es ohne spätere Reue und das Bisherige gut zu machen, zu thun. Und wenn ich Dir es deutsch heraus sagen soll, so wisse, daß ich mir auch Dein Andenken, was immer ein Andenken der Verirrung für mich sein wird, doch noch so rein und schön als möglich retten und erhalten möchte, und das kann nur noch durch ein rasches Schei¬ den in diesem Augenblicke geschehen. Du sagst und beklagst es, daß Du nie Theil gehabt an der edleren und höheren Hälfte der Liebe! Welche bessere Gelegenheit kannst Du ergreifen, als wenn Du aus Liebe zu mir mir freiwillig erleichterst, Deiner mit Achtung und Liebe zu gedenken und zugleich der Verstorbenen treu zu sein? Wirst Du Dich dadurch nicht an jener tieferen Art der Liebe betheiligen?"
"O Alles Luft und Schall!" rief Judith, "ich habe nichts gesagt, ich will nichts gesagt haben! Ich will nicht Deine Achtung, ich will Dich selbst haben, so lange ich kann!"
Sie suchte meine beiden Hände zu fassen, er¬ griff dieselben, und während ich sie ihr vergeblich zu entziehen mich bemühte, indeß sie mir ganz
es ohne ſpaͤtere Reue und das Bisherige gut zu machen, zu thun. Und wenn ich Dir es deutſch heraus ſagen ſoll, ſo wiſſe, daß ich mir auch Dein Andenken, was immer ein Andenken der Verirrung fuͤr mich ſein wird, doch noch ſo rein und ſchoͤn als moͤglich retten und erhalten moͤchte, und das kann nur noch durch ein raſches Schei¬ den in dieſem Augenblicke geſchehen. Du ſagſt und beklagſt es, daß Du nie Theil gehabt an der edleren und hoͤheren Haͤlfte der Liebe! Welche beſſere Gelegenheit kannſt Du ergreifen, als wenn Du aus Liebe zu mir mir freiwillig erleichterſt, Deiner mit Achtung und Liebe zu gedenken und zugleich der Verſtorbenen treu zu ſein? Wirſt Du Dich dadurch nicht an jener tieferen Art der Liebe betheiligen?«
»O Alles Luft und Schall!« rief Judith, »ich habe nichts geſagt, ich will nichts geſagt haben! Ich will nicht Deine Achtung, ich will Dich ſelbſt haben, ſo lange ich kann!«
Sie ſuchte meine beiden Haͤnde zu faſſen, er¬ griff dieſelben, und waͤhrend ich ſie ihr vergeblich zu entziehen mich bemuͤhte, indeß ſie mir ganz
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0173"n="163"/>
es ohne ſpaͤtere Reue und das Bisherige gut zu<lb/>
machen, zu thun. Und wenn ich Dir es deutſch<lb/>
heraus ſagen ſoll, ſo wiſſe, daß ich mir auch<lb/><hirendition="#g">Dein</hi> Andenken, was immer ein Andenken der<lb/>
Verirrung fuͤr mich ſein wird, doch noch ſo rein<lb/>
und ſchoͤn als moͤglich retten und erhalten moͤchte,<lb/>
und das kann nur noch durch ein raſches Schei¬<lb/>
den in dieſem Augenblicke geſchehen. Du ſagſt<lb/>
und beklagſt es, daß Du nie Theil gehabt an der<lb/>
edleren und hoͤheren Haͤlfte der Liebe! Welche<lb/>
beſſere Gelegenheit kannſt Du ergreifen, als wenn<lb/>
Du aus Liebe zu mir mir freiwillig erleichterſt,<lb/>
Deiner mit Achtung und Liebe zu gedenken und<lb/>
zugleich der Verſtorbenen treu zu ſein? Wirſt Du<lb/>
Dich dadurch nicht an jener tieferen Art der Liebe<lb/>
betheiligen?«</p><lb/><p>»O Alles Luft und Schall!« rief Judith, »ich<lb/>
habe nichts geſagt, ich will nichts geſagt haben!<lb/>
Ich will nicht Deine Achtung, ich will Dich ſelbſt<lb/>
haben, ſo lange ich kann!«</p><lb/><p>Sie ſuchte meine beiden Haͤnde zu faſſen, er¬<lb/>
griff dieſelben, und waͤhrend ich ſie ihr vergeblich<lb/>
zu entziehen mich bemuͤhte, indeß ſie mir ganz<lb/></p></div></body></text></TEI>
[163/0173]
es ohne ſpaͤtere Reue und das Bisherige gut zu
machen, zu thun. Und wenn ich Dir es deutſch
heraus ſagen ſoll, ſo wiſſe, daß ich mir auch
Dein Andenken, was immer ein Andenken der
Verirrung fuͤr mich ſein wird, doch noch ſo rein
und ſchoͤn als moͤglich retten und erhalten moͤchte,
und das kann nur noch durch ein raſches Schei¬
den in dieſem Augenblicke geſchehen. Du ſagſt
und beklagſt es, daß Du nie Theil gehabt an der
edleren und hoͤheren Haͤlfte der Liebe! Welche
beſſere Gelegenheit kannſt Du ergreifen, als wenn
Du aus Liebe zu mir mir freiwillig erleichterſt,
Deiner mit Achtung und Liebe zu gedenken und
zugleich der Verſtorbenen treu zu ſein? Wirſt Du
Dich dadurch nicht an jener tieferen Art der Liebe
betheiligen?«
»O Alles Luft und Schall!« rief Judith, »ich
habe nichts geſagt, ich will nichts geſagt haben!
Ich will nicht Deine Achtung, ich will Dich ſelbſt
haben, ſo lange ich kann!«
Sie ſuchte meine beiden Haͤnde zu faſſen, er¬
griff dieſelben, und waͤhrend ich ſie ihr vergeblich
zu entziehen mich bemuͤhte, indeß ſie mir ganz
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/173>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.