und wenn es nur diejenige des Gedankens und der Wahrheit wäre! Ja, wenn das todte Mädchen für immer in das Nichts hingeschwunden und sich gänzlich aufgelöst hätte, bis auf den Namen, so wäre dies erst ein rechter Grund, der armen Ab¬ wesenden Treue und Glauben zu halten! Ich habe es gelobt und Nichts soll mich in meinem Vor¬ satz wankend machen!"
"Nichts!" rief Judith, "o Du närrischer Ge¬ sell! Willst Du in ein Kloster gehen? Du siehst mir darnach aus! Aber wir wollen über diese heikle Sache nicht ferner streiten; ich habe nicht gewünscht, daß Du nach der traurigen Begeben¬ heit sogleich zu mir kommest und habe Dich nicht erwartet. Geh' nach der Stadt und halte Dich ein halbes Jahr still und ruhig, und dann wirst Du schon sehen, was sich ferner begeben wird!"
"Ich seh' es jetzt schon," erwiederte ich, "Du wirst mich nie wieder sehen und sprechen, dies schwöre ich hiermit bei Gott und Allem, was heilig ist, bei dem besseren Theil meiner selbst und -- "
"Halt inne!" rief Judith ängstlich und legte
III. 11
und wenn es nur diejenige des Gedankens und der Wahrheit waͤre! Ja, wenn das todte Maͤdchen fuͤr immer in das Nichts hingeſchwunden und ſich gaͤnzlich aufgeloͤſt haͤtte, bis auf den Namen, ſo waͤre dies erſt ein rechter Grund, der armen Ab¬ weſenden Treue und Glauben zu halten! Ich habe es gelobt und Nichts ſoll mich in meinem Vor¬ ſatz wankend machen!«
»Nichts!« rief Judith, »o Du naͤrriſcher Ge¬ ſell! Willſt Du in ein Kloſter gehen? Du ſiehſt mir darnach aus! Aber wir wollen uͤber dieſe heikle Sache nicht ferner ſtreiten; ich habe nicht gewuͤnſcht, daß Du nach der traurigen Begeben¬ heit ſogleich zu mir kommeſt und habe Dich nicht erwartet. Geh' nach der Stadt und halte Dich ein halbes Jahr ſtill und ruhig, und dann wirſt Du ſchon ſehen, was ſich ferner begeben wird!«
»Ich ſeh' es jetzt ſchon,« erwiederte ich, »Du wirſt mich nie wieder ſehen und ſprechen, dies ſchwoͤre ich hiermit bei Gott und Allem, was heilig iſt, bei dem beſſeren Theil meiner ſelbſt und — «
»Halt inne!« rief Judith aͤngſtlich und legte
III. 11
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und wenn es nur diejenige des Gedankens und
der Wahrheit waͤre! Ja, wenn das todte Maͤdchen
fuͤr immer in das Nichts hingeſchwunden und ſich
gaͤnzlich aufgeloͤſt haͤtte, bis auf den Namen, ſo
waͤre dies erſt ein rechter Grund, der armen Ab¬
weſenden Treue und Glauben zu halten! Ich habe
es gelobt und Nichts ſoll mich in meinem Vor¬
ſatz wankend machen!«
»Nichts!« rief Judith, »o Du naͤrriſcher Ge¬
ſell! Willſt Du in ein Kloſter gehen? Du ſiehſt
mir darnach aus! Aber wir wollen uͤber dieſe
heikle Sache nicht ferner ſtreiten; ich habe nicht
gewuͤnſcht, daß Du nach der traurigen Begeben¬
heit ſogleich zu mir kommeſt und habe Dich nicht
erwartet. Geh' nach der Stadt und halte Dich
ein halbes Jahr ſtill und ruhig, und dann wirſt
Du ſchon ſehen, was ſich ferner begeben wird!«
»Ich ſeh' es jetzt ſchon,« erwiederte ich, »Du
wirſt mich nie wieder ſehen und ſprechen, dies
ſchwoͤre ich hiermit bei Gott und Allem, was
heilig iſt, bei dem beſſeren Theil meiner ſelbſt
und — «
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/171>, abgerufen am 21.11.2024.
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