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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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hinein, pfiff aus dem Fenster in weithin schallen¬
den Tönen, worauf sogleich die Hunde aus allen
Ecken des Dorfes wie der Blitz herbeisprangen,
und wir zogen, umgeben von den bellenden Thie¬
ren, dem abendlichen Bergwalde zu.

Bald war die Meute weit voraus und im
Gehölze verschwunden, aber kaum begannen wir
die Höhe hinanzusteigen, so hörten wir sie über
uns anschlagen und in voller Jagd am Berge
hinziehen, daß die Schluchten widerhallten. Mei¬
nem Oheim lachte das Herz, er zog mich vor¬
wärts und behauptete, wir müßten rasch nach
einer kleinen Waldwiese eilen, um das Thier zu
sehen; doch auf dem Wege horchte er auf und
änderte die Richtung, indem er rief: "Es ist
bei Gott ein Fuchs! dorthin müssen wir gehen,
schnell, pst!" Kaum hatten wir einen schmalen
Pfad betreten, welcher neben einem trockenen
Waldbache hinlief, zwischen zwei bewachsenen
Abhängen, als er mich plötzlich anhielt und laut¬
los vorwärts wies, ein röthlicher Streif schoß
still über Weg und Schlucht, herab, hinauf, und
eine Minute nachher heulten die sechs Hunde hin¬

hinein, pfiff aus dem Fenſter in weithin ſchallen¬
den Toͤnen, worauf ſogleich die Hunde aus allen
Ecken des Dorfes wie der Blitz herbeiſprangen,
und wir zogen, umgeben von den bellenden Thie¬
ren, dem abendlichen Bergwalde zu.

Bald war die Meute weit voraus und im
Gehoͤlze verſchwunden, aber kaum begannen wir
die Hoͤhe hinanzuſteigen, ſo hoͤrten wir ſie uͤber
uns anſchlagen und in voller Jagd am Berge
hinziehen, daß die Schluchten widerhallten. Mei¬
nem Oheim lachte das Herz, er zog mich vor¬
waͤrts und behauptete, wir muͤßten raſch nach
einer kleinen Waldwieſe eilen, um das Thier zu
ſehen; doch auf dem Wege horchte er auf und
aͤnderte die Richtung, indem er rief: »Es iſt
bei Gott ein Fuchs! dorthin muͤſſen wir gehen,
ſchnell, pſt!« Kaum hatten wir einen ſchmalen
Pfad betreten, welcher neben einem trockenen
Waldbache hinlief, zwiſchen zwei bewachſenen
Abhaͤngen, als er mich ploͤtzlich anhielt und laut¬
los vorwaͤrts wies, ein roͤthlicher Streif ſchoß
ſtill uͤber Weg und Schlucht, herab, hinauf, und
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[31/0041] hinein, pfiff aus dem Fenſter in weithin ſchallen¬ den Toͤnen, worauf ſogleich die Hunde aus allen Ecken des Dorfes wie der Blitz herbeiſprangen, und wir zogen, umgeben von den bellenden Thie¬ ren, dem abendlichen Bergwalde zu. Bald war die Meute weit voraus und im Gehoͤlze verſchwunden, aber kaum begannen wir die Hoͤhe hinanzuſteigen, ſo hoͤrten wir ſie uͤber uns anſchlagen und in voller Jagd am Berge hinziehen, daß die Schluchten widerhallten. Mei¬ nem Oheim lachte das Herz, er zog mich vor¬ waͤrts und behauptete, wir muͤßten raſch nach einer kleinen Waldwieſe eilen, um das Thier zu ſehen; doch auf dem Wege horchte er auf und aͤnderte die Richtung, indem er rief: »Es iſt bei Gott ein Fuchs! dorthin muͤſſen wir gehen, ſchnell, pſt!« Kaum hatten wir einen ſchmalen Pfad betreten, welcher neben einem trockenen Waldbache hinlief, zwiſchen zwei bewachſenen Abhaͤngen, als er mich ploͤtzlich anhielt und laut¬ los vorwaͤrts wies, ein roͤthlicher Streif ſchoß ſtill uͤber Weg und Schlucht, herab, hinauf, und eine Minute nachher heulten die ſechs Hunde hin¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/41>, abgerufen am 21.11.2024.