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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

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mir die Hand auf den Mund; "Du würdest es
sicher noch einmal bereuen, Dir selbst eine so
grausame Schlinge gelegt zu haben! Welche Teu¬
felei steckt in den Köpfen dieser Menschen! Und dazu
behaupten sie und machen sich selber weiß, daß sie
nach ihrem Herzen handeln. Fühlst Du denn gar
nicht, daß ein Herz seine wahre Ehre nur darin finden
kann, zu lieben, wo es geliebt wird, wenn es
dies kann? Du kannst es und thust es heimlich
doch, und somit wäre Alles in der Ordnung!
Sobald Du mich nicht mehr leiden magst, sobald
die Jahre uns sonst auseinander führen, sollst Du
mich ganz und für immer verlassen und vergessen,
ich will dies über mich nehmen; aber nur jetzt
verlaß mich und zwinge Dich nicht, mich zu ver¬
lassen, dies allein thut mir weh, und es würde
mich wahrhaft unglücklich machen, allein um un¬
serer Dummheit willen nicht einmal ein oder zwei
Jahre noch glücklich sein zu dürfen!"

"Diese zwei Jahre," sagte ich, "müssen und
werden auch so vorübergehen, und gerade dann
werden wir beide glücklicher sein, wenn wir jetzt
scheiden; es ist nun gerade noch die höchste Zeit,

mir die Hand auf den Mund; »Du wuͤrdeſt es
ſicher noch einmal bereuen, Dir ſelbſt eine ſo
grauſame Schlinge gelegt zu haben! Welche Teu¬
felei ſteckt in den Koͤpfen dieſer Menſchen! Und dazu
behaupten ſie und machen ſich ſelber weiß, daß ſie
nach ihrem Herzen handeln. Fuͤhlſt Du denn gar
nicht, daß ein Herz ſeine wahre Ehre nur darin finden
kann, zu lieben, wo es geliebt wird, wenn es
dies kann? Du kannſt es und thuſt es heimlich
doch, und ſomit waͤre Alles in der Ordnung!
Sobald Du mich nicht mehr leiden magſt, ſobald
die Jahre uns ſonſt auseinander fuͤhren, ſollſt Du
mich ganz und fuͤr immer verlaſſen und vergeſſen,
ich will dies uͤber mich nehmen; aber nur jetzt
verlaß mich und zwinge Dich nicht, mich zu ver¬
laſſen, dies allein thut mir weh, und es wuͤrde
mich wahrhaft ungluͤcklich machen, allein um un¬
ſerer Dummheit willen nicht einmal ein oder zwei
Jahre noch gluͤcklich ſein zu duͤrfen!«

»Dieſe zwei Jahre,« ſagte ich, »muͤſſen und
werden auch ſo voruͤbergehen, und gerade dann
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[162/0172] mir die Hand auf den Mund; »Du wuͤrdeſt es ſicher noch einmal bereuen, Dir ſelbſt eine ſo grauſame Schlinge gelegt zu haben! Welche Teu¬ felei ſteckt in den Koͤpfen dieſer Menſchen! Und dazu behaupten ſie und machen ſich ſelber weiß, daß ſie nach ihrem Herzen handeln. Fuͤhlſt Du denn gar nicht, daß ein Herz ſeine wahre Ehre nur darin finden kann, zu lieben, wo es geliebt wird, wenn es dies kann? Du kannſt es und thuſt es heimlich doch, und ſomit waͤre Alles in der Ordnung! Sobald Du mich nicht mehr leiden magſt, ſobald die Jahre uns ſonſt auseinander fuͤhren, ſollſt Du mich ganz und fuͤr immer verlaſſen und vergeſſen, ich will dies uͤber mich nehmen; aber nur jetzt verlaß mich und zwinge Dich nicht, mich zu ver¬ laſſen, dies allein thut mir weh, und es wuͤrde mich wahrhaft ungluͤcklich machen, allein um un¬ ſerer Dummheit willen nicht einmal ein oder zwei Jahre noch gluͤcklich ſein zu duͤrfen!« »Dieſe zwei Jahre,« ſagte ich, »muͤſſen und werden auch ſo voruͤbergehen, und gerade dann werden wir beide gluͤcklicher ſein, wenn wir jetzt ſcheiden; es iſt nun gerade noch die hoͤchſte Zeit,

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/172>, abgerufen am 21.11.2024.