo ſich etwa
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[343/0353] einem kuͤhnen Auftreten fuͤr berufen hielten; in den Reihen des Volks nahmen auch junge Maͤdchen Theil, ſich hoͤchſtens in den gemeinſchaftlichen Ge¬ ſaͤngen aͤußernd, waͤhrend die handelnden Frauen¬ rollen bluͤhenden Juͤnglingen uͤbertragen waren. Es ſollte nur vorgefuͤhrt werden, was wirklich geſchichtlich iſt, mit Weglaſſung aller Vorberei¬ tungen und dramatiſchen Zwiſchenſpiele, das Ge¬ ſchichtliche aber mit dem Schiller'ſchen Perſonal und Dialog, außerdem aber auch ſeine poetiſche Faͤrbung uͤber dem Ganzen walten. Der Schau¬ platz der eigentlichen Handlung war auf alle Ortſchaften vertheilt, je nach ihrer Eigenthuͤmlich¬ keit, ſo daß dadurch ein feſtliches Hin- und Her¬ wogen der koſtuͤmirten Menge und der Zuſchauer¬ maſſen bedingt wurde. Ich erwies mich als brauchbar bei den Vor¬ bereitungen und wurde mit manchen Geſchaͤften betraut, welche in der Stadt zu beſorgen waren. Ich ſtoͤberte alle Magazine durch, wo ſich etwa Flitter- und Maskenwerk vorfinden mochte und ſuchte das Tauglichſte vorzuſchlagen, beſonders da andere Beauftragte geneigt waren, zuerſt nach

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/353>, abgerufen am 23.11.2024.